Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 30.09.2015; Aktenzeichen 16 O 3/15)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.9.2015 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 16 O 3/15 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufung einschließlich derjenigen des Streithelfers werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist ebenso wie das angefochtene Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht gegen die Beklagten unter dem rechtlichen Aspekt der Arzthaftung Schmerzensgeld- und Feststellungsansprüche mit der am 11.02.2015 der Beklagten zu 1. und am 16.04.2015 dem Beklagten zu 2. zugestellten Klage geltend.

Die Klägerin begab sich im November 2009 in die Behandlung eines niedergelassenen Augenarztes, des Streithelfers. Dieser stellte eine Netzhautprominenz fest und überwies die Klägerin zur weiteren Diagnostik in die von der Beklagten zu 1. getragene Augenklinik im Knappschaftskrankenhaus Sulzbach. Nach entsprechenden Untersuchungen in der Ambulanz des Beklagten zu 2., insbesondere einer Fluoreszenzangiographie, wurden die (Verdachts-)Diagnose Hämangiom gestellt und regelmäßige Kontrollen im Hinblick auf eine etwaige Größenzunahme empfohlen.

Eine erste Kontrolluntersuchung bei dem Streithelfer fand im Januar 2010 statt, bei der sich keine Veränderungen ergaben. Da die Klägerin befürchtete, die Erkrankung könne vom Kopf her kommen, ließ sie eine MRT-Untersuchung durchführen. Den Befund legte sie dem Streithelfer bei der weiteren Kontrolluntersuchung am 25.5.2010 vor. In diesem ist eine 9 × 4 mm große hypointense Formation der linken lateralen Retina beschrieben. Die für den 9.9.2010 vorgesehene Kontrolluntersuchung konnte nicht unter Weitstellung der Pupille - getropftes Auge - erfolgen, da die Klägerin mit dem eigenen PKW angereist war.

Im Rahmen der nächsten Folgeuntersuchung am 4.11.2010 äußerte der Streithelfer den Verdacht auf das Vorliegen eines Aderhauttumors und verwies die Klägerin zur weiteren Diagnostik an die Augenklinik in Sulzbach. Da die Klägerin dort kurzfristig keinen Termin bekam, stellte sie sich am 12.11.2010 in der Augenklinik des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg vor. Dort wurde der Verdacht auf einen bösartigen Netzhauttumor gestellt und die Klägerin in das Universitätsklinikum Essen überwiesen, wo sie sich am 17.11.2010 vorstellte. Es erfolgte eine sog. Brachy-Therapie mit Ruthenium zur Behandlung des Tumors. Das Augenlicht des linken Auges der Klägerin konnte nicht mehr erhalten werden.

Auf Veranlassung des ärztlichen Dienstes des Bundeseisenbahnvermögens wurde im Sommer 2012 ein augenfachärztliches Gutachten durch Dr. K. eingeholt, bezüglich dessen Inhalts auf Bl. 70 ff. d.A. Bezug genommen wird.

Die Klägerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, der Beklagte zu 2. habe im November 2009 nicht die alleinige Diagnose "Hämangiom" stellen dürfen, vielmehr habe er auch die Differentialdiagnose "malignes Aderhautangiom" erwähnen müssen. Da zum damaligen Zeitpunkt eine sichere Diagnosestellung noch nicht möglich war, habe kurzfristig eine Kontrolluntersuchung durch den Beklagten zu 2. etwa in Form einer erneuten Fluoreszenzangiographie angewiesen werden müssen. Aufgrund der damit verbundenen Messung der Größe des Tumors habe eine frühzeitigere Behandlung stattfinden können.

Sie hält aufgrund der von ihr erlittenen und noch möglicherweise eintretenden Gesundheitsbeeinträchtigungen ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 Euro sowie den Feststellungantrag hinsichtlich zukünftiger Schäden für gerechtfertigt.

Die Beklagte zu 1. hat vorab ihre Passivlegitimation gerügt, da die Klägerin in der Ambulanz des Beklagten zu 2. behandelt und lediglich mit diesem ein Behandlungsvertrag geschlossen worden sei. Die Beklagten haben ferner Fehler im Rahmen der Behandlung der Klägerin im November 2009 in Abrede gestellt, abgesehen davon, dass die Ansprüche auch insgesamt verjährt seien, da der Klägerin der gesamte Sachverhalt, auf den sie ihre Klage stützt, bereits im Jahr 2010 bekannt gewesen sei.

Mit am 30.09.2015 verkündetem Urteil, auf das wegen der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird (Bl. 111 ff. d.A.), hat das LG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche der Klägerin die Verjährungseinrede entgegenstehe.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlich erfolglos gebliebenen Sachanträge weiterverfolgt.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt die Auffassung, die den Lauf der Verjährungsfrist auslösende Kenntnis sei erst mit Vorlage des im Auftrag der Krankenkasse eingeholten Gutach...

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