Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 04.10.2004; Aktenzeichen 16 O 89/04)

 

Tenor

Der Beschluss des LG Saarbrücken v. 4.10.2004 - 16 O 89/04 - wird abgeändert.

Das Ablehnungsgesuch der Beklagten betreffend den Richter am LG K. wird für begründet erklärt.

 

Gründe

I. Die Klägerin beansprucht von der Beklagten, die Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft B. Straße 6 in M. ist, die Rückzahlung zweier Überziehungskredite, die sie auf für die Wohnungseigentümergemeinschaft geführten Girokonten gewährt hat. Die Beklagte verteidigt sich damit, sie habe den die Konten eröffnenden Zeugen Z. keine entsprechende Vollmacht erteilt.

In der mündlichen Verhandlung v. 4.8.2004 hat die Beklagte den für den Rechtsstreit zuständigen Richter am LG K. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Richter habe einen unzulässigen Beweisbeschluss zu der Frage "inwieweit der Zeuge Z. Vertretungsmacht für die Beklagte ... für die Eröffnung der streitgegenständlichen Giroverträge" hatte trotz ihres Widerspruchs ausführen wollen; Gegenstand einer Beweisaufnahme könne eine Rechtsfrage nicht sein. Dem habe der Richter vor der mündlichen Verhandlung zugestimmt, aber erklärt, er erhoffe sich von dem Zeugen einen Beitrag zur Sachaufklärung, habe der Klägerin jedoch auferlegt, ihre Behauptung einer Bevollmächtigung nach bestimmten Kriterien näher zu substantiieren. Eine solche Substantiierung sei nicht erfolgt. Den auf den Auflagenbeschluss hin am 26.7.2004 eingereichten Schriftsatz habe der Richter erst zu Beginn der mündlichen Verhandlung kommentarlos überreicht, während er bereits mit einer Befragung der Beklagten begonnen habe. Im Rahmen dieser Befragung seien der Beklagten Unterlagen, die dem Schriftsatz beigefügt gewesen seien, mit der unter Beweis gestellten Behauptung jedoch nichts zu tun gehabt hätten, vorgehalten worden. Der Richter habe - in dem Bewusstsein, einen unzulässigen Beweisbeschluss getroffen zu haben - die Beweisaufnahme durchführen wollen.

Der abgelehnte Richter hat sich zu diesem Ablehnungsgesuch dienstlich geäußert. In seiner dienstlichen Äußerung hat er erklärt, er habe den Schriftsatz v. 26.7.2004 frühestens am 27.7.2004 erhalten und an die Beklagte nicht weitergeleitet, weil die Übermittlung von Schriftsätzen an auswärtige Anwälte oft eine erstaunlich lange Zeitspanne in Anspruch nehme und die mündliche Verhandlung bereits eine Woche später - am 4.8.2004 - stattfinden sollte, die Belastung der Geschäftsstelle auch keine Faxübermittlung zulasse. Ein Antrag auf Vertagung sei nicht gestellt worden. Im Hinblick auf die Rüge, der Beklagten sei zu Beginn ihrer Befragung nicht mitgeteilt worden, ob sie als Partei vernommen oder angehört werde, hat er erklärt, die Anhörung sei einleitend mitgeteilt worden, ob dem Beklagtenvertreter und seiner Partei die unterschiedliche Bedeutung einer informatorischen Anhörung und einer förmlichen Parteivernehmung bekannt sei, könne von ihm nicht beantwortet werden. Angesichts des Schriftsatzes v. 26.7.2004 - der aus der ex-ante-Sicht nicht von besonderer Bedeutung gewesen sei - sei er davon ausgegangen, nunmehr werde eine Vertretungsmacht aus Rechtsscheingesichtspunkten behauptet. Ob seine dies erklärenden rechtlichen Ausführungen von der Beklagtenseite verstanden und geteilt worden seien, könne er wiederum nicht beurteilen.

Daraufhin hat die Beklagte ihr Ablehnungsgesuch auch auf den Inhalt der dienstlichen Äußerung gestützt.

Das LG Saarbrücken hat durch den angefochtenen Beschluss das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, soweit die Beklagte ihr Ablehnungsgesuch auf einen vermeintlich unzulässigen Beweisbeschluss und das Fehlen der Voraussetzungen zur Durchführung einer Beweisaufnahme stütze, sei die Ablehnung - evident - nicht gerechtfertigt. Das Ablehnungsverfahren diene nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Von einer willkürlichen Missachtung von Rechtsnormen könne - evident - keine Rede sein. Die gerügte Verhandlungsführung im Termin rechtfertige eine Ablehnung gleichfalls nicht. Denn der Richter sei zivilprozessrechtlich in besonderem Maße zur Aufklärung und zu Hinweisen verpflichtet; die Übergabe des Schriftsatzes v. 26.7.2004 erst in der mündlichen Verhandlung und Vorhalte an die Beklagte aus diesem Schriftsatz seien nicht zu beanstanden.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde.

II. Die sofortige Beschwerde ist begründet. Auch eine vernünftige und abwägend urteilende Partei darf auf Grund des Verhaltens des abgelehnten Richters - auch wenn Befangenheit objektiv nicht vorliegen mag - Misstrauen gegen die Unparteilichkeit seiner Amtsführung hegen.

1. Das folgt allerdings nicht aus den das Verfahren des abgelehnten Richters treffenden Beanstandungen der Beklagten. In - wenn auch nicht notwendigerweise von gleicher Evidenz getragener - Übereinstimmung mit dem angefochtenen Beschluss teilt der Senat die Rügen der Beklagten nicht.

Insoweit kann dah...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?