Leitsatz (amtlich)
Kann ein selbständiger Apotheker verletzungsbedingt nur halbtags in seiner Apotheke anwesend sein, ist der Schädiger zum Ausgleich des Schadens verpflichtet, der durch die halbtägige Einstellung eines Aushilfsapothekers entstanden ist. Die Höhe des zu ersetzenden Schadens besteht jedenfalls dann in den für die Ersatzkraft gezahlten Lohnkosten, wenn durch die Einstellung der Ersatzkraft keine Gewinnsteigerung erzielt worden ist.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 07.05.1997; Aktenzeichen 9 O 221/95) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter entsprechender Abänderung des am 07.05.1997 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - Az. 9 O 221/95 - verurteilt, an die Klägerin zusätzlich zu dem vom Landgericht zuerkannten Betrag von 89.857,81 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19.06.1995 weitere 12.048,45 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 13.09.1997 zu zahlen.
II. Im Übrigen werden die Erstberufung der Klägerin und die Zweitberufung der Beklagten zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 53 % und der Beklagten zu 47 % auferlegt.
IV. Die Beschwer der Klägerin durch dieses Urteil beträgt 114.309,08 DM, die der Beklagten 101.081,26 DM.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abwenden, falls nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Gegenstand der Klage sind Ansprüche der Klägerin wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls, der sich am 11.06.1993 kurz vor 24.00 Uhr (Bl. 259 d.A.) zwischen Waldmohr und Homburg ereignete, als der Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs infolge alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit und nicht angepasster Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor, auf die Gegenfahrbahn geriet und dort mit dem entgegenkommenden Fahrzeug der Klägerin frontal zusammenstieß. Dass der Versicherungsnehmer der Beklagten den Unfall allein verschuldet hat und dass die Beklagte deshalb dem Grunde nach zum vollen Schadensausgleich verpflichtet ist, ist zwischen den Parteien unstreitig (Bl. 13 d.A.). Streit besteht allein über die Höhe der geltend gemachten Ansprüche.
Bei dem Unfall wurde die damals 42 Jahre alte Klägerin, die selbständige Apothekerin in Waldmohr ist, schwer verletzt. Sie erlitt eine Vielzahl von Knochenbrüchen, ein stumpfes Bauchtrauma mit Zwerchfellruptur, eine dreifache Dünndarmruptur, ein stumpfes Thoraxtrauma sowie verschiedene Riss- und Quetschwunden. Sie musste zweimal operiert werden und befand sich 18 Tage lang in intensivmedizinischer Behandlung. Am 16.07.1993 wurde sie aus stationärer Behandlung entlassen. Am 01.10.1993 hat sie die Arbeit in ihrer Apotheke wieder aufgenommen (Bl. 7 d.A.). Wegen der weiteren Einzelheiten der Verletzungen, der Behandlung sowie des Heilungsverlaufs wird auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Mu vom 10.01.1997 Bezug genommen (Bl. 97 ff, 100, 101 d.A.).
Die Klägerin hat geltend gemacht, unfallbedingt in ihrer Haushaltsführung eingeschränkt gewesen zu sein. Unter Verrechnung von Leistungen der Beklagten hat sie für die Zeit bis Juni 1995 die Zahlung restlicher 6.169,47 DM verlangt (Bl. 3 f d.A.). Ferner hat sie Lohnkosten für die Zeit vom 01.10.1993 bis zum 30.06.1995 in Höhe von 89.032,81 DM eingeklagt. Diesen Schaden hat sie damit begründet, dass sie auf Grund der unfallbedingten Verletzungen einige Arbeiten nicht mehr habe ausführen können und deshalb einen Apotheker (nämlich Dr. Bi) halbtags habe einstellen müssen, an den sie die genannten Beträge gezahlt habe (Bl. 4 ff d.A.). Ferner hat sie die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes abzüglich von der Beklagten bereits gezahlter 60.000,- DM begehrt. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass angesichts der Schwere der ihr zugefügten Verletzungen, der noch bestehenden Unfallfolgen (insbesondere der Minderung der Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes von 1/5 und des linken Beins von 1/10, immer wiederkehrender Parästhesien, funktioneller Verdauungsstörungen und Operationsnarbe) ein Schmerzensgeld von mindestens 80.000,- DM gerechtfertigt sei (Bl. 6 ff d.A.). Schließlich hat sie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des immateriellen Zukunftsschadens begehrt.
Die Klägerin hat beantragt (Bl. 2, 74, 134 d.A.),
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
a) 95.202,28 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit
b) und ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 80.000,- DM abzüglich vorgerichtlich gezahlter 60.000,- DM, nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen aus der Unfallverletzung vom 11.06.1993 resultierenden immateriellen Zukunftsschaden zu erstatten.
Die Bek...