Leitsatz (amtlich)

Anforderungen an die Anordnung von Ersatzzwangshaft.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 05.07.2011; Aktenzeichen 2 O 35/09)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des LG Saarbrücken (Haftbefehl) vom 5.7.2011 - 2 O 35/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Beschlusses wie folgt gefasst wird:

"Gegen die Schuldnerin wird zur Erzwingung der ihr in dem Teilanerkenntnisurteil des LG Saarbrücken vom 23.10.2009 - 2 O 35/09 - auferlegten Handlung, Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses des am 15.9.2008 verstorbenen Erblassers K.-H. B. durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses, welches folgende Punkte umfasst:

a. alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva),

b. alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden),

c. alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat,

d. alle unter den Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen (§§ 2050 BGB), die der Erblasser zu Lebzeiten seiner Abkömmlinge getätigt hat,

e. den Güterstand, in dem der Erblasser verheiratet gewesen ist,

Haftbefehl mit einer Haftdauer von drei Tagen erlassen."

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Schuldnerin.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 600 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Das LG Saarbrücken hat die Schuldnerin mit Teilanerkenntnisurteil vom 23.10.2009 (Bl. 36 d.A.) verurteilt, Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 15.9.2008 verstorbenen Erblassers K.-H. B. durch Vorlage eines - bezüglich seines Inhalts näher definierten - Bestandsverzeichnisses zu erteilen.

Auf Antrag des Gläubigers vom 1.2.2010 (Bl. 41 d.A.) hat das LG Saarbrücken mit Beschluss vom 12.3.2007 (Bl. 52 d.A.) gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld i.H.v. 600 EUR verhängt, ersatzweise je 200 EUR einen Tag Haft. Die hiergegen am 31.3.2010 eingelegte sofortige Beschwerde (Bl. 58 d.A.) hat der Senat durch Beschluss vom 16.7.2010 (Bl. 66 d.A.) zurückgewiesen. Ein Vollstreckungsversuch des Obergerichtsvollziehers R. zur Beitreibung des Zwangsgelds von 600 EUR war erfolglos (Vollstreckungsmitteilung des Gerichtsvollziehers vom 11.3.2011 nebst Vollstreckungsprotokoll, Bl. 76-80 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 17.3.2001 hat der Gläubiger den Erlass eines Haftbefehls gegen die Schuldnerin beantragt. Er hat auf den Zwangsgeldbeschluss vom 12.3.2010 mit der darin angeordneten Ersatzzwangshaft Bezug genommen (Bl. 75 d.A.). Die Schuldnerin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme, hiervon aber nicht Gebrauch gemacht (s. Bl. 81, 83 Rs. d.A.).

Am 5.7.2011 hat das LG Saarbrücken dem Antrag stattgegeben und "die Zwangshaft bis zur Dauer von 6 Monaten verhängt" (Bl. 85 d.A.).

Die Schuldnerin hat gegen den am 8.7.2011 zugestellten Beschluss am 21.7.2011 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 95 d.A.). Sie hat ihren Rechtsbehelf nicht begründet.

Das LG hat die Sache mit Nichtabhilfebeschluss vom 16.8.2011 (Bl. 98 d.A.) dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Der Rechtsbehelf der Schuldnerin ist als sofortige Beschwerde gegen den als Haftbefehl anzusehenden Beschluss des LG (s. S. 4 des Beschlusses, Bl. 87 d.A.) gem. § 793 ZPO statthaft (vgl. OLG Zweibrücken, JurBüro 2003, 494; OLG Koblenz, JurBüro 1990, 538 - für eine Haftanordnung gem. § 901 ZPO), aber im Wesentlichen unbegründet. Zu beanstanden ist lediglich, dass das LG die Haftdauer (unter Anordnung einer Höchstdauer von sechs Monaten) offen gelassen hat.

1. Der Haftbefehl als solcher wurde zu Recht erlassen.

Soweit die Formulierung des landgerichtlichen Beschlusses, es werde "die Zwangshaft bis zur Dauer von 6 Monaten verhängt" nicht recht deutlich macht, dass es sich hier nunmehr um die Vollstreckung der bereits zuvor im Beschluss vom 12.3.2010 (Bl. 52 d.A.) verhängten Ersatzzwangshaft handelt, wird dies im Tenor der hiesigen Beschwerdeentscheidung mit der Formulierung, es werde Haftbefehl erlassen, klargestellt (zum Erfordernis eines eigenständigen Haftbefehls nach der vorangegangenen Anordnung der [Ersatz-] Zwangshaft gem. § 888 ZPO Geißler, DGVZ 1988, 17, 21).

Die Schuldnerin hat keine Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des Haftbefehls vorgebracht. Solche sind - abgesehen von der Fragen der Haftdauer (dazu unten) - auch nicht ersichtlich.

a. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung sind erfüllt. Das der Vollstreckung zugrunde liegende Teilanerkenntnisurteil vom 23.10.2009 war der Schuldnerin am 27.10.2009 zugestellt, vollstreckbare Ausfertigung erteilt (Bl. 45, 45 Rs. d.A.). Dass der Auskunftsanspruch gem. § 888 ZPO zu vollstrecken war, wurde im Beschluss des Senats vom 16.7.2010 bereits ausgeführt.

b. Das LG durfte auf Antrag des Gläubigers einen Haftbefehl gem. § 888 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 901 ZPO erlassen.

Der Haftbefehl dient allein der Vollziehung eines Zwangsmittelbeschlusses, und seine Rechtmäßigkeit hängt grundsätzlich nur davon ab, dass ein solcher wirksam erlassen wurde, das Zwang...

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