PV-Anlagen auf Gewerbedächern: Rechtliche Hürden
Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht dann eine installierte Leistung aus Photovoltaik (PV) von 215 Gigawatt (GW) vor. Das bedeutet: Der jährliche PV-Ausbau von etwa sieben GW im Jahr 2022 muss auf 22 GW verdreifacht werden. Ist das zu schaffen?
Es heißt, Solarstrom vom Hallendach hätte das Potenzial von 36 Atomkraftwerken. Derzeit sind aber nur zirka zehn Prozent der grundsätzlich geeigneten Dachflächen großer Gewerbeimmobilien bereits mit einer PV-Anlage ausgestattet.
Photovoltaik: Technische Eignung der Gewerbeimmobilie
Würden auf Dächern von Industrie- und Logistikimmobilien sogenannte Aufdachanlagen installiert werden, könnten etwa 36 GW Strom produziert werden. Große Unternehmen prüfen derzeit, ob ihre Dächer für die Ausstattung geeignet sind. Nach derzeitiger Einschätzung im Markt dürften ungefähr 80 Prozent dieser Dächer zumindest technisch in der Lage sein, eine Photovoltaikanlage zu tragen.
Eigentümer sollten außerdem die baurechtlichen, gesellschaftsrechtlichen, energierechtlichen, grundstücksrechtlichen, mietrechtlichen und steuerrechtlichen Verhältnisse und die Bedürfnisse finanzierender Banken frühzeitig prüfen. Erscheint es auf den ersten Blick unproblematisch, das großflächige Dach zu nutzen und eine PV-Anlage zu bauen, um Strom zu produzieren, ergeben sich beim genaueren Hinschauen Hinschauen – neben steuer- und gesellschaftsrechtlichen Punkten – viele Fragen, die vorab geklärt werden müssen.
Energierechtliche Pflichten: Wahl des Betreibermodells
Damit die PV-Anlage wirtschaftlich betrieben werden kann, sollte das passende Betreibermodell gewählt werden. Welches Modell geeignet ist (Kombinationen sind möglich), hängt von den örtlichen Gegebenheiten und den individuellen Bedürfnissen ab. Mit der Wahl des Betreibermodells sind zudem verschiedene energierechtliche Pflichten verbunden.
Wenn ein Eigentümer oder Gewerbetreibender, der zusätzlich die PV-Anlage betreibt, den damit erzeugten Strom vor Ort selbst verbrauchen kann, ist in der Regel das Eigenverbrauchsmodell die ökonomischste Variante. Da der tagsüber erzeugte Strom direkt in den Betrieb fließt und für den Strom nur die Stromgestehungskosten anfallen (keine Netzentgelte, Steuern, Abgaben), werden Kosten gespart.
Produziert die Anlage mehr Strom als benötigt, können entweder Dritte mit diesem Strom versorgt werden oder der überschüssige Strom kann in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist werden. Produziert die Anlage weniger Strom als benötigt, wird der Reststrom über den Energieversorger bezogen. Dieses Modell setzt nicht zwingend voraus, dass der Anlagenbetreiber, hier der Gewerbebetreibende, auch Eigentümer der jeweiligen Photovoltaikanlage ist. Eine Eigenversorgung kann auch durch Miete oder Pacht der Anlage realisiert werden.
Volleinspeisung, Mieterstrom, gemeinschaftliche Gebäudeversorgung
Kann der Eigentümer beziehungsweise Gewerbetreibende, der auch die PV-Anlage betreibt, den erzeugten Strom nicht selbst verbrauchen, weil er beispielsweise das Gebäude, auf dessen Dach die PV-Anlage installiert ist, vermietet, kommt eine Volleinspeisung oder Mieterstrom / gemeinschaftliche Gebäudeversorgung in Betracht.
Die liegt vor, wenn der Anlagenbetreiber den erzeugten Strom vollständig ins Netz der allgemeinen Versorgung einspeist. Für den eingespeisten Strom erhält er eine finanzielle Förderung nach dem EEG (Einspeisevergütung, Marktprämie, sonstige Direktvermarktung). Höhe und Form der Förderung hängen von der Anlagengröße ab.
