Leitsatz (amtlich)
1. Einem Anwaltsvergleich kann Titelfunktion nur insoweit verliehen werden, als sich die Unterwerfung unter die sofortigen Zwangsvollstreckung auf den zu vollstreckenden Anspruch bezieht.
2. Die Verpflichtung zur Herausgabe der "entsprechenden Fahrzeugpapiere" in einem Anwalt vergleichen ist nicht hinreichend bestimmt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 06.01.2005; Aktenzeichen 6 O 165/04) |
Tenor
I. Das Verfahren der sofortigen Beschwerde wird dem Senat zur Entscheidung übertragen.
II. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 6.1.2005 - 6 O 165/04 - wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde trägt die Gläubigerin.
Gründe
I. Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem "Anwaltsvergleich", den die Parteien im Verlauf eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geschlossen haben. In diesem Verfahren hatte die Gläubigerin die Herausgabe einer Vielzahl von Baumaschinen und Kraftfahrzeugen - u.a. eines Tandemtiefladers mit der Fahrgestellnummer YY und dem amtlichen Kennzeichen XXX - beansprucht. In dem "Anwaltsvergleich" ist - u.a. - bestimmt
III. c) Die (Schuldnerin) verpflichtet sich, bis Freitag, den 16.4.2004, die Maschinen und Geräte, die im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Rechtsanwälte T. vom 13.4.2004 an die unter Ziff. 3 genannte (Gläubigerin) herauszugeben.
III d) cc) Sollten die jeweiligen monatlichen Raten nicht am 10. bzw. 20. des Monats dem Konto der Vermieterin/Verkäuferin gutgeschrieben worden sein, verpflichtet sich die Mietkäuferin, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dem Anwaltsvergleich zu unterwerfen, sollte sie sich mehr als zwei Tage in Verzug befinden.
III d) dd) 3. und 4. Absatz Die Übergabe der entsprechenden Fahrzeugpapiere hat voll umfänglich bis spätestens 2 Werktage nach Ende des jeweiligen Mietkaufvertrages zu erfolgen.
Für den Fall, dass es bei der Übergabe der Fahrzeugpapiere oder der Übertragung des Eigentums seitens der Vermieterin/Verkäuferin zu Verzögerungen von mehr als 2 Werktagen kommen sollte, verpflichtet sich diese, eine Vertragsstrafe i.H.v. einer Monatsrate je angefangenen Monat an die Mietkäuferin zu zahlen, bezogen auf das jeweils betroffene Fahrzeug/Gerät. Insoweit unterwirft sich die Vermieterin/Verkäuferin der sofortigen Zwangsvollstreckung.
Auf Antrag der Gläubigerin hat das LG diesen Anwaltsvergleich für vollstreckbar erklärt. Die Gläubigerin hat sodann beantragt, gegen die Schuldnerin wird wegen Nichtherausgabe des Kraftfahrzeugbriefes betreffend den Tandemtieflader Müller-Mittental, Fahrgestellnummer YY, amtliches Kennzeichen: XXX, gem. vollstreckbarem Anwaltsvergleich vom 23.4.2004 ein empfindliches Zwangsgeld, nicht unter 5.000 EUR, festgesetzt und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft.
Die Schuldnerin ist dem entgegengetreten; sie bestreitet, den Verpflichtungen aus dem geschlossenen Anwaltsvergleich nicht nachgekommen zu sein.
Das LG Saarbrücken hat durch den angefochtenen Beschluss den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Anwaltsvergleich benenne den im Antrag bezeichneten Tieflader in keiner Weise, auch sei eine Auslegung, die aus dem Inhalt des Titels selbst heraus erfolgen müsse, nicht möglich.
Dagegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer - rechtzeitig eingelegten - sofortigen Beschwerde, mit der sie vorträgt, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, auf den in dem Anwaltsvergleich Bezug genommen sei, benenne den herauszugebenden Tieflader hinreichend bestimmt.
II. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist nicht begründet. Das LG hat - allerdings nur im Ergebnis - den Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes und der Zwangshaft zu Recht zurückgewiesen.
1. Die Gläubigerin will einen Anspruch auf Herausgabe eines Kraftfahrzeugbriefs, den sie für tituliert hält, vollstrecken. Ein solcher Anspruch kann sich lediglich aus der Abrede III d) dd) Abs. 3 des "Anwaltsvergleichs" ergeben. Danach hat die Übergabe der "entsprechenden" Fahrzeugpapiere zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Beendigung des "jeweiligen" Mietkaufvertrages zu erfolgen. Ob dieser - wie immer inhaltlich zu bestimmende - Anspruch tituliert ist, ist zweifelhaft.
§ 796a Abs. 1 ZPO macht die Vollstreckbarerklärung eines von Rechtsanwälten abgeschlossenen Vergleichs von einer Unterwerfung des Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung abhängig. Unabhängig von der Frage, ob § 796a Abs. 1 ZPO verlangt, dass sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung in Bezug auf den gesamten Regelungsinhalt des Vergleichs unterworfen hat (Musielak/Voit, ZPO, 2. Aufl., § 796a Rz. 3) oder ob sie lediglich Ansprüche unterwerfungsfähig und -bedürftig sind, die im engeren Sinne vollstreckbar sind (Wolfsteiner in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 796a Rz. 31, 32), kann einem Anwaltsvergleich Titelfunktion jedenfalls nur insoweit verliehen werden, als sich die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung auf ...