Leitsatz (amtlich)
1. Im Blick auf die internationale Zuständigkeit hat das Berufungsgericht jedenfalls zu prüfen, ob die Anwendung der Vorschriften der EuGVÜ oder der EuGVVO durch das Ausgangsgericht rechtlichen Bedenken begegnet.
2. Eine Aussetzung eines zivilgerichtlichen Rechtsstreits wegen eines Strafverfahrens scheidet aus, weil das Zivilgericht nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 EGZPO nicht an die Feststellungen des Strafgerichts gebunden ist.
3. Es handelt sich um eine nicht von der Meinungsfreiheit gedeckte Schmähkritik, wenn ein von seinem früheren Rechtsanwalt auf Gebührenzahlung gerichtlich in Anspruch genommener Mandant diesen Rechtsanwalt in Schreiben an dritte Personen als „arglistigen Täuscher”, „uneinsichtigen dummen Tölpel”, „Lügner” und „Prozessbetrüger” bezeichnet.
Normenkette
GG Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1-2, § 1004; HGB § 185
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 9 O 386/00) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das am 25.7.2002 verkündete Urteil des LG in Saarbrücken – 9 O 386/00 – wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer des Beklagten wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der klagende Rechtsanwalt vertrat den Beklagten in einer außergerichtlichen Streitsache gegen dessen Sohn. Einen aus dieser Angelegenheit offenen Restgebührenanspruch i.H.v. 2.911,52 DM verfolgt der Kläger in einem vor dem AG Völklingen (5 C 317/99) schwebenden Rechtsstreit gegen den Beklagten. In Zusammenhang mit dem Gebührenrechtsstreit versandte der Beklagte eine Reihe von Schreiben an verschiedene Adressaten, in denen er den Kläger mit den Begriffen „arglistiger Täuscher”, „uneinsichtiger dummer Tölpel”, „Lügner” und „Prozessbetrüger” belegte.
Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Feststellungen der Senat gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug nimmt, hat das LG den Beklagten – im Wesentlichen antragsgemäß – unter Androhung von Ordnungsgeld verurteilt, es zu unterlassen,
a) den Kläger – mit Ausnahme von Äußerungen ggü. den Gerichten, den Strafverfolgungsbehörden und dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer des Saarlandes – mit den Worten „arglistiger Täuscher”, „uneinsichtiger dummer Tölpel”, „Lügner” und „Prozessbetrüger” oder mit ähnlichen Worten zu bezeichnen,
b) künftig jedweden schriftlichen Kontakt mit dem Kläger persönlich oder an seiner privaten oder geschäftlichen Adresse aufzunehmen und/oder Schriften an Dritte – mit Ausnahme der Gerichte, der Strafverfolgungsbehörden und dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer des Saarlandes – zu richten oder zu verbreiten, in denen der Kläger mit den Worten „arglistiger Täuscher”, „uneinsichtiger dummer Tölpel”, „Lügner und „Prozessbetrüger” oder mit ähnlichen Worten bezeichnet wird.
Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung des Beklagten ist zulässig, bleibt aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in der Sache ohne Erfolg.
I. Die Zulässigkeit der Klage begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
1. Das LG Saarbrücken ist zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ örtlich zuständig.
a) Die Berufung kann nach § 513 Abs. 2 ZPO nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Kraft dieser Bestimmung kann die Entscheidung eines Gerichts, das sich für zuständig erklärt hat, nicht mit der Berufung angegriffen werden. Es kann dahinstehen, ob diese Regelung auch die Prüfung der internationalen Zuständigkeit dem Berufungsgericht entzieht (in diesem Sinne: Zöller/Gummer, 23. Aufl., § 513 ZPO Rz. 8; für eine Prüfungskompetenz indes mit beachtlichen Gründen Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 61. Aufl., § 513 ZPO Rz. 5).
b) Diese Streitfrage kann letztlich dahinstehen, weil im Geltungsbereich des EuGVÜ in allen Instanzen von Amts wegen eine Zuständigkeitsprüfung vorzunehmen ist (Zöller/Gummer, 23. Aufl., § 513 ZPO Rz. 8). Auf die am 11.2.2001 zugestellte Klage ist das EuGVÜ und nicht das EuGVVO anzuwenden, das nur für nach dem 1.3.2002 erhobene Klagen gilt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., Übersicht EuGVVO Rz. 1). Obwohl der in Spanien wohnhafte Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, geht das nicht an die Staatsangehörigkeit, sondern den Wohnsitz anknüpfende EuGVÜ der ZPO vor (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., Art. 2 EuGVÜ Rz. 1).
c) Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ können Ansprüche aus unerlaubter Handlung vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verfolgt werden. Ort des schädigenden Ereignisses ist – in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht – sowohl der Handlungsort als auch der Erfolgsort. Da die Erklärungen des Beklagten an im Saarland ansässige Personen und öffentlic...