Leitsatz (amtlich)
Weil der Leistungsanspruch aus einem privaten Krankenversicherungsvertrag auf die Erstattung rechtlich begründeter Aufwendungen beschränkt ist, scheidet die Eintrittspflicht des Versicherers auch dann aus, wenn die zugrunde liegenden Honorarforderungen des Arztes verjährt sind und nicht festgestellt werden kann, ob bzw. in welchem (Mindest-)Umfang diese zuvor von dem Versicherungsnehmer beglichen wurden.
Normenkette
MB/KK § 1; VVG § 192; ZPO §§ 286-287
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 04.05.2021; Aktenzeichen 14 O 136/14) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4. Mai 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 136/14 - teilweise abgeändert:
Das klagabweisende Versäumnisurteil des Landgerichts Saarbrücken vom 3. Februar 2015 - 14 O 136/14 - wird insgesamt aufrechterhalten.
II. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.435,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer privaten Krankheitskostenversicherung. Die am 8. Juni 1949 geborene Klägerin unterhält bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1989 einen Krankenversicherungsvertrag (Versicherungsschein-Nr.) auf der Grundlage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankentagegeldversicherung (AVB, identisch mit den MB/KK). Gegenstand der am 20. Januar 2014 zum Landgericht Bonn eingereichten und am 25. März 2014 zugestellten Klage, die in der Folge an das Landgericht Saarbrücken verwiesen wurde, waren mehrere Rechnungen des - mittlerweile verstorbenen - Arztes für Allgemeinmedizin Dr. A. und des Arztes Dr. B. (sen.) über eine Vielzahl angeblicher Behandlungen im Zeitraum vom 8. Juni 2009 bis zum 13. Juni 2012, die von der der Klägerin allenfalls teilweise beglichen wurden und deren Erstattung die Beklagte abgelehnt hat. Verschiedene Rechnungen waren in mehreren anwaltlichen Schreiben (10. Juli, 1. und 27. September sowie 30. November 2009) bei der Beklagten eingereicht worden mit dem Hinweis, dass bei ausbleibender Erstattung bis zum 20. Dezember 2009 von Verweigerung ausgegangen werde und die Beträge eingeklagt würden. Mit Schreiben vom 22. August 2012 wurde die Beklagte vergeblich zur Zahlung von 60.978,24 Euro sowie 1.761,08 Euro vorgerichtlicher Anwaltskosten bis zum 30. August 2012 aufgefordert. Die Beklagte wies ihrerseits mit Schreiben vom 27. September 2012 darauf hin, dass sie bezüglich der Behandlung durch Herrn Dr. B. bereits mit Schreiben vom 26. März 2010 um eine Vielzahl von Erläuterungen nachgesucht habe. Im Rechtsstreit hat die Beklagte wegen der gegen sie geltend gemachten Erstattungsansprüche aus den Jahren 2009 und 2010 die Einrede der Verjährung erhoben; außerdem hat sie schon erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass die zugrunde liegenden, nicht erfüllten Honorarforderungen mittlerweile verjährt sein dürften sowie darauf, dass gegen die Redlichkeit des Dr. B. erhebliche Bedenken bestünden, die insbesondere daraus resultierten, dass gegen diesen vor der 23. großen Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts Köln wegen 876 Fällen vorwerfbarer Rechnungsbeträge im Gesamtumfang von 789.793,87 Euro Anklage erhoben worden sei.
Die Klägerin hat - soweit für das Berufungsverfahren noch erheblich - behauptet, die in den Rechnungen des Arztes Dr. B. aufgeführten Behandlungen seien alle von diesem durchgeführt worden. Sämtliche Behandlungen umfassten chronische und aktuelle Erkrankungen, insbesondere ein bei ihr vorhandenes Fibromyalgiesyndrom. Die chronischen Diagnosen seien im Betreff der Liquidationen vorangestellt, die aktuellen Diagnosen fänden sich an den Behandlungstagen im Leistungstext der Rechnungen. Sowohl die Diagnostik, als auch die Behandlungen hätten im Zeitpunkt ihrer Vornahme der vorherrschenden medizinischen Lehrmeinung entsprochen. Die von der Beklagten bezüglich des Erstattungsanspruches erhobene Verjährungseinrede greife nicht durch, nachdem sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 27. September 2012 ergebe, dass diese ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen habe und dass sie zwecks Klärung der Ansprüche der Klägerin verhandlungsbereit sei. Die Beklagte hatte die Klage zunächst für unschlüssig gehalten, weil allein die Vorlage von Rechnungen nicht ausreichend sei, um einen Erstattungsanspruch zu begründen. Außerdem hat sie die Durchführung der Behandlungen insbesondere durch Dr. B. in Abrede gestellt, u.a. mit dem Hinweis, dieser habe am 22. Oktober 2009 einen Betrag von 953,89 Euro für den Behandlungszeitraum 3. August 2009 bis 31. August 2009 berechnet, während Dr. A. mit Rechnung vom 16. September 2009 für denselben Zeitraum bei fast identisch abgerechneten Leistungen 1.066,10 Euro verlangt habe, wobei er durch Dr. B. für die Zeit vom 29. August 2009 bis 2. September 2009 in das Gemeinschaftskrankenhaus in Bonn eingewiesen worden sei. Auch handele es...