Leitsatz (amtlich)

Mehraufwendungen des Unterhaltspflichtigen für betreutes Wohnen können jedenfalls ab Zuerkennung des Pflegegrades 2 als krankheitsbedingter Mehraufwand unterhaltsrechtlich anzuerkennen sein. Insoweit ist - bei hoher Lebensstellung (hier: Ruhegehalt aus Besoldungsgruppe B5) - auch die Anmietung einer Zwei-Zimmer-Wohnung eheangemessen.

Zur Zurechnung fiktiver Einkünfte wegen der Obliegenheit zur ganzjährigen Vermietung einer Ferienwohnung in einem gastronomisch herausragenden Umfeld (hier: Baiersbronn).

 

Verfahrensgang

AG Ottweiler/Saar (Aktenzeichen 12 F 244/17 UE)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss desAmtsgerichts - Familiengericht - in Ottweiler vom 7. Mai 2018 - 12 F 244/17 UE - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin für den Zeitraum September 2017 bis Januar 2019 einen Trennungsunterhaltsrückstand von insgesamt 25.763,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 175 EUR seit dem 5. September 2017 und aus weiteren 2.175 EUR seit dem 1. Oktober 2017 sowie ab Februar 2019 monatlich im Voraus einen Trennungsunterhalt von 573 EUR zu zahlen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zu 16 % und der Antragsgegner zu 84 %. Von den erstinstanzlichen Kosten fallen der Antragstellerin 29 % und dem Antragsgegner 71 % zur Last.

3. Der Beschluss ist sofort wirksam.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner, beide Deutsche, schlossen am 24. August 2000 miteinander die Ehe. Die Beteiligten haben den gemeinsamen, am 3. Februar 1996 geborenen Sohn M., der an der Universität des Saarlandes Betriebswirtschaft studiert und für den der Antragsgegner gemäß unstreitiger Vereinbarung einen - in Höhe von 1.000 EUR beziffert zzgl. der (unbezifferten) Krankenversicherung M.s durch Vergleich vom 24. Mai 2017 titulierten - Unterhalt von damals insgesamt 1.039,61 EUR monatlich zu zahlen hat. Die Beteiligten trennten sich am 25. Juni 2017 räumlich durch Auszug des Antragsgegners; dieser zog nach einem an diesem Tage endenden Klinikaufenthalt zunächst direkt zu seiner ältesten Tochter aus erster Ehe, während die Antragstellerin in der ehegemeinsamen, lastenfreien Eigentumswohnung ... pp., wohnen blieb, die imhälftigen Miteigentum der Beteiligten steht. Zum 1. Oktober 2017 verzog der Antragsgegner nach E. in eine andere Wohnung in der Nähe der Wohnung der Tochter. Am 1. August 2018 zog der Antragsgegner in betreutes Wohnen in eine Einrichtung der Gem. Heimbetriebsgesellschaft des ASB mbH um; seinen vorherigen Mietvertrag hatte er zuvor zum 31. August 2018 gekündigt. Er befindet sich dort derzeit in Tagespflege. In einem Pflegegutachten der Allianz Private Krankenversicherungs-AG vom 13. August 2018 wurde den Antragsgegner betreffend für die Zeit seit Juni 2018 der Pflegegrad 2 und - in deren weiterem Pflegegutachten vom 10. Dezember 2018 - rückwirkend ab August 2018 der Pflegegrad 3 festgestellt.

Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin einer lastenfreien Ferienwohnung in B., die sie mit einer Schenkung ihrer Mutter in Höhe von 180.000 EUR finanzierte und seitdem lediglich von den Beteiligten und ihren Familienmitgliedern genutzt wurde. Ferner hat sie seit 2007 den Nießbrauch an einer im Eigentum ihres Sohnes stehenden, fremdvermieteten Wohnung in S.

Das Scheidungsverfahren zwischen den Beteiligten ist seit dem 19. Mai 2018 beim Amtsgericht - Familiengericht - in Saarbrücken - 2 F 72/18 S - rechtshängig.

Im vor dem Amtsgericht - Familiengericht - in Ottweiler geführten Eilverfahren 12 F 249/17 EAUE wurde der Antragsgegner durch einstweilige Anordnung vom 4. Dezember 2017 verpflichtet, an die Antragstellerin ab November 2017 monatlich im Voraus zum Monatsersten Unterhalt von 2.199 EUR zu zahlen.

Die Beteiligten streiten zweitinstanzlich noch darum, ob und ggf. in welcher Höhe der Antragstellerin in der Zeit ab September 2017 gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf Trennungsunterhalt zusteht.

Die im Dezember 1956 geborene, heute 62 Jahre alte Antragstellerin hat im Jahre 1988 ein Studium der Rechtswissenschaft mit dem Hochschulgrad eines Lizentiaten des Rechts abgeschlossen, allerdings kein juristisches Staatsexamen abgelegt. In der Zeit vom 16. Juni bis 8. September 1988 war sie in der Anwaltskanzlei Dr. W. in K. als Mitarbeiterin in einem Konkursverfahren beschäftigt. Vom 16. August 1989 bis Ende 1990 war sie bei der ... pp. GmbH tätig, deren Geschäftsgegenstand Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Arbeitslose im Kulturbereich war. Vom 1. November 1990 bis 28. Februar 1994 hat sie - zunächst in Teil- und ab Januar 1993 in Vollzeit - im Präsidialbüro der Universität des S. gearbeitet. Vom 1. März 1994 bis zu ihrem am 28. Dezember 1995 begonnenen Mutterschutz war die Antragstellerin erneut in der Anwaltskanzlei Dr. W. mit Konkursverfahren befasst. Seitdem - somit auch durchgehend während der Ehe der Beteiligten - war...

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