Leitsatz (amtlich)
1. Standgeldkosten eines gewerblichen Abschleppdienstes, die entstehen, weil der im Auftrag eines privaten Dritten tätig gewordene Abschleppdienst sich in Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts weigert, das Fahrzeug an den Abgeschleppten ohne Ausgleich der Abschleppkosten herauszugeben, zählen nicht zu den erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs.
2. Ebenfalls handelt es sich nicht um für die Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung erforderliche Aufwendungen im Sinne von § 670 BGB.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 8 O 3/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 16.10.2018 (Aktenzeichen 8 O 3/18) teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 185,00 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs, Marke Mercedes Benz, amtliches Kennzeichen ..., Fahrzeugident-Nr. WDD Ziffer .... Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
II. Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 35 % und die Beklagte 65 %.
IV. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 23.202,25 EUR (Feststellungsantrag: 8.000 EUR; Widerklage: 15.202,25 EUR) festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien streiten um die Folgen eines Abschleppvorgangs.
Die Klägerin parkte am 8.11.2017 mit dem Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen ... in der ... pp. Straße (X oder XX) auf einem Parkplatz, der als Privatparkplatz für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... gekennzeichnet war. Von dort wurde es am gleichen Tag von der Beklagten, die einen gewerblichen Abschleppdienst betreibt, aufgrund eines mit dem Zeugen H. C. geschlossenen "Vertrages über Parkraumbewirtschaftung auf privaten Verkehrsflächen" vom 30.10.2017 abgeschleppt und auf ihr Betriebsgelände verbracht. Die Parkfläche steht im Gemeinschaftseigentum einer Wohnungseigentümergemeinschaft, der der Zeuge H. C. angehört, und sie war zum Zeitpunkt des Abschleppvorgangs an einen Studenten vermietet.
Aufgrund des zwischen dem Zeugen H. C. und der Beklagten geschlossenen Vertrags vom 30.10.2017 war die Beklagte beauftragt, Besitzstörungen durch unberechtigt parkende Verkehrsteilnehmer auf den privaten Verkehrsflächen "... pp.- Straße 5 - 7 und ... pp.-Straße 3" zu beseitigen. In § 4 des Vertrags ist unter "Leistungsentgelte" geregelt, dass der Auftragnehmer die Fahrzeuge vom Grundstück des Auftraggebers auf die nächstgelegene Verkehrsfläche verbringt, auf der das Fahrzeug, ohne den Besitz eines anderen zu stören, den Regeln der Straßenverkehrsordnung entsprechend, abgestellt werden darf. Für den Fall, dass eine solche Verkehrsfläche nicht verfügbar sein sollte oder das abgeschleppte Fahrzeug zur Eigentumssicherung auf einem gesicherten Grundstück des Auftragnehmers abgestellt werden muss, ist bestimmt, dass das entsprechende Fahrzeug dorthin verbracht wird. Für die Beseitigung der Besitzstörung wurde ein Entgelt in Form einer Einsatzpauschale von 185 EUR vereinbart und zudem für das Abstellen des Fahrzeugs auf dem Sicherstellungsgelände des Auftragnehmers ein weiteres Entgelt in Form von Stellkosten je Kalendertag in Höhe von täglich 11,90 EUR, erstmals abrechenbar ab 0.00 Uhr des Tages, der dem Leistungstag folgt, soweit mindestens 12 Stunden zur Abholung verfügbar waren. In § 5 "Abtretung und Inkasso" ist in Absatz (1) bestimmt, dass der Auftraggeber die Ansprüche gegen den Störer an den Auftragnehmer abtritt und diesen zum Inkasso seiner gesetzlichen Schadensersatzansprüche ermächtigt. In Absatz (4) heißt es, für anfallende Standgelder, die durch die Abstellung des Fahrzeuges auf dem Betriebsgelände des Auftragnehmers entstehen, hafte der Auftraggeber. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags vom 30.10.2017 wird auf die Anlage B 1 (GA 28 ff.) Bezug genommen.
Die Klägerin begab sich noch am Tag des Abschleppvorgangs zur Beklagten, um ihr Fahrzeug abzuholen. Das Fahrzeug wurde ihr jedoch nicht herausgegeben, da die Klägerin nicht bereit war, die von der Beklagten geforderten Abschleppkosten in Höhe von 185 EUR zu zahlen. Unter dem 6.12.2017 übermittelte die Beklagte der Klägerin eine Rechnung über Abschleppkosten in Höhe von 185 EUR und forderte sie auf, das Fahrzeug gegen Bezahlung der Rechnung abzuholen, auch um zu vermeiden, dass sie anderenfalls nicht nur die Rechnung einklagen, sondern dann auch Standgeldkosten in Höhe von täglich 11,90 EUR geltend machen werde.
Die Klägerin hat hierauf Klage auf Herausgabe des Fahrzeugs sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten erhoben. Sie hat erstinstanzlich beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie den Pkw Mercedes A mit dem amtlichen Kennzeichen ..., Fahrz...