Leitsatz (amtlich)
Zur Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs.
Verfahrensgang
AG Merzig (Beschluss vom 31.03.2014; Aktenzeichen 30 F 210/13 VKH1) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Merzig vom 31.3.2014 - 30 F 210/13 VKH1 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der am XX. XX. 1988 geborene Antragsteller beabsichtigt, den Antragsgegner, seinen Vater, im Wege des Stufenantrages auf Zahlung von Unterhalt seit November 1988 in Anspruch zu nehmen. Der Antragsteller lebte von Geburt an im Haushalt der Kindesmutter, die mit einem Herrn K. P., der am XX. XX. 2012 verstarb und nicht der biologische Vater des Antragstellers war, verheiratet war. Am 3.1.2013 wurde der Antragsteller von der Kindesmutter darüber in Kenntnis gesetzt, dass sein biologischer Vater der Antragsgegner ist, der die Vaterschaft auch anerkannt hat.
Der Antragsteller hat geltend gemacht, unverschuldet an der Geltendmachung von Unterhalt gehindert gewesen zu sein, weil er bis zum 3.1.2013 keine Kenntnis von der biologischen Vaterschaft des Antragsgegners gehabt habe. Er absolviere derzeit eine Lehre zum Metallbauer. Nach seinem Realschulabschluss sei es ihm nicht gelungen, eine Ausbildungsstelle als Metallbauer zu finden. Im Übrigen habe er sich in einer unterhaltsrechtlich unschädlichen Orientierungsphase befunden. Seine Mutter beziehe seit 2006 Leistungen nach SGB II und sei nicht leistungsfähig. Unterhalt habe er von Herrn Puhl nie erhalten.
Der Antragsgegner ist dem entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass die Voraussetzungen, unter denen Unterhalt für die Vergangenheit gefordert werden könne, nicht vorlägen. Auch sei der Antragsteller nicht aktivlegitimiert, da davon auszugehen sei, dass er von Herrn Puhl unterhalten worden sei bzw. Sozialleistungen bezogen habe. Im Übrigen seien Unterhaltsansprüche verwirkt. Insoweit müsse er sich an der Entscheidung seiner Mutter bzw. des Scheinvaters, keinen Kindesunterhalt zu verlangen, festhalten lassen. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass Unterhalt, namentlich für die Zeit ab Volljährigkeit, deswegen nicht gefordert werden könne, weil es der Antragsteller an einer zielstrebigen Berufsausbildung habe fehlen lassen.
Das AG - Familiengericht - Merzig hat durch den angefochtenen Beschl. v. 31.3.2014 - 30 F 210/13 VKH1 -, auf den zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen, weil die Aktivlegitimation des Antragstellers mit Blick darauf, dass er von der Kindesmutter bzw. Dritten unterhalten worden sei, fehle, zudem nicht nachvollziehbar dargetan worden sei, aus welchen Gründen es dem Antragsteller nicht möglich gewesen sein sollte, mit Eintritt der Volljährigkeit einen Ausbildungsplatz zu erhalten und eine Lehre zu absolvieren, um selbst für seinen Unterhalt aufkommen zu können, und letztlich Unterhaltsansprüche auch verwirkt seien; die Entscheidung seiner gesetzlichen Vertreterin müsse er sich gem. § 278 BGB zurechnen lassen.
Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Antragstellers, dem das Familiengericht gemäß Beschluss vom 21.5.2014 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt hat.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme im Beschwerdeverfahren. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 23.6.2014 nach Maßgabe der Auskunft des Jobcenters S. vom 23.6.2014 über die den Antragsteller betreffenden Leistungszeiträume seinen Antrag umgestellt.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die gem. §§ 113 FamFG, 567 ff., 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Verfahrenskostenhilfe verweigernden Beschluss des Familiengerichts hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Zwar kann der Antragsteller - ungeachtet der Frage seiner Aktivlegitimation - grundsätzlich rückständigen Unterhalt gem. § 1613 BGB geltend machen. Der vom KindUG eingefügte § 1613 Abs. 2 Nr. 2 BGB abstrahiert und erweitert den Gedanken, den zuvor § 1615d a.F. ("Das Kind kann von seinem Vater Unterhaltsbeträge, die fällig geworden sind, bevor die Vaterschaft anerkannt oder rechtskräftig festgestellt war, auch für die Vergangenheit verlangen") ausgedrückt hatte. Diese Bestimmung hatte für Unterhaltsansprüche eines nichtehelichen Kindes gegen seinen Vater eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung des § 1613 Abs. 1 BGB vorgesehen. Der Vater ist dem Kind von der Geburt an unterhaltspflichtig. Der alsbaldigen Forderung von Unterhalt stand jedoch nach früherem Recht (§ 1600a S. 2 BGB a.F.) und steht nach geltendem Recht (§§ 1594 Abs. 1, 1600d Abs. 4 BGB) entgegen, dass vor Feststellung (Anerkennung oder gerichtlicher Feststellung) der Vaterschaft deren Rechtswirkungen nicht geltend gemacht werden können. Um zu vermeiden, dass der Vater, wenn seine Vaterschaft erst nach der Geburt des Kindes festgestellt werden kon...