Leitsatz (amtlich)
Ein Prozessvergleich, der eine Freistellungsverpflichtung beinhaltet, hat nur dann einen vollstreckungbaren Inhalt, wenn sich die Höhe der Forderung, von der freizustellen ist, aus dem Vergleich selbst ergibt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 30.07.2007; Aktenzeichen 6 O 10/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 30.7.2007 (6 O 10/01) wird zurückgewiesen.
Der Gläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.576,37 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2003 vor dem 9. Zivilsenat des Saarländischen OLG einen Vergleich geschlossen, dessen Ziff. 1) lautet:
"Die Beklagte stellt den Kläger im Innenverhältnis von den ab Oktober 2003 fällig werden Ratenzahlungen betreffend die Darlehen Nr. ... 1 und ... 0 ggü. der [Bankbezeichnung1], [Straße], [Ort], frei."
Mit Schriftsatz vom 17.7.2007 hat der Gläubiger beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Vorschusses i.H.v. 1.476,56 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.5.2004 zu verpflichten.
Diesen Antrag hat das LG mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.7.2007 zurückgewiesen, da der Vergleich keinen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweise.
Hiergegen hat der Gläubiger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.8.2007 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er beantragt, den angefochtenen Beschluss abzuändern und die Schuldnerin zu Verpflichten einen Vorschuss i.H.v. 2.576,37 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.8.2007 zu zahlen.
Der Gläubiger ist der Auffassung, der Vergleich habe einen vollstreckungsfähigen Inhalt, weil die beiden Darlehen genau bezeichnet seien und in Ziff. 2) vereinbart worden sei, dass der Gläubiger der Schuldnerin eine Bescheinigung der [Bankbezeichnung1] über die aktuelle Höhe der beiden Kreditverbindlichkeiten und die voraussichtliche Laufzeit zuleiten werde. Dies habe der Gläubiger getan, woraufhin sich die Schuldnerin zur Zahlung der sich aus der Aufstellung ergebenden Raten bereit erklärt habe. Aus der aktuellen Forderungsaufstellung ergebe sich, dass die Hauptverbindlichkeit inzwischen auf 2.576,37 EUR angewachsen sei.
Die Schuldnerin beantragt Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.
II. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 793 ZPO statthaft. Da kein Empfangsbekenntnis zur Akte gereicht wurde, ist auch davon auszugehen, dass sie rechtzeitig eingelegt wurde.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der zugrunde liegende Vergleich keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
Der zwischen den Parteien zustande gekommene Prozessvergleich ist ein Prozessvertrag mit einer rechtlichen Doppelnatur. Er ist sowohl eine Prozesshandlung, deren rechtliche Wirkungen sich nach prozessualen Grundsätzen richten, als auch ein privatrechtlicher Vertrag, für den die Regeln des materiellen Rechts gelten. Inhalt und Umfang der materiell-rechtlichen Vereinbarung einerseits und des prozessualen Vertrages als Vollstreckungstitels andererseits können auseinanderfallen. Während die Parteien durch den Prozessvergleich materiell-rechtlich gebunden sind, soweit es ihrem übereinstimmenden - unter Umständen nicht eindeutig nach außen hervortretenden - Willen entspricht, ist der Vergleich Vollstreckungstitel i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur insoweit, als er einen aus sich heraus genügend bestimmten oder doch zumindest bestimmbaren Inhalt hat (vgl. BGH, Urt. v. 31.3.1993 - XII ZR 234/91, NJW 1993, 1995).
Da der Vollstreckungstitel den Inhalt und Umfang der Zwangsvollstreckung festlegt und der Schuldner staatlichen Zwang nur nach seiner Maßgabe zu dulden hat, ist er nur dann bestimmt genug, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnet. Ob das mit der Vollstreckung eines Prozessvergleichs beauftragte Vollstreckungsorgan im Wege der Auslegung einen entsprechenden Inhalt ermitteln kann, richtet sich nach den für Urteile - nicht den für Verträge - geltenden Grundsätzen (vgl. Zöller/Stöber, Zivilprozessordnung, 26. Aufl., § 794 ZPO, Rz. 14a). Diese verlangen, dass der Titel aus sich heraus für eine Auslegung genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen muss. Es genügt insbesondere nicht, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2005 - XII ZR 94/03, NJW 2006, 695; OLG Köln Rpfleger 1992, 527; Zöller-Stöber, a.a.O., § 704 ZPO, Rz. 5; LAG Köln MDR 2003, 778).
Die Formalisierung der Zwangsvollstreckung, gebietet es, dass auch jeder Dritte, der in den Rechtsstreit nicht einbezogen ist, erkennen kann, was der Gläubiger vom Schuldner zu fordern berechtigt ist (vgl. Musielak/Lackmann, Zivilprozessordnung, 5. Aufl., § 704 ZPO, Rz. 6; OLG Hamm, NJW 1974, 652; LAG Hessen, NZA-RR 2004, 382). Auch die Kenntnis auf Seiten der Parteien un...