Leitsatz (amtlich)

1. Zur Anwendung von § 621d ZPO in unterhaltsrechtlichen Familiensachen – hier: nach § 621 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.

2. Ob und in welcher Höhe dem unterhaltsrelevanten Einkommen ein fiktiver Steuervorteil aus dem so genannten begrenzten Realsplitting zuzurechnen ist, kann nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verständnisses sein.

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Urteil vom 08.01.2003; Aktenzeichen 40 F 707/01 UE)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 8.1.2003 verkündete Urteil des AG – FamG – in Saarbrücken – 40 F 707/01 UE – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der weiter gehenden Klage wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin über den freiwillig gezahlten Betrag von monatlich 326,95 Euro hinaus weiteren nachehelichen Unterhalt in folgender Höhe zu zahlen:

Insgesamt 670,90 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 13.9.2001 für die Zeit von Juni 2001 bis August 2001,

monatlich 255 Euro für die Zeit von September bis Dezember 2001,

monatlich 246 Euro für die Zeit von Januar 2002 bis Juli 2002,

monatlich 242 Euro für die Zeit von August bis Dezember 2002,

monatlich 240 Euro für die Zeit von Januar bis Juni 2003 und

monatlich 231 Euro für die Zeit ab Juli 203.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 33 % und der Beklagte 67 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 29 % und der Beklagte 71 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 27.10.1994 die Ehe geschlossen, aus der die am 17.3.1995 geborene Tochter M. hervorgegangen ist. M. lebt seit der Trennung der Parteien – spätestens im November 1995 – bei der Klägerin, die sie versorgt und betreut. Die Ehe der Parteien ist durch Urteil des AG – FamG – in Saarbrücken vom 11.12.1998 – 40 F 144/98 – seit diesem Tage rechtskräftig geschieden.

Die am 9.7.1958 geborene, 45 Jahre alte Klägerin war bei der Deutschen Post AG beschäftigt. Seit Ende März 2000 ist sie – nach ihrem vom Beklagten bestrittenen Vorbringen aus gesundheitlichen Gründen – im Ruhestand. Ihre monatlichen Versorgungsbezüge belaufen sich auf 2.586,73 DM. Hiervon entrichtet sie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. (348,60 DM + 30,01 DM =) 378,61 DM.

Der am 21.9.1953 in Erlangen geborene, 49 Jahre alte Beklagte war und ist ebenfalls bei der Deutschen Post in Saarbrücken (Besoldungsgruppe A 11) beschäftigt. Von seinem am 10.11.1995 verstorbenen Vater hat er ein Einfamilienhaus in Erlangen ererbt, aus dem er monatliche Mieteinnahmen i.H.v. (1.200 DM =) 613,55 Euro erzielt hat. Das Anwesen hat er im Juli 2003 verkauft und zum 1.8.2003 übergeben. Sein durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen zzgl. versteuerter Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hat das FamG mit insgesamt 5.820,27 DM festgestellt. Der Beklagte zahlt an die Klägerin monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. (576 DM =) 294,50 Euro. An nachehelichem Unterhalt hat er freiwillig (639,45 DM =) 326,95 Euro gezahlt. Seit März 2003 hat er diese Zahlungen eingestellt bzw. entsprechende Beträge hinterlegt.

Mit ihrer im Dezember 2001 eingegangenen Klage hat die Klägerin den Beklagten auf „rückständigen” nachehelichen Unterhalt für die Monate Juni bis August 2001 i.H.v. (1.926,24 DM =) 984,87 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 1 DÜG seit dem 13.9.2001 sowie monatlich laufend – über freiwillig gezahlte (639,45 DM =) 326,95 Euro hinaus – auf weitere (706,08 DM =) 361,01 Euro ab September 2001 in Anspruch genommen. Der Beklagte hat erstinstanzlich auf Klageabweisung angetragen.

Durch das angefochtene – durch Beschluss vom 10.4.2003 – 40 F 707/01 UE – im Tatbestand berichtigte – Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das FamG den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. insgesamt 924,29 Euro nebst Zinsen für die Monate Juni bis August 2001 sowie monatlich über die freiwillig gezahlten 326,95 Euro hinaus weiterer 340,67 Euro ab September 2001 verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage, hilfsweise eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts gem. § 1579 Nr. 7 BGB.

Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II. Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Die Berufungsangriffe können dem Rechtsmittel in der Sache aber nur zu einem Teilerfolg verhelfen.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten – wie das FamG zu Recht angenommen hat – dem Grunde nach einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt aus § 1570 BGB, weil aufgrund der Pflege und Erziehung des gemeinschaftlichen Kindes im Alter von derzeit acht Jahren eine Erwerbstätigkeit bis auf Weiteres nicht von ihr erwartet werden kann. Die fehlende Schlüssigkeit der Klage rügt der Beklagte auch in der Berufungsinstanz ohne Erfolg, weil es für diesen Unterhaltstatbestand weder einer Darlegung der Bedürftigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt der Scheidung noch der konk...

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