Leitsatz (amtlich)

Die Weigerung, einem auf unspezifische "Grippesymptome" gestützten Terminsverlegungsversuch des Prozessbevollmächtigten zu entsprechen, dessen am Terminstag durchgeführter Corona-Test nach eigener Darlegung negativ ausgefallen war, und der Erlass eines Versäumnisurteils gegen die im Termin säumige Partei rechtfertigen nicht die Annahme, der Richter stehe dieser nicht unvoreingenommen gegenüber.

 

Normenkette

ZPO § 42

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 17.01.2022; Aktenzeichen 3 O 118/21)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Januar 2022 - 3 O 118/21 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im zugrunde liegenden Rechtsstreit macht die Klägerin gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche nach der Kündigung von Werkverträgen geltend. Der zuständige Einzelrichter, Richter am Landgericht Sch., bestimmte am 14. September 2021 einen Termin zur Güteverhandlung und mündlichen Verhandlung auf Montag, den 6. Dezember 2021, 10h30; zugleich wies er darauf hin, dass das Gericht in der Klageerwiderung geäußerte Bedenken hinsichtlich der Schlüssigkeit der Klage vollumfänglich teile.

Mit einem am Freitag, dem 3. Dezember 2021 um 10h02 per BeA eingereichten Schriftsatz beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Verlegung dieses Termins mit der Begründung, seine Ehefrau sei an einem grippalen Infekt erkrankt und auch er weise ebenso Grippesymptome (Husten, Heiserkeit, erhöhte Temperatur) auf; in Anbetracht der aktuellen Pandemielage solle keinem anderen Beteiligten das Risiko einer Ansteckung zugemutet werden (Bl. 64 GA). Der zuständige Einzelrichter, der von dem Schriftsatz erst am Montag, dem 6. Dezember 2021 Kenntnis erlangte, wies mit Beschluss vom selben Tage darauf hin, dass das Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 3. Dezember 2021 für eine Terminsverlegung bislang, gerade vor dem Hintergrund des vorliegenden Sach- und Streitstandes, nicht ausreichend sei und gab dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin Gelegenheit, sein Vorbringen bis zum 6. Dezember 2021, 9h30, zu vervollständigen, ggf. eine Erklärung über die Durchführung und ein etwaiges Ergebnis eines Corona-Tests abzugeben (Bl. 66 f. GA). Mit weiterem Beschluss vom 6. Dezember 2021 lehnte er die Terminsverlegung ab, weil bis zum Ablauf der gesetzten Frist kein weiterer Vortrag erfolgt sei (Bl. 68 GA). In der mündlichen Verhandlung am 6. Dezember 2021 um 10h30 trat für die Klägerin niemand auf. Nachdem auf telefonische Rückfrage zunächst erklärt wurde, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sei auf dem Weg, sodann aber unter Hinweis auf ein weiteres "Schreiben vom heutigen Morgen" klargestellt wurde, dass er nicht erscheinen werde, beantragte die Beklagte den Erlass eines klagabweisenden Versäumnisurteils, das der zuständige Einzelrichter in einem auf 13h30 anberaumten gesonderten Termin zur Verkündung einer Entscheidung antragsgemäß erließ (Bl. 85 GA). In dem erwähnten weiteren Schriftsatz vom 6. Dezember 2021, den der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach telefonischer Erkundigung über dessen Eingang (Vermerk Bl. 69 GA) um 10h24 per Fax bei Gericht einreichte, heißt es u.a., der Prozessbevollmächtigte der Klägerin führe täglich Corona-Selbsttests durch, die bislang negativ verliefen, was eine Infektion bekanntermaßen nicht ausschließe; unabhängig davon sei er kurzfristig an einem Atemwegsinfekt / grippalen Infekt erkrankt, der die Anwesenheit ausschließe. Der Terminsaufhebungsgrund sei damit hinreichend glaubhaft gemacht.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 8. Dezember 2021 zugestellte Versäumnisurteil hat die Klägerin am 21. Dezember 2021 Einspruch eingelegt; zugleich hat sie den zuständigen Einzelrichter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (Bl. 92 ff. GA). Sie meint, durch die Durchführung des Verhandlungstermins ohne Anwesenheit des klägerischen Prozessbevollmächtigten habe der abgelehnte Richter in grober Weise das rechtliche Gehör der Klägerin sowie seine Pflicht, sich gegenüber den Parteien neutral zu verhalten und nicht einseitig rechtliches Gehör zu gewähren, verletzt. Auf Grundlage des Antrages ihres Prozessbevollmächtigten sei ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung gegeben gewesen; die Aufforderung aus dem Beschluss vom 6. Dezember 2021 zur Abgabe einer Erklärung über die Durchführung und das Ergebnis eines Corona-Tests entbehre einer Rechtsgrundlage. Insbesondere auch angesichts des unsubstantiierten Hinweises auf den "Sach- und Streitstand" müsse die Klägerin befürchten, dass der abgelehnte Richter den Rechtsstreit nicht unparteiisch verhandeln und entscheiden werde. Nach Einholung einer dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 4. Januar 2022 dessen Vorgehen auch deshalb für willkürlich erachtet, weil nach einem Merkblatt (Stand Dezember 2021) Personen, die u.a. grippeähnliche Symptome aufweisen, die auf eine Infektion mit dem Co...

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