Leitsatz (amtlich)
Zur Störung der Geschäftsgrundlage eines zum Zwecke der Errichtung einer Photovoltaikanlage geschlossenen Pachtvertrages über ehemaliges Ackerland infolge des Wegfalls der - durch die Anordnung einer Vergütungspflicht der Netzbetreiber bewirkten - Förderung von Photovoltaikanlagen auf solchen Flächen durch das Erste Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 11.8.2010.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 26.09.2011; Aktenzeichen 6 O 50/11) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26.9.2011 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 6 O 50/11 - teilweise abgeändert: Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin gegen das am 26.9.2011 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 6 O 50/11 - wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Pachtzins in Anspruch. Die Parteien streiten insbesondere darum, ob die Geschäftsgrundlage des zwischen ihnen geschlossenen Pachtvertrags infolge einer nachträglichen Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) entfallen ist.
Die Beklagte ist ein auf die Errichtung und den Betrieb von Photovoltaikanlagen spezialisiertes Unternehmen. Die Klägerin ist Eigentümerin von Grundstücken in der Gemarkung. Mit Pacht- und Gestattungsvertrag vom 23.2.2010 (GA 7 ff.) gestattete die Klägerin der Beklagten die Nutzung dieser landwirtschaftlichen Fläche zur Errichtung und zum Betrieb einer Photovoltaikanlage. Nach § 1 Ziffer 6. des Vertrags wird der von der Anlage erzeugte elektrische Strom in das öffentliche Stromnetz entsprechend den Vorschriften und Richtlinien nach dem EEG eingespeist. Als Gegenleistung für die Nutzung ist ein an die Klägerin ab Baugenehmigung zu zahlendes anfängliches jährliches Entgelt in Höhe von 17.300,-- EUR pro Jahr für die Gesamtfläche vereinbart, wobei das Jahr der Baugenehmigung anteilig berechnet wird und die erstmalige Zahlung acht Wochen nach Baugenehmigung, die weiteren Zahlungen jeweils zum 31. Januar des laufenden Kalenderjahres fällig sind (§ 3 Ziffer 1. des Vertrags). Nach § 7 Ziffer 3. des auf die Dauer von 24 Jahren fest abgeschlossenen Vertrags ist die Beklagte berechtigt, den Vertrag außerordentlich aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn ihr der Betrieb der Photovoltaikanlage in der dem Vertrag zugrunde gelegten Form durch gesetzliche, gerichtliche oder behördliche Auflagen oder Änderungen rechtlich oder wirtschaftlich unzumutbar wird.
Das EEG in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung vom 25.10.2008 (nachfolgend: EEG 2009) sah eine Förderung von Photovoltaikanlagen auf ehemaligen Ackerflächen durch Anordnung einer Vergütungspflicht für Netzbetreiber in Höhe von 31,94 Cent pro Kilowattstunde vor, wenn die Anlage im Geltungsbereich eines nach dem 1. September 2003 aufgestellten oder geänderten Bebauungsplans errichtet worden ist (§ 16 Abs. 1, § 32 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 EEG in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung). Am 23.2.2010 einigte sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung auf den künftigen Wegfall dieser Einspeisevergütung. Am 23.3.2010 brachten die Regierungsfraktionen einen Gesetzentwurf zur Änderung des EEG in den Deutschen Bundestag ein, wonach § 32 Abs. 3 EEG dahin geändert werden sollte, dass die Vergütungspflicht für Photovoltaikanlagen auf Ackerflächen nur noch besteht, wenn sich die Fläche innerhalb eines vor dem 1.1.2010 zum Zwecke der Errichtung der Photovoltaikanlage beschlossenen Bebauungsplans befindet und die Anlage vor dem 1.1.2011 in Betrieb genommen wird (BT-Drucks. 17/1147). Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wurde am 11.8.2010 eine entsprechende Gesetzesänderung verabschiedet und am 17.8.2010 im Bundesgesetzblatt verkündet, wobei allerdings der Zeitpunkt, bis zu dem der Bebauungsplan beschlossen worden sein musste, auf den 25.3.2010 verschoben wurde. Die Gemeinde hatte den die in Rede stehenden Grundstücke betreffenden Bebauungsplan am 30.6.2010 beschlossen.
Folge des Wegfalls der Förderung ist, dass die Beklagte den Solarstrom nunmehr zum marktüblichen Preis von derzeit unter 5 Cent pro Kilowattstunde verkaufen müsste, die von ihr geplante Finanzierung des Vorhabens "insgesamt geplatzt" ist, es ihr nicht möglich sein wird, die Photovoltaikanlage zu errichten und sie daher auch nicht die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Photovoltaikanlage auf den Grundstücken der Klägerin beantragt hat. Nachdem die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 11.11.2010 (GA 12) zur Zahlung anteiligen Nutzungsentgeltes aufgefordert hatte, hat die Beklagte mit Schreiben vom 20.12.2010 (GA 11) gegenüber der Klägerin den Pachtvertrag mit sofortiger Wirkung gekündigt.
Die Klägerin hat die Kündigung des Pachtvertrags für unwirksam gehalten und behauptet, die Produktion von Solarstrom lohne sich auf Ackerflächen auch nach Wegfall der Förd...