Leitsatz (amtlich)

1. Auf den Nachforderungsausschluss gem. § 20 Abs. 1 S. 1 GKG kann sich ein Kostenschuldner nicht berufen, der nach erfolgloser Inanspruchnahme des Erstschuldners erstmals als Zweitschuldner in Anspruch genommen wird.

2. Eine Verwirkung des Kostenanspruchs kommt vor Ablauf der Verjährungsfrist nur in seltenen Ausnahmefällen unter ganz besonderen Umständen in Betracht.

3. § 31 Abs. 3 S. 1 GKG sperrt, sofern dem Erstschuldner lediglich teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, die Inanspruchnahme des Zweitschuldners nur im Umfang der Bewilligung. Die Kostenschuld des Zweitschuldners errechnet sich in diesem Fall entsprechend dem Verhältnis des von der Prozesskostenhilfe nicht erfassten Streitwerts zum Gesamtstreitwert (im Anschluss an OLG Düsseldorf, JurBüro 2000, 425).

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 6 O 72/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 13. September 2018 - 6 O 72/14 - wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Kläger, die eine Erbengemeinschaft bilden, nahmen die Beklagte auf Zahlung von insgesamt 22.522,65 EUR aus einem Gewerberaummietverhältnis in Anspruch. Das Landgericht gab der Klage durch Urteil vom 9. Dezember 2014 überwiegend statt und legte der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf. Durch Beschluss vom 30. Dezember 2014 wurde der Beklagten (rückwirkend) für die erste Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sich ihre Rechtsverteidigung gegen eine Klageforderung von 4.850 EUR (Februarmiete 2013 sowie Nebenkostenvorauszahlungen 2012) richtete.

Die angefallenen Gerichtskosten wurden in der Kostenrechnung des Landgerichts vom 18. Februar 2015 ("Kostenrechnung III") mit 1.167,75 EUR ermittelt und sollten in vollem Umfang außer Ansatz bleiben. Zugleich wurde die Rückzahlung der von den Klägern eingezahlten Vorschüsse von insgesamt 1.105 EUR an deren Prozessbevollmächtigten veranlasst, der am 10. März 2015 zusammen mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss eine Abschrift der Kostenrechnung III erhielt. Am 29. Mai 2015 wurde eine weitere Kostenrechnung ("Kostenrechnung IV") erstellt, welche die Kostenrechnung vom 18. Februar 2015 ersetzte und wonach unter Berücksichtigung der lediglich teilweisen Prozesskostenhilfebewilligung 916,29 EUR an Gerichtskosten von der Beklagten erhoben wurden. Nachdem eine Zahlung durch die Beklagte ausgeblieben war, wurden die Gerichtskosten mit Kostenrechnung vom 18. April 2018 ("Kostenrechnung V") gegenüber der Klägerin zu 1 (im Folgenden: Klägerin) als Zweitschuldnerin geltend gemacht. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Erinnerung der Klägerin durch Beschluss vom 13. September 2018 zurückgewiesen und der nachfolgend eingelegten Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Der angegriffene Kostenansatz vom 18. April 2018 ist nicht zu beanstanden.

Die Haftung der Klägerin für die erhobenen Gerichtskosten ergibt sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG. Gemäß § 31 Abs. 1 GKG haftet die Klägerin als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten, deren Kostenhaftung aus § 29 Nr. 1 GKG folgt. § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG steht der Geltendmachung der Haftung der Klägerin nicht entgegen. Nach den Feststellungen des Landgerichts, das hierzu die Kassenakte der Gerichtskasse Saarbrücken ausgewertet hat, sind mehrere Vollstreckungsmaßnahmen gegen die aufgrund ihrer Erstschuldnerhaftung zutreffend vorrangig in Anspruch genommene Beklagte erfolglos geblieben. Insoweit wird mit der Beschwerde auch nichts eingewendet.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Inanspruchnahme der Klägerin nicht durch § 20 GKG ausgeschlossen im Hinblick auf den zwischen dem Kostenansatz vom 18. Februar 2015 und demjenigen vom 18. April 2018 liegenden Zeitraum von mehr als drei Jahren. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 GKG dürfen wegen eines unrichtigen Ansatzes Kosten nur nachgefordert werden, wenn der berichtigte Ansatz dem Zahlungspflichtigen vor Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Absendung der Schlusskostenrechnung mitgeteilt worden ist. Die Regelung dient dem Vertrauensschutz des Kostenschuldners (OLG Köln, NJW-RR 2011, 1294, 1295; NK-GK/Volpert, 2. Aufl., § 20 GKG Rn. 2; Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl., § 20 GKG Rn. 4). Der Kostenschuldner soll nach einer gewissen Zeit davon ausgehen können, dass die ihm übersandte Kostenrechnung richtig und mit einer Nachforderung von Kosten durch die Staatskasse nicht mehr zu rechnen ist (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 7 W 1/14, juris).

Voraussetzung für den Nachforderungsausschluss ist, dass bereits ein Kostenansatz vorausgegangen ist und mit dem neuen Kostenansatz höhere als die berechneten oder neue, bislang nicht geltend gemachte Kosten gefordert werden. Eine Nachforderung kommt begrifflich nur gegenübe...

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