Leitsatz (amtlich)

Eine außergerichtlich entstandene Terminsgebühr kann im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 103 ff. ZPO selbst dann festgesetzt werden, wenn sich die dafür maßgeblichen Tatsachen nicht ohne weiteres aus der Gerichtsakte ergeben oder streitig sind. Erforderlich ist, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des Kostentatbestandes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen, wobei sich der Rechtspfleger sämtlicher Beweismittel des § 294 Abs. 1 ZPO bedienen kann und muss.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 13.07.2010; Aktenzeichen 3 O 319/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG in Saarbrücken vom 13.7.2010 - 3 O 319/09 - teilweise dahin abgeändert, dass die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 782,01 EUR festgesetzt werden.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: bis 600 EUR.

 

Gründe

I. Dem Beklagten sind nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien mit Beschluss der Zivilkammer des LG die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden. Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat die Rechtspflegerin des LG die nach dem Beschluss dem Kläger von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 552,10 EUR festgesetzt.

Mit seiner hiergegen gerichteten "Erinnerung" begehrt der Kläger die Festsetzung weiterer Kosten i.H.v. insgesamt 440,66 EUR.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das als statthafte sofortige Beschwerde zu behandelnde, auch im Übrigen zulässige (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO) Rechtsmittel des Klägers ist nach Maßgabe der Entscheidungsformel teilweise begründet. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss hält den Beschwerdeangriffen nicht in allen Punkten stand.

Gegen die vollständige Nichtberücksichtigung der zur Festsetzung angemeldeten Terminsgebühr wendet sich der Kläger zu Recht. Entgegen der Sichtweise des LG kann eine außergerichtlich entstandene Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO nicht nur in Ansatz gebracht werden, wenn - wie in der im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss herangezogenen Entscheidung des BGH v. 11.6.2008 - XII ZB 11/06 (MDR 2008, 1126) der Fall - die Voraussetzungen des Gebührentatbestandes unstreitig sind, weil der Gegner die maßgeblichen Tatsachen im Wege eines Geständnisses nach § 288 ZPO eingeräumt oder sich zu dem den Gebührentatbestand begründenden Vortrag nicht erklärt hat und dieser daher gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen ist (BGH NJW-RR 2007, 787; NJW-RR 2007, 268). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, kann eine solche Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren vielmehr selbst dann festgesetzt werden, wenn sich die dafür maßgeblichen Tatsachen nicht ohne weiteres aus der Gerichtsakte ergeben oder streitig sind (BGH, AGS 2008, 330; NJW 2007, 2858; NJW 2007, 2859; NJW 2007, 2493; von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., B 570; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 104 Rz. 21 "Terminsgebühr"). Denn für die Berücksichtigung einer prozessbezogenen Kostenposition reicht nach § 104 Abs. 2 ZPO deren Glaubhaftmachung aus. Erforderlich hierfür ist lediglich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen, wobei sich der Rechtspfleger sämtlicher Beweismittel des § 294 Abs. 1 ZPO bedienen kann und muss (BGH NJW 2007, 2858, 2859; NJW 2007, 2493); die in § 294 Abs. 2 ZPO enthaltene Beschränkung auf präsente Nachweismittel gilt nämlich nicht in den Fällen, in denen das Gesetz die Glaubhaftmachung nicht erfordert, sondern - wie in § 104 Abs. 2 ZPO - lediglich genügen lässt (BGH NJW 2007, 2493; Zöller/Greger, a.a.O., § 294 Rz. 3 a.E.). Nach diesem Maßstab kann im Streitfall die Entstehung einer Terminsgebühr in zuletzt beanspruchter Höhe nicht verneint werden. Die Terminsgebühr entsteht gem. § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 i.V.m. VV Nr. 3104 durch die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung auch ohne Beteiligung des Gerichts. Der Gesetzeswortlaut lässt offen, wann von einer Besprechung in diesem Sinne auszugehen ist. Die Terminsgebühr ersetzt nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 15/1971, 209) die frühere Verhandlungs- und Erörterungsgebühr. Im Vergleich zu diesen Gebühren ist der Anwendungsbereich der Terminsgebühr erweitert worden. Im Interesse der Vereinfachung und insbesondere zur Beseitigung früherer Streitfragen sind durch die Fassung des Gebührentatbestandes die Unterschiede zwischen einer streitigen oder nicht streitigen Verhandlung, ein- oder zweiseitiger Erörterung sowie zwischen Verhandlungen zur Sache oder zur Prozess- und Sachleitung entfalle...

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