Leitsatz (amtlich)

Bei einer Drogenfahrt kann nicht allein aus der nach der Tat gemessenen Wirkstoffkonzentration des Rauschmittels im Blut des Angeklagten auf seine Fahruntüchtigkeit. Vielmehr bedarf es außer einem positiven Blutwirkstoffbefund weiterer, für die fahrerische Leistungsfähigkeit aussagekräftiger Beweisanzeichen, d.h. solcher Tatsachen, die über die allgemeine Drogenwirkung hinaus den sicheren Schluss zulassen, dass der Angeklagte in der konkreten Verkehrssituation fahrunsicher gewesen ist.

 

Verfahrensgang

AG Saarlouis (Entscheidung vom 04.03.2010)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 4. März 2010 mit den diesem zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Saarlouis zurückverwiesen.

 

Gründe

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht Saarlouis den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr infolge drogenbedingter Fahruntüchtigkeit nach dem Genuss von Cannabis zu einer Geldstrafe von 40 Tagesätzen zu je 10,-- Euro verurteilt, ihm zugleich die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von vier Monaten angeordnet. Hierbei hat es hinsichtlich der Fahruntüchtigkeit - dies ergeben seine Ausführungen in einer Gesamtschau - ohne die Feststellung eines rauschbedingten Fahrfehlers auf den Wirkstoffbefund im Blut sowie den psycho-physischen Zustand des Angeklagten bei der Polizeikontrolle im unmittelbaren Anschluss an die Fahrt und eine von dem die Blutprobe entnehmenden Arzt festgestellte träge Reaktion der Pupillen des Angeklagten auf Lichteinfall abgestellt.

Im einzelnen hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Angeklagte am 13. Mai 2009 gegen 13.00 Uhr mit seinem PKW die Lothringer Straße in Wadgassen-Werbeln befahren habe, wo er einer allgemeinen Verkehrskontrolle durch die Zeugen A. und J. unterzogen worden sei. Bei der Kontrolle habe der Zeuge J. bei dem Angeklagten neben einem starken Marihuana-Geruch wässrig glänzende Augen, gerötete Bindehäute, einen schleppenden Gang, ein Schwanken im Stand sowie eine verwaschene Aussprache festgestellt. Zudem habe der Angeklagte verzögert reagiert, einen schläfrigen Eindruck hinterlassen und Konzentrationsstörungen aufgewiesen. Soweit der Zeuge J. darüber hinaus bei unter Mitwirkung des Angeklagten durchgeführten Tests eine nicht vorhandene Lichtreaktion der Augen des Angeklagten und ein Fingerkuppenzittern bei ausgestreckten Armen festgestellt hatte, hat das Amtsgericht diese Auffälligkeiten wegen eventuell nicht erfolgter Belehrung des Angeklagten über die Freiwilligkeit der Teilnahme an den Tests nicht zugrunde gelegt. Eine im Anschluss an die Kontrolle von einem Arzt mit Einverständnis des Angeklagten durchgeführte Pupillenlichtreaktionsüberprüfung habe ergeben, dass die Pupillen des Angeklagten träge reagierten. Die gerichtsmedizinische Auswertung der dem Angeklagten entnommenen Blutprobe habe eine Wirkstoffkonzentration von 0,001 mg/l Tetrahyclrecannabinol ergeben.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung der Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO beantragt

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete (Sprung-) Revision des Angeklagten führt bereits mit der Sachrüge zum Erfolg, weshalb es auf die Frage eines mit der Verfahrensrüge wegen Nichtbeachtung des Richtervorbehalts nach § 81 a Abs. 2 StPO geltend gemachten Beweisverwertungsverbotes nicht mehr ankommt.

Die Feststellungen des angefochtenen Urteils tragen eine Verurteilung des Revisionsführers wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 2 StGB nicht, da sie eine Fahruntüchtigkeit des Angeklagten infolge von Cannabiskonsurn nicht mit genügender Sicherheit belegen.

1.

Zutreffend ist das Amtsgericht zunächst davon ausgegangen, dass allein aus der nach der Tat gemessenen Wirkstoffkonzentration des Rauschmittels im Blut des Angeklagten mangels entsprechender wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht auf die Fahruntüchtigkeit geschlossen, also kein Grenzwert für eine so genannte "absolute" Fahruntüchtigkeit festgestellt, sondern der Nachweis der "relative‹ Fahruntüchtigkeit vielmehr nur aufgrund des konkreten rauschmittelbedingten Leistungsbildes des Angeklagten geführt werden kann (vgl. u.a. Fischer, StGB, 57, Aufl., § 316 Rn. 39; BGHSt 44, 219 ff.: Senatsbeschluss vom 11. März 2003- Ss 16103 (23/03) -, jeweils m.w.N.). Hierzu bedarf es außer dem - hier festgestellten - positiven Blut-Wirkstoffbefund weiterer, für die fahrerische Leistungsfähigkeit aussagekräftiger Beweisanzeichen (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Düsseldorf, JR 1999, 474; Senatsbeschluss vorn 11. März 2003 - Ss 16/03 (23/03) -), d.h. solcher Tatsachen, die über die allgemeine Drogenwirkung hinaus den sicheren Schluss zulassen, dass der Angeklagte in d...

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