Leitsatz (amtlich)
Ein Ablehnungsgesuch kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn dessen Begründung ausnahmslos auf schon länger bekannte (vermeintliche) Verfahrensfehler abstellt und auch das weitere prozessuale Verhalten der Partei - hier: Anbringen des Gesuchs erst am Morgen des seit langem bestimmten Verhandlungstermins über den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil, keinerlei inhaltliche Förderung des Verfahrens und mehrfache, nach Aktenlage nicht nachvollziehbare Verweigerung der Entgegennahme von Zustellungen - auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Gesuches schließen lässt.
Normenkette
ZPO § 42
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 02.12.2022; Aktenzeichen 1 O 296/21) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 2. Dezember 2022 - 1 O 296/21 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Im zugrunde liegenden Rechtsstreit macht der - sich selbst als Rechtsanwalt vertretende - Kläger gegenüber den Beklagten Maklerprovisionsansprüche aus abgetretenem Recht geltend. Im schriftlichen Vorverfahren beantragte er wiederholt Fristverlängerung von jeweils einem Monat zur Vorlage der Replik auf die (aus drei Seiten bestehende) Klageerwiderung; einem dritten Fristverlängerungsgesuch gab das Landgericht im Anschluss an eine Aufforderung zur Glaubhaftmachung des Fristverlängerungsgrundes mit Verfügung der zuständigen Einzelrichterin, der Vorsitzenden Richterin am Landgericht ..., nicht mehr statt. Ein zugleich auf den 22. Juli 2022 bestimmter Termin zur mündlichen Verhandlung wurde auf Antrag des Klägers auf den 9. September 2022 verlegt. Mit einem am Morgen des 9. September 2022 eingereichten Schriftsatz beantragte der Kläger die Verlegung dieses Termins mit der Begründung, er leide "seit heute Morgen unter starken Symptomen einer Magen-Darm-Infektion" (Bl. 85 GA). Im Verhandlungstermin erschien der Kläger nicht. Das Landgericht wies das Terminsverlegungsgesuch zurück, weil der Verhinderungsgrund nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden sei, was der Kanzlei des Klägers vor dem Termin fernmündlich mitgeteilt worden sei; auf entsprechenden Antrag des Beklagten erließ es ein klagabweisendes Versäumnisurteil, das dem Kläger am 20. September 2022 zugestellt wurde (Bl. 96 GA). Gegen dieses Versäumnisurteil legte der Kläger am 4. Oktober 2022 Einspruch ein, zugleich bat er um Verlängerung der Frist zur Begründung des Einspruchs bis zum 4. November 2022. Das Landgericht wies das Fristverlängerungsgesuch mit Beschluss vom 6. Oktober 2022 zurück und bestimmte Termin zur Verhandlung über den Einspruch auf den 4. November 2022, der auf Antrag der Beklagtenseite mit Verfügung vom 7. Oktober 2022 (Bl. 109 GA) auf den 11. November 2022 verlegt wurde.
Der Kläger hat am Morgen des 11. November 2022 zwei Schriftsätze eingereicht. In dem auf den 10. November 2022 datierten (ersten) Schriftsatz beanstandete er die "Verletzung der Verfahrensrechte des Klägers" durch den Erlass des Versäumnisurteils, die Ablehnung seines Fristverlängerungsgesuchs und die Verlegung des auf den 4. November 2022 bestimmten Termins auf Antrag der Beklagtenseite ohne seine vorherige Anhörung. In einem auf den 11. November 2022 datierten (weiteren) Schriftsatz lehnte er die zuständige Einzelrichterin wegen Besorgnis der Befangenheit ab, wobei er sich zur Begründung auf das zuvor beanstandete, als "Verstoß gegen die Verfahrensrechte des Klägers" bezeichnete Verhalten der abgelehnten Richterin berief (Bl. 150 ff. GA).
Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 174 ff. GA) hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch des Klägers zurückgewiesen, weil objektive Gründe, die vom Standpunkt der Klägerin aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richterin wecken könnten, nicht dargetan seien.
Gegen den ihm am 8. Dezember 2022 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 22. Dezember 2022 sofortige Beschwerde eingelegt; seiner Bitte um Gelegenheit zur Begründung der Beschwerde bis zum 31. Januar 2023 gab das Landgericht statt. Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2023 bat der Kläger mit dem Hinweis auf eine "zwischenzeitliche Erkrankung, die nach wie vor andauert", um eine weitere Verlängerung der Frist zur Beschwerdebegründung bis zum 14. Februar 2023 (Bl. 200 GA).
Das Landgericht hat nach vergeblicher Aufforderung zur Vorlage eines ärztlichen Attests (Bl. 202 GA) mit Beschluss vom 9. Februar 2023 das Fristverlängerungsgesuch abgelehnt und der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die gemäß § 46 Abs. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige (§§ 567 ff. ZPO) sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 2. Dezember 2022 bleibt in der Sache erfolglos. Das Landgericht hat dem Ablehnungsgesuch des Klägers vollkommen zu Recht nicht entsprochen. Es ist nämlich bei näherer Betrachtung des gesamten Verfahrensablaufes schon unzulässig, nämlich rechtsmissbräuchlich gewesen; jedenfalls wäre es aber auch unb...