Leitsatz (amtlich)

1. Der auf Grund der Trunkenheitsklausel (D. 2.1 AKB 2008) gegenüber seinem Versicherungsnehmer zur Leistungskürzung auf null berechtigte Versicherer wird gegenüber dem Geschädigten, soweit das Verweisungsprivileg des § 117 Abs. 3 Satz 2 VVG eingreift, in Höhe des für diesen Fall vorgesehenen Betrages (D. 3.1, D. 3.3 AKB 2008), höchstens 5.000 EUR (§ 5 Abs. 3 Satz 1 KfzPflVV), leistungsfrei.

2. Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Geschädigten ist bei teilweiser Leistungsfreiheit des Versicherers und Ausübung des Verweisungsprivilegs nach Beauftragung des Rechtsanwalts nicht um den Betrag zu kürzen, in dessen Höhe der Versicherer leistungsfrei ist.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 21.12.2011; Aktenzeichen 5 O 12/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 21.12.2011 (Aktenzeichen 5 O 12/11) teilweise abgeändert und in Bezug auf die Beklagte zu 2 wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 2 wird als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 1 verurteilt, an den Kläger 5.935,27 EUR und weitere 837,52 EUR, jeweils nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.1.2011, zu zahlen. Die weiter gehende Klage gegen die Beklagte zu 2 wird abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte zu 1 hat die Kosten seiner Säumnis zu tragen. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz werden dem Kläger zu 23 v.H., den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 54 v.H. und dem Beklagten zu 1 zu weiteren 23 v.H. auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 erster Instanz werden dem Kläger zu 46 v.H. auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 2 zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten zu 1 als Fahrer und Halter und die Beklagte zu 2 als Haftpflichtversicherer eines unfallbeteiligten Fahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte zu 1 hatte am 30.11.2010 nach 12 Uhr in einer Tankstelle bei der Zeugin M. nacheinander drei Flaschen Wodka gekauft und ausgetrunken. Sodann befuhr er bei einem Blutalkoholgehalt von mindestens 2,45 Promille mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten BMW mit dem amtlichen Kennzeichen gegen 13 Uhr die in Richtung. Er überquerte die Gegenfahrbahn, fuhr in die Hofeinfahrt zwischen den Hausanwesen und stieß gegen den dort abgestellten Pkw Renault Laguna des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen. Nach dem Aufprall setzte der Beklagte zu 1 aus der Hofeinfahrt heraus über beide Fahrbahnen der zurück und stieß mit dem Heck seines Pkw gegen die Hauswand des Anwesens. Anschließend verhielt er sich gegenüber den Zeugen und, die ihm Erste Hilfe leisten wollten, sowohl verbal als auch körperlich in erheblichem Maße aggressiv. Durch den Aufprall des Beklagten zu 1 entstand dem Kläger ein Schaden i.H.v. insgesamt 10.935,27 EUR. Der Kläger hat die für seinen Pkw im Unfallzeitpunkt bei der bestehende Vollkaskoversicherung nicht in Anspruch genommen. Die Beklagte zu 2 wies die Schadensersatzforderung des Klägers durch Schreiben vom 19.1.2011 als rechtlich unbegründet zurück und verwies ihn an den Schadensverursacher. Der Beklagte zu 1 ist auf Grund des Schadenereignisses vom 30.11.2010 durch Urteil des AG Neunkirchen vom 12.7.2011 (Aktenzeichen 11 Gs 66 Js 496/11 (164/11), Beiakten Bl. 157 ff.) wegen vorsätzlichen Vollrauschs strafrechtlich verurteilt worden. In den dortigen Urteilsgründen wird ausgeführt, er habe sein Fahrzeug mit augenscheinlich überhöhter Geschwindigkeit und in suizidaler Absicht in die Hofeinfahrt gelenkt und sei ungebremst gegen den dort geparkten Pkw des Klägers gestoßen. Den Schaden an dem Hausanwesen hat die Beklagte zu 2 ausgeglichen.

Der Kläger hat die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Ersatz des ihm entstandenen Sachschadens i.H.v. 10.935,27 EUR und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 837,52 EUR in Anspruch genommen. Hinsichtlich der einzelnen Positionen wird auf die Klageschrift verwiesen (Bl. 3 bis 5 d.A.). Er hat bestritten, dass ein Suizidversuch des Beklagten zu 1 vorgelegen habe. Dieser sei vielmehr vollkommen betrunken und deswegen nicht mehr in der Lage gewesen, das Fahrzeug zu führen.

Der Beklagte zu 1 ist im schriftlichen Vorverfahren durch Teilversäumnisurteil vom 6.6.2011 - gegebenenfalls als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 2 - verurteilt worden, an den Kläger 10.935,27 EUR und weitere 837,52 EUR, jeweils nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.1.2011, zu zahlen (Bl. 47 f. d.A.). Gegen das ihm am 11.6.2011 zugestellte Teilversäumnisurteil hat der Beklagte zu 1 am 22.6.2011 Einspruch eingelegt (Bl. 56 d.A.).

Der Kläger hat beantragt, das Teilversäumnisurteil aufrechterhalten und die Beklagte zu 2 als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 1 zu verurteilen...

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