Leitsatz (amtlich)

Ordnet das Familiengericht nach mündlicher Erörterung im Wege einstweiliger Anordnung die Herausgabe des Kindes durch einen Elternteil an das Jugendamt als Aufenthaltsbestimmungspfleger an, so ist dies unanfechtbar (entgegen OLG Oldenburg FamRZ 2011, 745).

 

Verfahrensgang

AG Saarlouis (Beschluss vom 12.10.2012; Aktenzeichen 20 F 251/12 EAHK)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in Saarlouis vom 12.10.2012 - 20 F 251/12 EAHK - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

3. Dem Beschwerdeführer wird die von ihm für die Beschwerdeinstanz nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert.

 

Gründe

I. Aus der Ehe des Beschwerdeführers (im Folgenden: Vater) und der weiteren Beteiligten zu 2) (nachfolgend: Mutter), die seit August 2012 voneinander getrennt leben, gingen am ... Juli 2007 der beteiligte Sohn S. und am ... November 2008 die beteiligte Tochter A. M. hervor.

Das Jugendamt zeigte erstmals im Januar 2009 eine Gefährdung der Kinder an, weil es Anhaltspunkte für gewalttätiges Verhalten des Vaters sah und die Mutter diesbezüglich nicht kooperativ sei. Das daraufhin vom Familiengericht eingeleitete Verfahren nach § 1666 BGB - 20 F 11/09 SO - endete im Anhörungstermin vom 23.6.2009 durch die den Eltern erteilte Auflage, die Kinder im August und im Oktober 2009 beim Kinderarzt vorzustellen.

Im Februar 2010 veranlasste das Jugendamt erneut eine Gefährdungsmitteilung. Das Familiengericht leitete nach § 1666 BGB das Hauptsacheverfahren 20 F 48/10 SO ein, das bis heute fortbetrieben wird. In diesem Verfahren bestellte das Familiengericht beiden Kindern einen Verfahrensbeistand und ordnete am 10.5.2011 die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens zur Erziehungsfähigkeit der Eltern an, das der ernannte Sachverständige Diplom-Psych. A. - maßgeblich mangels ordnungsgemäßer Mitwirkung der Eltern - nicht erstellen konnte. Er beschrieb mit Schreiben vom 15.7.2011 die Qualität des Verhaltens der Kindesmutter als von hysteriformen und präpsychotischen bis psychotischen Merkmalen geprägt. Mit Schreiben vom 27.10.2011 legte das Jugendamt eine Mitteilung des von S. besuchten Kindergartens vor, der zufolge die Kinder sich durch ihr Verhalten im Straßenverkehr gefährdeten, ohne dass die Mutter eingreife. Am 14.11.2011 berichtete das Jugendamt, dass die Mutter die Kindergartenleiterin körperlich angegriffen, geschüttelt und deren Leben bedroht habe. Einem Vermerk einer Jugendamtsmitarbeiterin vom 7.2.2012 zufolge hat die Mutter am 4.2.2012 auf dem Anrufbeantworter des Jugendamts folgende Nachricht hinterlassen: "Ja, hier ist Frau B.. Wenn ich dich noch einmal vor der Tür seh, dann denk was los ist. Ich wird dich hacken, ehrlich." In einer weiteren Gefährdungsanzeige vom 24.7.2012 wies das Jugendamt u.a. darauf hin, dass die Eltern trotz einer vier- bis sechswöchigen Durchfallerkrankung beider Kinder, die dringend eine stationäre Behandlung erfordert habe, keinen Arzt aufgesucht und sich uneinsichtig gezeigt hätten. Der Verfahrensbeistand der Kinder berichtete am 7.8.2012, dass die Mutter die Frühförderung S. s nicht akzeptiere und dieser den Kindergarten nicht hinreichend besuche. Nachdem Verletzungen S. s u.a. im Gesicht festgestellt worden waren, die dieser damit erklärt hatte, dass der Vater ihn mit dem Fuß getreten habe, nahm das Jugendamt beide Kinder am 10.8.2012 in Obhut, beließ sie aber zunächst bei der Mutter, die sich kurz darauf vom Vater trennte und mit den Kindern in ein Frauenhaus zog. Aus einem Rechtsmedizinischen Gutachten der Fachärztin für Rechtsmedizin Dr. Be. vom 13.8.2012 geht hervor, dass die Verletzungen S. s im Gesicht auch bei einem Spielunfall entstanden seien könnten, sich aber zwanglos mit den Angaben des Kindes, der Vater habe es getreten, vereinbaren ließen. Am 16.9. zog die Mutter mit den Kindern - aus zwischen den Beteiligten streitigen Umständen - zu ihrer Mutter (im Weiteren: Großmutter). In der mündlichen Anhörung vom 11.10.2012 hörte das Familiengericht beide Kinder an. Diese berichteten jeweils von Schlägen des Vaters (Bl. 62 d.A. 20 F 251/12 EAHK). Im selben Termin ordnete das Familiengericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Erziehungsfähigkeit der Eltern an, das noch nicht erstattet ist.

Bereits zuvor hatte das Familiengericht im - aufgrund der ihm vom Jugendamt angezeigten Inobhutnahme vom 10.8.2012 - eingeleiteten Verfahren 20 F 215/12 EASO den Eltern durch - ohne mündliche Erörterung erlassene - einstweilige Anordnung vom 13.8.2012 das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Gesundheitsfürsorge für beide Kinder vorläufig entzogen und dem Jugendamt als Pfleger übertragen. Nachdem die Mutter mit Schriftsatz vom 21.11.2012 die Rückübertragung dieser Sorgerechtsteilbereiche auf sich beantragt hatte, vermerkte das Familiengericht am 22.11.2012, dass es diesen Schriftsatz als Antrag auf mündliche Verhandlung...

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