Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwiderhandlung des sorgeberechtigten Elternteils bei Freistellung von Umgangskontakten nach dem Willen des Kindes. Verstoß gegen die Wohlverhaltensklausel
Leitsatz (amtlich)
Ein Elternteil verstößt bereits dann gegen die sog. Wohlverhaltensklausel des § 1684 Abs. 2 BGB, wenn sie es einem 8-jährigen Kind freistellt, ob es Umgangskontakte zu seinem Vater wahrnehmen will oder nicht.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 2, § 1696; FGG § 50b
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Beschluss vom 18.10.2006; Aktenzeichen 40 F 323/04 UG) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - FamG - in Saarbrücken vom 18.10.2006 - 40 F 323/04 UG - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das AG - FamG - in Saarbrücken zurückverwiesen.
Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
III. Der Antragsgegnerin wird mit Wirkung vom 22.11.2006 für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin" beigeordnet.
IV. Dem Antragsteller wird mit Wirkung vom 11.12.2006 für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin ... beigeordnet.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2), die nicht miteinander verheiratet sind und waren, sind die Eltern der am. September 1998 geborenen S.-M.S. Die gemeinsame Tochter lebt im Haushalt der Kindesmutter, die zwischenzeitlich verheiratet ist und der die alleinige elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter zusteht.
Bis Dezember 2003 haben regelmäßig ein Mal wöchentlich, zumeist mittwochs, Umgangskontakte zwischen dem Kindesvater und der gemeinsamen Tochter stattgefunden. Ab Anfang des Jahres 2004 wurden dem Kindesvater durch die Kindesmutter Umgangskontakte mit seiner Tochter verwehrt. Nachdem von drei durch Vermittlung des Jugendamtes vereinbarten Umgangskontakten lediglich der erste Termin am 2.4.2004 zustande gekommen war, hat der Kindesvater mit seinem beim FamG am 5.5.2004 eingereichten Antrag auf gerichtliche Regelung des Umgangsrechts mit seiner Tochter S.-M. angetragen und zwar wöchentlich freitags von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr, 14-tägig von samstags 11.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr sowie am jeweils zweiten Feiertag an Weihnachten, Ostern und Pfingsten von 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Gleichzeitig hatte er den Erlass einer entsprechenden vorläufigen Anordnung begehrt.
Die Kindesmutter hat um Zurückweisung der Anträge gebeten.
In der mündlichen Verhandlung vom 7.7.2004 haben die Kindeseltern u.a. vereinbart, dass zunächst vier durch den Kinderschutzbund betreute Umgangskontakte des Kindesvaters mit der gemeinsamen Tochter nach Vorgabe des Kinderschutzbundes stattfinden sollten.
Nachdem Dipl.-Psychologe E. vom Deutschen Kinderschutzbund in seiner Stellungnahme vom 10.11.2004 mitgeteilt hatte, dass aufgrund der mangelnden persönlichen Mitwirkungsbereitschaft der Kindesmutter die Voraussetzungen, im Rahmen des betreuten Umgangs an einer eigenständigen und tragfähigen Umgangsregelung zu arbeiten, nicht gegeben sind, hat das FamG durch Beschluss vom 12.1.2005 dem Kindesvater im Wege einstweiliger Anordnung ein Umgangsrecht mit S.-M. jede Woche samstags von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr sowie am Ostermontag, Pfingstmontag und am zweiten Weihnachtsfeiertag von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr eingeräumt und die Kindesmutter verpflichtet, das Kind rechtzeitig zum Abholen bereit zu halten und dem Kindesvater zu übergeben. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorgenannte Verpflichtung hat das FamG der Kindesmutter ein Zwangsgeld von bis zu 2.500 EUR angedroht.
Nachdem bis Anfang Februar 2005 lediglich ein Umgangskontakt - am 29.1.2005 - zustande gekommen war, hat der Kindesvater beantragt, gegen die Kindesmutter das angedrohte Zwangsgeld festzusetzen.
Die Kindesmutter hat um Zurückweisung des Antrags auf Festsetzung des Zwangsgeldes angetragen und begehrt, das dem Kindesvater mit Beschluss vom 12.1.2005 gewährte Umgangsrecht bis zum Vorliegen eines einzuholenden Gutachtens 6 Monate auszusetzen und eine Aussetzung im Wege einstweiliger Anordnung erstrebt.
Das FamG hat mit Beschluss vom 2.3.2005 einen Verfahrenspfleger für das betroffene Kind bestellt.
Mit Beschluss gleichen Datums hat es in teilweiser Abänderung der einstweiligen Anordnung vom 12.1.2005 dem Kindesvater ein Umgangsrecht mit S.-M. jedes zweite Wochenende samstags von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr und sonntags von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr eingeräumt.
Gleichzeitig hat es gegen die Kindesmutter ein Zwangsgeld i.H.v. 1.500 EUR wegen Verstoßes gegen ihre Verpflichtung aus dem Beschluss vom 12.1.2005 zur Herausgabe des Kindes an den Kindesvater am 15. und 22.1.2005 sowie am 5. und 19.2.2005 festgesetzt und der Kindesmutter angedroht, dass für den Fall weiterer Zuwiderhandlung gegen diesen Beschluss der zuständige Gerichtsvollzieher beauftragt werde, die Umgangsregelung zwangsweise durc...