Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Beschluss vom 12.01.2016; Aktenzeichen 40 F 412/14 SO) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in Saarbrücken vom 12.1.2016 - 40 F 412/14 SO - wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Der Antragsgegnerin wird die von ihr für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren mit Wirkung vom 30.3.2016 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwältin ... pp., bewilligt.
Gründe
I. Aus der Beziehung des Antragstellers (Vater) mit der Antragsgegnerin (Mutter), die weder miteinander verheiratet waren noch sind, ging am XX. xX. XXXX die beteiligte Tochter K. S. hervor. Der Vater erkannte die Vaterschaft an; Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben. Die Eltern führten bis zu ihrer Trennung im Jahr 2012 einen gemeinsamen Haushalt. Seit der Trennung lebt K. bei der Mutter; der Vater zahlt Kindesunterhalt. Die Mutter hat seit 2013 einen neuen Lebensgefährten, der seit längerem mit ihr und dem Kind zusammenwohnt.
Im Verfahren 135 F 71/15 UG, dessen Akte vom Senat eingesehen worden ist, schlossen die Eltern am 6.7.2015 einen gerichtlich gebilligten Vergleich, dem zufolge dem Vater eine ausgiebiges periodisches Umgangsrecht mit K. samt Übernachtungen sowie während der Hälfte aller Schulferien zusteht; wegen der Einzelheiten wird auf den Vergleich verwiesen.
Im vorliegenden Verfahren hat der Vater mit am 3.11.2014 eingegangenem Antrag die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge für K. beantragt. Die Mutter hat auf Zurückweisung des Antrags angetragen.
Nach Anhörung des Jugendamts - das sich gegen eine Anordnung des gemeinsamen Sorgerechts ausgesprochen hat -, zweifacher persönlicher Anhörung von K. und der Eltern sowie persönlicher Anhörung der K. bestellten Verfahrensbeiständin, die bei der zweiten Kindesanhörung zugegen gewesen ist, hat das Familiengericht durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, den Eltern die elterliche Sorge für K. gemeinsam übertragen.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Mutter ihren erstinstanzlichen Zurückweisungsantrag weiter. Der Vater bittet um Zurückweisung der Beschwerde; auch die Verfahrensbeiständin verteidigt das angegangene Erkenntnis. Das Jugendamt hat sich zweitinstanzlich nicht geäußert.
Beide Eltern suchen um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach.
II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Mutter bleibt ohne Erfolg.
Zu Recht und auf der Grundlage eines rügefreien Verfahrens hat das Familiengericht die gemeinsame Sorge der Eltern hergestellt.
Nach § 1626a Abs. 2 BGB in der Fassung, die diese Vorschrift durch das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.4.2013 (BGBI. 2013 I, S. 795) gefunden hat, überträgt das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge - oder einen Teil dieser - beiden Eltern gemeinsam, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.
Anders als nach der zu § 1626a BGB a.F. maßgeblichen Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 21.7.2010 (FamRZ 2010, 1403) ist mithin nach § 1626a Abs. 2 BGB n.F. keine positive Feststellung mehr erforderlich, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht. Liegen keine Gründe vor, die gegen die gemeinsame elterliche Sorge sprechen, sollen grundsätzlich beide Eltern gemeinsam sie tragen. Dies ist das Leitbild des Gesetzgebers. Die danach vorgesehene nur negative Kindeswohlprüfung bringt dessen Überzeugung zum Ausdruck, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht und dem Kind verdeutlicht, dass beide Eltern gleichermaßen bereit sind, für es Verantwortung zu tragen (BVerfGE 107, 150), und wenn es seine Eltern in wichtigen Entscheidungen für sein Leben als gleichberechtigt erlebt. Diese Erfahrung ist aufgrund der Vorbildfunktion der Eltern wichtig und für das Kind und für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit prägend. Insbesondere, wenn das Kind ein Alter erreicht hat, das ihm zunehmende Einsicht in die Verhältnisse verschafft, kann es in dem Bemühen beider Eltern, seine Belange durch eigene, wenn auch schwer zustande gebrachte Entscheidungen zu wahren, ein höheres Maß an Zuwendung erkennen als im Beharren der Mutter auf ihrer alleinigen Entscheidungsbefugnis (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1207). Zudem werden in Diskussionen regelmäßig mehr Argumente erwogen als bei Alleinentscheidungen (vgl. KG FamRZ 2011, 1659). Bestehender Elternstreit spricht daher nicht von vornherein gegen die Begründung gemeinsamer Sorge; denn es gehört zur Normalität in Eltern-Kind-Beziehungen, dass Eltern über Einzelfragen der Erziehung unterschiedliche Auffassungen haben und sich mitunter erst aus Kontroversen die für...