Leitsatz (amtlich)
Die Obliegenheit des Versicherungsnehmers, einen ihm gegen einen Dritten zustehenden Anspruch, der im Fall einer - gerichtlich erzwungenen - Leistung des Versicherers gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf diesen übergehen würde, nicht aufzugeben (§ 86 Abs. 2 VVG), besteht auch fort, nachdem der Versicherer seine Leistungspflicht dem Grunde nach endgültig abgelehnt hat.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 68/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 6.2.2018 - Az. 14 O 68/15 - abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.547,65 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin macht einen versicherungsvertraglichen Anspruch auf eine Entschädigung für Ertragsausfälle infolge einer mehrwöchigen Betriebsschließung im Zeitraum Januar/Februar 2014 geltend, die sie als Folge eines Leitungswasserschadens betrachtet.
Die Klägerin betreibt auf der Grundlage eines mit der K. Brauerei GmbH im Jahr 2008 geschlossenen Pachtvertrags eine Gaststätte in einem alten Gebäude am St. Johanner Markt in Saarbrücken. In § 6 des Pachtvertrags sind die "Erhaltung des Pachtobjektes und bauliche Veränderungen" geregelt. Der erste Absatz der Klausel lautet (Bl. 486 d.A.):
"Pächter hatte ausreichend Gelegenheit, sich vom Zustand der Pachträume vor Vertragsabschluß zu überzeugen. Pächter erkennt an, daß die Räume keinerlei Schäden aufweisen, die den vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen oder zu einer Pachtzinsminderung führen könnten. Die Brauerei gewährt den Gebrauch des Pachtobjektes nur in diesem Zustand."
Die Klägerin schloss bei der Beklagten einen Firmen-Inhaltsversicherungsvertrag u.a. mit einer Leitungswasser- sowie einer Klein-Ertragsausfallversicherung (Versicherungsschein Nr. XX/XXXX/XXXXXXX/XXX, Bl. 14 d.A.). Dem Vertrag liegen die Bedingungen der Beklagten für die Firmen-Inhaltsversicherung zu Grunde (im Folgenden: BFINH, Anlagenband Klägerin). Gemäß § 3 Abs. 1 BFINH leistet die Beklagte Entschädigung für Leitungswasserschäden. Leitungswasser ist in § 3 Abs. 2 BFINH definiert als Wasser, das - z.B. - aus Rohren oder Schläuchen der Wasserversorgung bestimmungswidrig austritt. Nach § 3 Abs. 4a BFINH sind Schäden durch Reinigungswasser "ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen" nicht versichert. In der Ertragsausfallversicherung verspricht die Beklagte gemäß § 10 Abs. 1, 3 BFINH Entschädigung für den Ertragsausfall, der dadurch entsteht, dass der Betrieb durch einen nicht länger als zwölf Monate zurückliegenden Sachschaden - unter anderem - der Gefahrengruppe Leitungswasser unterbrochen oder beeinträchtigt ist, wobei der Sachschaden auch das dem Betrieb dienende, nach dem Vertrag an sich nicht versicherte Gebäude betreffen kann (§ 10 Abs. 2 BFINH).
Die Klägerin verlangt Entschädigung für Ertragsausfälle im Zusammenhang mit den behaupteten Folgen einer am 17.2.2013 bemerkten Verstopfung des Abflussrohrs im Fußboden der im ersten Stock gelegenen Restaurantküche.
Im Jahr 2011 hatte es einen ersten Wasserschaden in der Küche gegeben, Mitte 2012 zwei weitere (siehe die Darstellung im Gutachten des Sachverständigen W. vom 2.12.2016, Bl. 275-277 d.A.). Um eine Betriebsschließung zu vermeiden, waren jeweils nur provisorische Reparaturarbeiten vorgenommen worden.
Am 17.2.2013 beseitigte die Firma Gr. eine Verstopfung im Abflussrohr der Küche. Am 13.3.2013 fand eine Ortsbegehung statt, an der unter anderem die Geschäftsführerin der Klägerin, Vertreter der Verpächterin K. Brauerei GmbH und der Architekt Ka. teilnahmen. Dieser war bereits im Zusammenhang mit dem ersten Wasserschaden 2011 zurate gezogen worden. Er verfasste eine schriftliche Stellungnahme (Bl. 31 d.A.), in der er konstatierte, die bisherigen Teilsanierungen des Küchenbodens hätten nur vorübergehende Abhilfe geschaffen. Das grundsätzliche Problem liege in der historischen Konstruktion, der damit verbundenen Bewegung des Bodens und der geringen Aufbauhöhe, so dass eine dauerhafte Lösung nur durch eine vollständige Erneuerung und Ertüchtigung der Bodenkonstruktion möglich sei.
Vor der Durchführung der in Aussicht genommenen Sanierung beauftragte die Klägerin den Sachverständigen Jo. Dieser stellte mit Gutachten vom 17.1.2014 (Bl. 40 d.A.) eine Reihe von Mängeln des Küchenbodens fest, insbesondere ein fehlendes Gefälle zum Bodeneinlauf und verschiedene Undichtigkeiten, so etwa im Bereich des Übergangs des Bodenbelags zur Wand und am Rand des Bodenablaufs.
Auf der Grundlage der Maßnahmenbaubeschreibung des Architekten Ka. vom 25.10.2013 (Bl. 145 d.A.) wurde die komplette Bodenkonstr...