Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung des Vergleichsüberhangs

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 02.05.2011; Aktenzeichen 14 O 384/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss des LG Saarbrücken vom 2.5.2011 (14 O 384/10) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangte im vorliegenden Rechtsstreit Unfalltagegeld i.H.v. 8.850 EUR aufgrund einer bei der Beklagten seit Januar 2009 unterhaltenen Unfallversicherung (Versicherungsschein Nr. 000, s. Anlage B1 des Anlagenbandes) wegen einer behaupteten Arbeitsunfähigkeit bis zum 27.9.2009 nach einem Verkehrsunfall vom 9.4.2009. In der Klageschrift hatte der Kläger als Grundlage der Berechnung geltend gemachter vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten einen Gegenstandswert von 8.850 EUR angegeben (Bl. 2 d.A.).

Insgesamt zeigte er im Jahr 2009 drei Versicherungsfälle an. Infolge eines ersten, Unfalls vom 16.1.2009 zahlte die Beklagte gemäß Abrechnungsschreiben vom 15.4.2009 (vom Kläger der Klageschrift beigefügt, Bl. 3 d.A.) Tagegeld für 71 Tage i.H.v. insgesamt 3.550 EUR. Nach Meldung des hier streitgegenständlichen Unfalls vom 9.4.2009 forderte die Beklagte den Kläger auf, sich mit dem von ihr beauftragten Orthopäden Dr. R. in Verbindung zu setzen (Schreiben vom 18.5.2009, Anlage B 4 des Anlagenbandes), unter dem 24.6.2009 wurde er um eine ausführliche Unfallschilderung gebeten (Schreiben Anlage B 5 des Anlagenbandes). Der Fachorthopäde Dr. R. erstellte für die Beklagte ein Gutachten. Er nahm eine - prozentual abnehmende - Arbeitsunfähigkeit an bis zum 12.6.2009; eine darüber hinausgehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht mehr auf den Unfall zurückzuführen (Anlage B 19 des Anlagenbandes). Der Kläger teilte mit Schreiben vom 27.10.2009 mit, es sei aufgrund des Unfalls eine 30-prozentige Invalidität eingetreten, und forderte die Beklagte - ohne Begründung oder medizinischen Beleg - zur Zahlung von 60.000 EUR auf (Anlage B 17 des Anlagenbandes). Nach einer dritten Schadensmeldung des Klägers wegen eines angeblichen Unfalls am 25.11.2009 kündigte die Beklagte nach Zahlung von 900 EUR Tagegeld für 18 Tage den Unfallversicherungsvertrag mit Schreiben vom 23.12.2009 (Anlagen B 12 und B 13 des Anlagenbandes).

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers wandten sich mit Schreiben vom 28.5.2010 an die Beklagte und forderten sie auf, wegen des Unfalls vom 9.4.2009 Tagegeld für 365 Tage zu zahlen, insgesamt 18.250 EUR (Anlage B 15 des Anlagenbandes); den Betrag korrigierten sie mit Schreiben vom 28.10.2010 auf 8.850 EUR (Anlage B 16 des Anlagenbandes).

Die Beklagte hat Ansprüche infolge des Ereignisses vom 9.4.2009 abgelehnt und sich auf eine Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzungen berufen. Sie hat vorgetragen, dass der Kläger offenbar die Übersicht über die verschiedenen Unfallereignisse verloren habe. In der Klageerwiderung hat sie auch das Anwaltsschreiben des Klägers vom 27.10.2009, die Forderung nach einer Invaliditätsentschädigung betreffend, erwähnt (Bl. 18 d.A., Anlage B 17 des Anlagenbandes).

Der Kläger hat repliziert, ein Großteil der Klageerwiderung befasse sich mit Vorfällen, die für den vorliegenden Rechtsstreit irrelevant seien. Die Unfälle vom 16.1.2009 und vom 25.11.2009 seien nicht streitgegenständlich (Bl. 34, 35 d.A.). Die Feststellungen des Sachverständigen der Beklagten, Dr. R., wonach eine Arbeitsunfähigkeit über den 12.6.2009 hinaus auf Verschleiß beruhe, hat er für falsch gehalten und behauptet, die Arbeitsunfähigkeit bis zum 27.9.2009 sei allein Folge des Verkehrsunfalls vom 9.4.2009 (Bl. 36d. A). Zu dem von der Beklagten angesprochenen Anwaltsschreiben vom 27.10.2009 und der Invaliditätsentschädigung hat er sich nicht geäußert.

Im Termin vor dem LG Saarbrücken am 2.5.2011 schlossen die Parteien einen Vergleich. Die Beklagte verpflichtete sich, "zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Unfallversicherungsvertrag einen letztmaligen Betrag von 2.000 EUR an den Kläger zu zahlen"; die Kosten des Rechtsstreits wurden im Verhältnis 22,5 zu 77,5 zu Lasten des Klägers verteilt (Bl. 60 d.A.). Am Ende der Sitzung wurde ein Beschluss protokolliert, mit dem der Streitwert auf 8.850 EUR festgesetzt wurde. Weiter heißt es in der Sitzungsniederschrift: "Die Parteienvertreter erklären Rechtsmittelverzicht gegen diesen Beschluss" (Bl. 61 d.A.).

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben mit Schriftsatz vom 9.5.2011 beantragt, das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 2.5.2011 zu berichtigen und den Rechtsmittelverzicht zu streichen. Sie haben vorgetragen, keinen Rechtsmittelverzicht erklärt zu haben, und darauf aufmerksam gemacht, dass der Vermerk "laut diktiert, wieder vorgespielt und genehmigt" fehle. Den festgesetzten Streitwert haben sie als falsch gerügt. Nach ihrer Auffassung ist durch die Abgeltung aller Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Unfallversicherungsvertrag auch auf Ansprüche i.H.v. weiteren 60.000 EUR gemäß dem vorgerichtlichen Anwaltsschreiben vom...

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