Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines notariell beurkundeten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs
Leitsatz (amtlich)
Ein vertraglicher Ausschluss des Versorgungsausgleichs hält der Inhaltskontrolle stand, wenn eine evident einseitige Lastenverteilung, die für den belasten Ehegatten unzumutbar erscheint, nicht nachgewiesen ist. Hierbei ist in die vorzunehmende Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse insbesondere einzubeziehen, ob zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein Kinderwunsch bestand und ob die von den Vertragsparteien beabsichtigte Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit den Aufbau einer eigenen angemessenen Altersversorgung erwarten ließ.
Normenkette
BGB §§ 138, 242, 1408 Abs. 2, § 1585c
Verfahrensgang
AG St. Wendel (Beschluss vom 19.04.2007; Aktenzeichen 16 F 342/06 VA) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - FamG - in St. Wendel vom 19.4.2007 - 16 F 342/06 VA - aufgehoben. Ein Versorgungsausgleich zwischen den Parteien findet nicht statt.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.
III. Beschwerdewert: 1.000 EUR.
Gründe
I. Der am. April 1947 geborene Ehemann (Antragsteller) und die am. Februar 1960 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) haben am 21.11.1995 die Ehe geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Für den Antragsteller handelte es sich um die dritte, für die Antragsgegnerin um die zweite Ehe. Die beiden aus der ersten Ehe der Antragsgegnerin hervorgegangenen Kinder C., geboren am. November 1987, und J., geboren am. Oktober 1982, lebten nach der Eheschließung der Parteien in deren Haushalt. Auf den der Antragsgegnerin am 18.11.2006 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers ist die Ehe seit 30.1.2007 rechtskräftig geschieden. Der Antragsteller ist zwischenzeitlich wiederverheiratet.
In notarieller Urkunde vom 12.9.1996 - Notar Dr. K., UR.-Nr. .../1996 - haben die Parteien neben einem wechselseitigen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt (Ziff. I.) unter Ziff. II. folgende Regelung betreffend den Versorgungsausgleich getroffen:
"Wir verzichten wechselseitig auf den Versorgungsausgleich und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an.
Uns ist bekannt, dass dieser Verzicht unwirksam wird, wenn innerhalb eines Jahres, von heute an gerechnet, der Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt wird.
Für diesen Fall vereinbaren wir bereits jetzt den wechselseitigen Verzicht auf den Versorgungsausgleich unter Vorbehalt der Genehmigung durch das FamG.
Bei der vorstehenden Regelung gehen wir davon aus, dass ein Versorgungsausgleich beiderseits entbehrlich ist, weil die Versorgung beider Ehegatten sichergestellt ist und nur ein geringfügiger Ausgleich von Versorgungsanwartschaften in Betracht kommt."
Die Parteien streiten zweitinstanzlich, ob der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen ist.
In der abgetrennten Folgesache Versorgungsausgleich, in der die Parteien auch erstinstanzlich bereits darüber gestritten haben, ob der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich trotz des in der notariellen Urkunde erklärten wechselseitigen Verzichts durchzuführen ist, hat das FamG durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich dahingehend durchgeführt, dass es, monatlich und bezogen auf den 31.10.2006, im Wege des Quasi-Splittings zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei dem Saarland Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 212,57 EUR auf dem Rentenversicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet hat.
Hierbei ist das FamG entsprechend der Auskunft des Saarlandes, Landesamt für Zentrale Dienste, vom 14.2.2007 von ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften des Antragstellers von 623,92 EUR und auf Seiten der Antragsgegnerin entsprechend der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 1.3.2007 von ehezeitlichen Anwartschaften von 148,78 EUR ausgegangen, jeweils monatlich und bezogen auf den 31.10.2006. Im Hinblick auf den sich danach rechnerisch ergebenden Ausgleichsbetrag zugunsten der Antragsgegnerin von monatlich 237,57 EUR hat das FamG angenommen, dass die Antragsgegnerin an dem notariellen Verzicht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht festgehalten werden könne, da Geschäftsgrundlage der Vereinbarung gewesen sei, dass der Versorgungsausgleich geringfügig sein werde. Entsprechend habe eine Anpassung des notariellen Vertrages unter Berücksichtigung des von den Parteien Gewollten zu erfolgen. Danach sei der Versorgungsausgleich nur in einer Höhe durchzuführen, die die "Geringfügigkeit" übersteige, was in Höhe des den Betrag von 25 EUR monatlich übersteigenden Betrages der Fall sei, so dass noch ein Ausgleichsbetrag i.H.v. 212,57 EUR verbleibe.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Er ist der Auffas...