Leitsatz (amtlich)
1. Ein Finanztransferunternehmen, das einen Auftrag für einen Geldversand übernommen hat, handelt grundsätzlich auftragsgemäß, wenn es das Geld an die Person auszahlt, die es nach dem Auftrag und nach sorgfältiger Prüfung eines Identifikationspapiers am Auszahlungsort für empfangsberechtigt halten durfte.
2. Der Zahlungsdienstleister trägt die Beweislast für seine von der Gegenseite bestrittene Behauptung, dass seine Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiter seines Vertriebspartners bei dieser Prüfung die erforderliche Sorgfalt angewandt hätten.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 10.01.2014; Aktenzeichen 1 O 137/13) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 10.1.2014 (Aktenzeichen 1 O 137/13) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger erhebt gegenüber der Beklagten, die als Teil des ... pp. Union Konzerns weltweit Geldtransfergeschäfte betreibt, Ansprüche auf Rückerstattung eines transferierten Betrags nebst Gebühr. Am Morgen des 14.2.2013 erteilte der Kläger als Absender der Beklagten in einer Geschäftsstelle der Deutschen Postbank als Vertriebspartnerin der Beklagten den Auftrag, 5.000 EUR zu versenden. Als Empfänger benannte er seinen Vater E. Sch. Die Transferkosten beliefen sich auf 200 EUR. Noch am 14.2.2013 erfolgte die Barauszahlung des transferierten Betrages in einer Geschäftsstelle eines Vertriebspartners in A. an eine Person, die sich durch Vorlage eines (gefälschten) niederländischen Reisepasses auf den Namen des Empfängers E. Sch. legitimierte. In dem Empfangsformular ist handschriftlich die von der Beklagten für das Geschäft vergebene Geldtransferkontrollnummer eingetragen.
Der Kläger hat behauptet, er habe dem betrügerischen Verkäufer keinesfalls die Geldtransferkontrollnummer übermittelt. Aus diesem Grund und wegen der erforderlichen Legitimation des Empfängers habe er an einen ausreichenden Schutz geglaubt.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.200 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.2.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 546,69 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, der Empfänger müsse auch die Geldtransferkontrollnummer benannt haben, weil diese sonst nicht handschriftlich im Empfangsformular eingetragen worden wäre. Unbeschadet des Fehlens einer Pflichtverletzung der Beklagten treffe den Kläger ein alles überwiegendes Mitverschulden.
Das LG hat nach Anhörung des Klägers (Bl. 76 ff. d.A.) mit dem am 10.1.2014 verkündeten Urteil (Bl. 129 ff. d.A.) die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug. Den in Bezug auf das erstinstanzliche Urteil gestellten Tatbestandsberichtigungsantrag vom 27.1.2014 (Bl. 141 f. d.A.) hat der Kläger auf Hinweis des LG durch Schriftsatz vom 3.2.2014 zurückgenommen (Bl. 143 d.A.).
Mit der gegen das Urteil des LG eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, das Erstgericht habe die auf Grund des Geständnisses der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2013 unstreitige Tatsache außer Acht gelassen, dass der Kläger und der Zeuge E. Sch. die Geldtransferkontrollnummer keinem Dritten mitgeteilt hätten. Daher bleibe nur die Möglichkeit, dass entweder Sicherheitslücken im System der Beklagten bestünden, d.h. dass die computermäßige Erfassung des Vorgangs durch Fremde schlichtweg "gehackt" werden könne, oder dass die Information durch Mitarbeiter der Beklagten an den Dritten weitergeleitet worden sei. In beiden Fällen wäre die Verantwortlichkeit der Beklagten gegeben, weil sie sich ein Fehlverhalten ihrer Belegschaft zurechnen lassen müsse und auch ein Zugriff auf die Daten durch unberechtigte Dritte nur auf von der Beklagten zu vertretende Sicherheitslücken zurückgeführt werden könne.
Die Berufung rügt weiter einen Verstoß gegen § 139 ZPO, weil das Erstgericht nicht darauf hingewiesen habe, dass es diesen von der Beklagten zugestandenen Sachvortrag des Klägers nach wie vor als streitig angesehen habe. Im Falle eines derartigen Hinweises hätte der Klägervertreter erstinstanzlich nicht auf die Vernehmung des Zeugen E. Sch. verzichtet, der im Rahmen der Zeugenvernehmung bestätigt hätte, dass die Geldtransferkontrollnummer keinem Dritten mitgeteilt worden sei.
Ferner habe das Erstgericht verkannt, dass bereits ein erhebliches Verschulden der Beklagten im Rahmen der Vertragsanbahnung vorgelegen habe, weil sie unklare und nicht dem Transparenzgebot genügende Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwende. Durch die Formulierung in Nr. 2 der AGB habe die Beklagte den Anschein erweckt, dass die Angabe sämtlicher erforderlicher Informationen einschließlich der Geldtransferkontrollnummer notwendig sei...