Leitsatz (amtlich)

1. Die Äußerung, jemand vertrete rechtsradikale Positionen ist keine dem Beweis zugängliche Meinungsäußerung.

2. In der Abwägung zwischen dem Schutz der Meinungsfreiheit und dem Schutz des Persönlichkeitsrechts fällt zu Lasten des Letzten ins Gewicht, wenn sich eine nachteilige Bewertung auf feststehende Anknüpfungstatsachen stützen kann.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 24.10.2013; Aktenzeichen 15 O 164/13)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 24.10.2013 verkündete Urteil des LG Saarbrücken, Az.: 15 O 164/13, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, Bundesvorsitzender der im Wesentlichen in Berlin und Brandenburg auftretenden Organisation Freie Wähler Deutschland (FWD), verlangt von dem Beklagten Unterlassung ehrverletzender Äußerungen und Zahlung von Schmerzensgeld.

Der Beklagte war Landesvorsitzender des Landesverbandes "Freie Wähler Saarland" und Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 25.3.2012. Er war außerdem Justiziar der "FREIE WÄHLER Bundesvereinigung", welcher der Landesverband angehört. Zwischen der Bundesvereinigung und dem "Freie Wähler Brandenburg e.V.", dessen Vorsitzender der Kläger seinerzeit war, wurde ein Rechtsstreit geführt, in welchem festgestellt wurde, dass der Brandenburger Verein nicht Mitglied der Bundesvereinigung ist. Über diesen Rechtsstreit wurde in der Presse berichtet, so etwa von der taz am 7.4.2009 unter der Schlagzeile: "Freie Wähler werfen Rechte raus - Brauner Rand wird abgefeilt" (Bl. 25 d.A.). In dem Bericht heißt es u.a. ausdrücklich:

"Am Wochenende haben G. [der Bundesvorstand] und sein Vorstand zwei Landesverbände aus dem Bundesverband hinausgeschmissen. In Bremen und Brandenburg hatten ehemalige Aktivisten der rechten Schill-Partei versucht, die Freie Wähler zu unterwandern. 'Der Ausschluss war die einzige Lösung', sagt G. Zu groß war das PR-Desaster für die seit ihrem Einzug in den bayerischen Landtag kraftstrotzende Bürgerbewegung. Es war auch eine perfekte Vorlage für die CSU. Generalsekretär Alexander Dobrindt erklärte die Freien Wähler eilig zum 'Sammelbecker für Rechtspopulisten'... In Brandenburg ist man wütend über den Ausschluss. 'Ich weiß nicht, wo der Rechtsradikalismusvorwurf herkommt', sagte Landeschef H. J. M. Nur ein Vorstandsmitglied sei bei der Schill-Partei gewesen. Er selbst stehe zwar im Autorenverzeichnis der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit, habe aber der Zeitung nur einmal ein Interview gegeben ..."

Der Beklagte wandte sich als Landesvorsitzender der FREIE WÄHLER Saarland mit einem Schreiben vom 4.3.2012 (Bl. 4 d.A.) an den Vorstand des Presseclubs Saarbrücken, Saarländischer Journalistenverband e.V., welches auf eine Einladung des A. L. vom 2.3.2012 zu einer Pressekonferenz in den Räumlichkeiten des Presseclubs Bezug nahm. In diesem Schreiben verwies der Kläger darauf, die - im Rechtsstreit allerdings nicht vorgelegte - Einladung beinhalte eine "Ansammlung von Fehlaussagen, Beleidigungen und Diskreditierungen" des "Freundeskreises" um A. L., welcher "durch Gründung einer Parallelvereinigung mit gleichem Namen (Freie Wähler Saarland)" versucht habe, das Namensrecht der FREIE WÄHLER Saarland zu "unterlaufen", und legte dem Vorstand des Presseclubs nahe, die Überlassung der Räumlichkeiten des Presseclubs für diese Veranstaltung zu überdenken. In dem Schreiben vom 4.3.2012 heißt es u.a. wörtlich:

"Abschließend ist zu erwähnen, dass sich B. S. und der "Freundeskreis" um A. L. mit dem bundesweit unter der Bezeichnung Freie Wähler Deutschland agierenden H.-J. M. zusammen getan haben. Dieser ist aufgrund seiner rechtsnationalen Positionen nicht als Mitglied beim Verbändeverband Freie Wähler Deutschland e.V. aufgenommen worden. Seine vormalige Mitgliedschaft in der Partei FREIE WÄHLER, über die 2009 vorschnell entschieden wurde, ist erloschen. Die rechtsradikalen Positionen von Herrn H.-J. M. haben der Partei FREIE WÄHLER bei der Europawahl durch entsprechende Negativberichterstattung mit dem Vorwurf rechtsradikaler Tendenzen deutlich geschadet."

Die Abgabe einer von dem Kläger vorgerichtlich verlangten Unterlassungserklärung sowie einer "Gegendarstellung unter entschuldigender Richtigstellung der Ausführungen in dem Schriftsatz vom 4.3.2012 - mit ausdrücklicher Distanzierung der Person des Gläubigers von rechtsnationalen- und rechtsradikalen Tendenzen" (Bl. 8 d.A.) lehnte der Beklagte ab.

Im vorliegenden Klageverfahren hat der Kläger zunächst begehrt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, "im geschäftlichen und öffentlichen Leben - und Verkehr die Person des Klägers mit rechtsnationalen und rechtsradikalen politischen Tendenzen und Positionen in Verbindung zu bringen - noch diese a...

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