Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung eines Wasserversorgungsvertrages wegen unverhältnismäßig langer Versorgungsleitung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine auf eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 1 AVBWasserV gestützte ordentliche Kündigung des Wasserversorgungsvertrages ist jedenfalls dann unwirksam, wenn der Kanal von dem vorletzten Abzweig bis zu dem letzten angeschlossenen Grundstück über öffentlichen Grund und Boden geführt wird.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 13.09.2007; Aktenzeichen 12 O 291/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.9.2007 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 12 O 291/06 - dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin, die als örtliches Frischwasserunternehmen die Bürger der Stadt [Ort], somit auch die Beklagten, mit Frischwasser versorgt, begehrt die Feststellung, dass sie aufgrund wirksamer Vertragskündigung nicht mehr verpflichtet ist, das Beklagtenanwesen mit Frischwasser zu beliefern.

Die Beklagten sind seit 1975 Eigentümer des mitten in einem Waldstück gelegenen Anwesens [Straße, Nr.] in [Ort] und beziehen seitdem von der Klägerin ihr Frischwasser. Das Anwesen wird - ausgehend von dem ggü. dem sog. Holzhauerhaus im Jahre 2005 von der Klägerin auf eigene Kosten errichteten Wasserzählerschacht - über eine circa 160.m lange Hausanschlussleitung versorgt (Skizze Bl. 50 Rs.).

Mit Anwaltsschreiben vom 18.2.2006 (Bl. 6 ff.) verlangte die Klägerin unter Hinweis auf eine sonst mögliche Kündigung von den Beklagten entsprechend § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV die Übernahme des Wasserzählerschachts und der anschließenden Hausanschlussleitung zu Eigentum. Mangels Einverständniserklärung der Beklagten kündigte sie mit Schreiben vom 1.6.2006 den Wasserlieferungsvertrag zum 31.7.2006, wobei sie darauf hinwies, dass sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung die Wasserversorgung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aufrechterhalten werde.

Durch das angefochtene Urteil (Bl. 73 ff.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG entsprechend dem Antrag der Klägerin festgestellt, dass diese seit dem 1.8.2006 nicht mehr verpflichtet ist, das Anwesen der Beklagten mit Frischwasser zu beliefern. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Feststellungsklage sei zulässig. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der wirksamen Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den Beklagten. Auf eine mögliche Inanspruchnahme durch die Beklagten nach Einstellung der Wasserlieferung müsse sie sich nicht verweisen lassen. Die Kündigung des Wasserversorgungsvertrages sei gem. § 32 Abs. 1 AVBWasserV wirksam. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen der Daseinsvorsorge handele, das eine Monopolstellung inne habe und das infolgedessen eine Abschluss- und Versorgungspflicht treffe, sei zwar ein wichtiger Kündigungsgrund erforderlich. Ein solcher sei jedoch gegeben. Der Anschluss sei der Klägerin nämlich wirtschaftlich nicht zumutbar, da die Hausanschlussleitung der Beklagten mit einer Länge von circa 160.m weit über die durchschnittliche Hausanschlusslänge aller im Versorgungsgebiet der Klägerin erstellten Wasseranschlüsse von 13,301.m hinausgehe. Da die Entgeltgestaltung regelmäßig nur auf eine durchschnittliche Anschlusslänge abstelle, könne der Klägerin die Übernahme der Kosten für die Unterhaltung einer weit längeren Hausanschlussleitung nicht zugemutet werden. Da die Beklagten nicht bereit gewesen seien, diese wirtschaftliche Unzumutbarkeit durch Vertragsanpassung auszuräumen, sei die Klägerin zur Kündigung berechtigt gewesen. Der seitens der Beklagten erhobene Einwand der Verwirkung greife im Hinblick auf die §§ 37, 32 AVBWasserV, aus denen sich ergebe, dass das Versorgungsunternehmen zeitlich uneingeschränkt die Möglichkeit haben solle, die Verträge der wirtschaftlichen Lage anzupassen, nicht.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Die Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Die Klägerin sei aufgrund ihrer Monopolstellung nicht zur Kündigung berechtigt gewesen. Dem Umstand der "überlangen Versorgungsleitung" hätte sie dadurch Rechnung tragen können, dass sie eine entsprechende nachvollziehbare Zahlungsaufforderung oder später eine Zahlungsklage gegen die Beklagten erhoben hätte. Im Hinblick darauf, dass eine Zahlungsklage möglich sei, fehle der Feststellungsklage das besondere Feststellungsinteresse.

Die Klägerin als Monopolunternehmen sei nicht berechtigt, außerhalb der Voraussetzungen des § 33 AVBWasserV die Versorgung mit Frischwasser einzustellen. Soweit § 32 AVBWasserV eine Kündigungsmöglichkeit des Wasserversorgungsvertrages vorsehe, sei dieser erkennbar auf die ...

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