Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 5 O 74/18) |
Tenor
1. Die Beschwerdeverfahren 9 W 24/20, 9 W 25/20, 9 W 26/20 und 9 W 27/20 werden entsprechend § 147 ZPO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Führend ist das Beschwerdeverfahren 9 W 24/20.
2. Auf die sofortigen Beschwerden der Klägerin und der Drittwiderbeklagten zu 1 und zu 2 werden die Kostenfestsetzungsbeschlüsse I, II, IV und V des Landgerichts Saarbrücken vom 19. Juni 2020 - 5 O 74/18 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
3. Der Beschwerdewert beträgt bis 1.000 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin erhob durch Rechtsanwältin P. nach einem Verkehrsunfall Klage, mit der sie die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Anspruch nahm. Der Beklagte zu 1 machte seinerseits Schadensersatzforderungen im Wege einer Widerklage geltend, die er zugleich gegen die Tochter und den Haftpflichtversicherer der Klägerin, die Drittwiderbeklagten, richtete. Die Verteidigung gegen die Widerklage wurde von den Rechtsanwälten S. & Kollegen übernommen, die sich insoweit auch für die Klägerin bestellten. Bei der Geltendmachung der Klageforderung wurde die Klägerin weiterhin durch Rechtsanwältin P. vertreten.
Das Landgericht gab der Klage und der Widerklage jeweils zum Teil statt und verteilte die Kosten des Rechtsstreits zwischen der Klägerin, den Drittwiderbeklagten und den Beklagten nach Quoten. Den Streitwert setzte es auf 3.711,53 EUR für die Klage und auf 12.387,97 EUR für die Widerklage fest.
Im Kostenfestsetzungsverfahren haben Rechtsanwältin P. und die Rechtsanwälte S. & Kollegen jeweils einen eigenen Kostenausgleichsantrag eingereicht. Rechtsanwältin P. hat ihre Gebühren (1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG, 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG) aus dem Wert der Klage berechnet, die Rechtsanwälte S. & Kollegen haben ihrem Antrag, in dem eine Erhöhung der Verfahrensgebühr um 0,6 gemäß Nr. 1008 VV RVG berücksichtigt ist, den Wert der Widerklage zugrunde gelegt.
Das Landgericht (Rechtspfleger) hat durch fünf Kostenfestsetzungsbeschlüsse die von der Klägerin an den Beklagten zu 1 (Kostenfestsetzungsbeschluss I), von den Beklagten als Gesamtschuldnern an die Klägerin (Kostenfestsetzungsbeschluss II), von dem Beklagten zu 1 an die Drittwiderbeklagten (Kostenfestsetzungsbeschluss III), von der Klägerin und den Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldnern an den Beklagten zu 1 (Kostenfestsetzungsbeschluss IV) und von der Klägerin an die Beklagte zu 2 (Kostenfestsetzungsbeschluss V) jeweils zu erstattenden Kosten festgesetzt. Das Landgericht hält die auf Seiten der Klägerin und der Drittwiderbeklagten geltend gemachten Rechtsanwaltskosten nur zum Teil für erstattungsfähig, nämlich insoweit, als sie (fiktiv) entstanden wären, wenn für die Klägerin lediglich ein Anwalt tätig geworden wäre.
Gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse I, II, IV und V richtet sich das von Rechtsanwältin P. eingelegte, als "sofortige Erinnerung" bezeichnete Rechtsmittel, mit dem neben dem Abzug bei den Rechtsanwaltskosten auch der durch das Landgericht durchgeführte Gerichtskostenausgleich beanstandet wird. Daneben haben die Rechtsanwälte S. & Kollegen ein als "sofortige Beschwerde / Erinnerung" überschriebenes Rechtsmittel gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss IV eingelegt, mit dem geltend gemacht wird, die Drittwiderbeklagte zu 2 sei berechtigt gewesen, für sich und die weiteren von der Drittwiderklage betroffenen Personen einen eigenen Prozessbevollmächtigten zu bestellen.
Das Landgericht hat die Rechtsmittel, denen die Beklagten entgegengetreten sind, als sofortige Beschwerden behandelt, denen es nicht abgeholfen hat. Der Senat hat mit Verfügung vom 6. April 2021 die Parteien darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die vier Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden. Die Parteien haben hierzu ihr Einverständnis erklärt.
II. Die gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse I, II, IV und V gerichteten Rechtsmittel sind unbeschadet ihrer Bezeichnung als (sofortige) Erinnerung als sofortige Beschwerden (§ 104 Abs. 3 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Rechtsmittel wurden durch die Rechtsanwältin P. im Namen der Klägerin und durch die Rechtsanwälte S. & Kollegen im Namen der Klägerin sowie der Drittwiderbeklagten zu 1 und zu 2 eingelegt. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus den Beschwerdeschriften, denn die Formulierungen "lege ich gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse ... sofortige Erinnerung ein" bzw. "legen wir gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss IV vom 19.06.2020 hiermit sofortige Beschwerde / Erinnerung ein" lassen unter Berücksichtigung des auf die Festsetzung weiterer Rechtsanwaltskosten gerichteten Rechtsmittelziels auch die Deutung zu, dass die sofortige Beschwerde jeweils durch die Rechtsanwälte im eigenen Namen eingelegt wurde. Indes ist bei der Auslegung von Prozesshandlungen zu beachten, dass im Zweifel...