Beim Mieterstrommodell und bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung verkauft der Eigentümer / Gewerbetreibende den in der PV-Anlage erzeugten Strom an andere Verbraucher im Gebäude, etwa an Mieter. Dazu wird ein Stromliefervertrag oder ein Gebäudestromliefervertrag abgeschlossen. Auch hier entfallen die Netzentgelte und Abgaben. Je nach Größe der Anlage sind Einsparungen bei der Stromsteuer denkbar. Zudem wäre die Inanspruchnahme eines Mieterstromzuschlags möglich, allerdings nicht bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung.
Solarpaket I: Was ist an EEG-Anforderungen zu beachten?
Auch wenn das Solarpaket I, das im Mai 2024 in Kraft getreten ist, einige wichtige Erleichterungen gebracht hat, sind der bürokratische Aufwand und die energierechtlichen Pflichten für den Anlagenbetreiber, gerade wenn Dritte den erzeugten Strom verbrauchen, nach wie vor hoch. So sind zum Beispiel technische und regulatorische Anforderungen aus dem EEG (aber unter anderem auch MessEG, EnWG, MsbG, StromStG zu beachten), etwa:
- im Hinblick auf die messtechnische Ausstattung,
- die Registrierung im Marktstammdatenregister ist erforderlich,
- es bestehen Mitwirkungs- und Meldepflichten gegenüber dem Netzbetreiber,
- unter Umständen ist ein Direktvermarktungsvertrag abzuschließen,
- eine Anmeldung beim Hauptzollamt als Versorger ist möglicherweise erforderlich,
- eine Erlaubnis zur steuerfreien Entnahme ist gegebenenfalls einzuholen oder
- unter Umständen sind Anforderungen aus dem Energiewirtschaftsgesetz zu Rechnungsstellungen und Vertragsgestaltung zu beachten.
Solarstrom vom Hallendach: Einnahmen aus Verpachtung
Bei fehlenden zeitlichen, personellen und fachlichen Ressourcen kann deshalb auch das Contractingmodell für den Eigentümer beziehungsweise Gewerbetreibenden attraktiv sein.
Dabei übernimmt ein Dienstleister die Planung, Installation, Investition und den Betrieb der PV-Anlage. Zwischen dem Dienstleister und dem Eigentümer wird dann ein Stromliefervertrag mit vertraglich garantierten Energiepreisen für einen bestimmten Zeitraum geschlossen. Dieses Modell kann jedoch im Vergleich weniger rentabel sein. Für den Fall, dass das Objekt vermietet ist oder vermietet werden soll, muss rechtzeitig geprüft werden, ob ein Kopplungsverbot gilt.
Schließlich kann der Eigentümer als einfachste Möglichkeit auch nur das Dach an einen Dritten verpachten, der dann eine PV-Anlage errichtet und betreibt. Das ist vor allem dann interessant, wenn im Gebäude wenig Strom verbraucht wird (wie in Lagerhallen) oder keine Abnehmer vorhanden sind. Der Gebäudeeigentümer erzielt dann Einnahmen aus der Verpachtung.
Nutzungsvertrag, Mieterdienstbarkeit und Immobilienwert
In diesem Fall ist der Abschluss eines Nutzungsvertrags – Miet-, Pacht oder Gestattungsvertrag – über die Dachfläche erforderlich, damit ein Drittunternehmen sie rechtsicher exklusiv nutzen kann.
Wird dieser Nutzungsvertrag zwischen der Eigentümergesellschaft bezüglich des Grundeigentums und einer Tochtergesellschaft abgeschlossen, neigen die beteiligten Personen dazu, die Verträge kurz und unkompliziert zu halten sowie eine möglichst niedrige Pacht zu vereinbaren. Eventuell wird das Nutzungsrecht der Pächter für die Zukunft gesichert, indem eine Mieterdienstbarkeit zulasten des Grundeigentums im Grundbuch eingetragen wird. Das kann wiederum Auswirkungen auf einen späteren Verkauf des Grundstücks haben und den Wert der Immobilie negativ beeinflussen.
