Leitsatz (amtlich)

Besteht kein objektiver Anhaltspunkt für eine Selbsttötung des Versicherten, der mit seinem Pkw bei einem Verkehrsunfall auf regennasser Straße ins Schleudern geraten und tödlich verunglückt war, so darf der Versicherer den Abschluss sachverständiger Ermittlungen über die Unfallursache nicht abwarten, bevor er die Lebensversicherungssumme auszahlt.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 25.03.2005; Aktenzeichen 14 O 72/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 25.3.2005 (Az.: 14 O 72/05) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I.1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 880 EUR zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.829,80 EUR festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache infolge Zahlung der geschuldeten Versicherungssumme nach Klageerhebung und die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Verzugszinsen.

Der Vater der Kläger unterhielt bei der Beklagten mit Wirkung ab dem 1.2.2004 eine Versicherung nach dem Vermögensbildungsgesetz (Versicherungsscheinnummer ...; Bl. 4-13 d.A.). Vereinbart war u.a., dass bei Ableben des Versicherungsnehmers bis zum 1.8.2008 eine Versicherungssumme von 12.029 EUR fällig wird. Zu zahlen war die Versicherungsleistung an die Ehefrau des Versicherungsnehmers.

Des Weiteren unterhielt der Vater der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung ab dem 1.7.2004 eine Lebensversicherung i.H.v. 90.000 EUR für den Fall, dass er oder seine Ehefrau vor dem 1.7.2016 versterben (Versicherungsscheinnummer ...; Bl. 14-22 d.A.). Bezugsberechtigt war der jeweils überlebende Ehegatte.

Am 23.7.2004 kamen der Versicherungsnehmer und seine Ehefrau bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Beerbt wurden sie von ihren Kindern, den Klägern, zu je ½.

Ende Juli 2004 wurde der Versicherungsfall der Beklagten angezeigt. Diese forderte mit Schreiben vom 22.9.2004 bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Mainz die den Unfall betreffenden Akten des Ermittlungsverfahren (Az.: 3127 Js 20345/04) an, woraufhin ihr die S. 1-130 übersandt wurden. Diese beinhalteten u.a.:

I. Eine Tatbestandsaufnahme des PKH (Bl. 23-26 d.A.) in der folgende Feststellungen getroffen wurden:

"Unfallhergang nach Angaben 01 und 03 ... 03 befuhr mit seinem Pkw den rechten Fahrstreifen der A 63 in Richtung Mainz. In Höhe km 33,4 kam 03 infolge Aquaplaning ins Schleudern und nach rechts von der Fahrbahn ab .... 03 gab an, dass er ausstieg und sah, wie zwei dunkle Pkw angeschleudert kamen. 01 befuhr nach seinen Angaben den linken Fahrstreifen der A 63 in Richtung Mainz. In Höhe km 33,4 sah er das Fahrzeug von 03 entgegen der Fahrtrichtung stehen und an der Mittelleitplanke das Fahrzeug von 2.01 bremste sein Fahrzeug ab, kam auf der nassen Fahrbahn ins Schleudern und nach rechts gegen die Schutzplanke. Das Fahrzeug von 02 stand entgegen der Fahrtrichtung an der Mittelleitplanke. Die Beifahrerin war auf dem Beifahrersitz verstorben. Der Fahrer lag ca. 30 m hinter der rechten Schutzplanke im Bankett und war ebenfalls verstorben. Die Schäden und Spuren an den Fahrzeugen 01 und 02 lassen darauf schließen, dass sie miteinander kollidiert sind."

II. Einen Sachstandsbericht des mit der Erstellung eines unfallanalytischen Gutachtens bestellten Sachverständigen J. vom 5.8.2004 (Bl. 40-45 d.A.), in dem es u.a. heißt:

"Die durchgeführte Beweissicherung ist zunächst abgeschlossen ... Ohne einer Rekonstruktion des gesamten Unfallverlaufs vorgreifen zu wollen, kann als wesentliches Ermittlungsergebnis festgestellt werden, dass die Kollision, die den Tod der beiden Insassen des Ford Fiesta, ON 02, zur Folge hatte, vom BMW, ON 01, ausging."

III. Einen Bericht zum Verkehrsunfall des PKH vom 25.7.2004 (Bl. 46, 47 d.A.), in dem dieser wie folgt ausführt:

"Durch Herrn J. wurde festgestellt, dass die A 63 in Höhe km 34 einen Gefälleübergang in der Fahrbahn von rechts nach links hat. Bei starkem Regen können sich dort Wasseransammlungen bilden ... Der Fahrzeugführer 01 gab an, dass er in Höhe km 34 ins Schleudern kam. Nach der Feststellung des Herrn J. muss sich das Fahrzeug 01 auf der Fahrbahn gedreht haben. Mit dem hinteren rechten Seitenteil stieß er dann in das Heck des Pkw Ford Fiesta 02, der auf dem rechten Seitenstreifen stand oder langsam fuhr."

IV. Eine Aussage der Zeugin C.O. (Bl. 61 d.A.), in der diese bekundet, dass es zum Unfallzeitpunkt sehr stark geregnet und sie das Schleudern des Jeeps und des Ford Fiesta gesehen habe.

V. Eine Aussage des Zeugen F. (Bl. 63d. A), in der dieser bekundet, dass er den Schleudervorgang aller drei Fahrzeuge wahrgenommen habe.

Mit Schreiben vom 20.11.2004 (Bl. 80 d.A.) ersuchte die Beklagte die Staatsanwaltschaft Mainz um die Übersendung der Ermittlungsakte ab der S. 130. Mit Schreiben vom 30.11.2004...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?