Handelt es sich bei dem Grundstück und den Gebäuden bereits um vermietete Flächen, muss zunächst geprüft werden muss, ob die Dachfläche zum Mietgegenstand gehört. In einem solchen Fall könnte das Dach nicht an ein Drittunternehmen für die Installation einer Solaranlage vermietet werden. Sollte ein Industriegrundstück als Ganzes vermietet worden sein oder wurden die Gewerbeflächen im Rahmen einer so genannten Sale-and-Lease-back-Transaktion (zurück)gemietet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Dachfläche bereits an den aktuellen Mieter vergeben ist.
Rechte: Bestandsmieter und Dachmieter
Da auch der Mieter von der Installation einer Solaranlage auf dem Dach profitieren kann, ist nicht ausgeschlossen, dass dieser einer Änderung des bestehenden Mietvertrags zustimmen würde, um das Dach für einen Photovoltaikanlagenbetreiber freizumachen.
Dann muss ein Nachtrag mit der Reduzierung der Rechte des Bestandsmieters sowie der Regelung des Zutrittsrechts des Dachmieters in Bezug auf die Außenflächen und gegebenenfalls neu entstehende Gemeinschaftsflächen im Inneren der Gebäude entworfen und verhandelt werden. Der Betreiber der PV-Anlage, dessen Investition auf einem fremden Dach nicht unerheblich ist, wird sich seine Nutzungsrechte bezüglich der Dachflächen durch das Eintragen einer Mieterdienstbarkeit im Grundbuch sichern lassen wollen.
Bei der Vereinbarung einer solchen Mieterdienstbarkeit sollte geprüft werden, ob es schon andere Belastungen, insbesondere Grundschulden zugunsten eines Finanzgebers, gibt, auf die die Eintragung einer Mieterdienstbarkeit negative Auswirkungen haben könnte. Sind im Grundbuch bereits Belastungen zu Gunsten einer finanzierenden Bank eingetragen, empfiehlt es sich, die Bank in die Kommunikation einzubinden. Aber auch wenn das Grundbuch noch frei von Belastungen ist, sollte der Eigentümer des Grundstücks daran denken, dass er eventuell in der Zukunft verkaufen will.
Mieterdienstbarkeit im Grundbuch: Marktstandards
Ist dann eine Mieterdienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen, die nicht den Standards der finanzierenden Bank entspricht, werden zusätzliche Gespräche und wahrscheinlich Kosten erforderlich, um den Inhaber der Mieterdienstbarkeit dazu zu bewegen, die ihn begünstigende Dienstbarkeit zu seinen Lasten abzuändern.
Im Rahmen einer unter Zeitdruck stehenden Transaktion kann die Weigerung der Bank, eine Finanzierungszusage zu machen, allein weil im Grundbuch eine nicht ihrem Standard entsprechende Mieterdienstbarkeit eingetragen ist, zu erheblichen Verzögerungen, unnötigen Verhandlungen und im schlimmsten Fall sogar zum Abbruch der Transaktion führen. Das lässt sich vermeiden, indem von Anfang an darauf geachtet wird, dass die Mieterdienstbarkeit den Marktstandards entspricht, sodass die Bank sie leicht akzeptieren kann.
Haftung vertraglich ausschließlich
Da der Anlagenbetreiber unabhängig davon, ob es sich um eine Tochtergesellschaft oder eine fremde Drittgesellschaft handelt, hohe Investitionskosten für die Installation einer wirtschaftlich sinnvollen PV-Anlage haben wird, zeigt sich in der Praxis, dass die Pacht häufig niedrig angesetzt und die gerade noch gesetzlich zulässige maximale Mietdauer von 30 Jahren vereinbart wird. Das würde einen künftigen Käufer sehr lange an den Vertrag binden.
Es ist daher ratsam, auch in einem kurz gehaltenen Pacht- oder Gestattungsvertrag über eine ansonsten brachliegende Dachfläche grundsätzliche Regelungen, wie sie für Gewerberaummietverträge typisch sind, zu vereinbaren. Besondere Relevanz haben dabei marktübliche Regelungen zur Mietanpassung, zu Instandhaltung- und Instandsetzungspflichten sowie eine individuelle Vereinbarung von Haftungsregelungen.
Denn schon ein kleines Loch im Dach kann dem Mieter der darunter liegenden Mietfläche erheblichen Schaden bereiten und den Vermieter hohen Schadensersatz- oder auch nur Mietminderungsansprüchen des Mieters der Innenflächen aussetzen.
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