Leitsatz (amtlich)
Wird der Besitz des Fahrzeugs vom Eigentümer und Gewahrsamsinhaber freiwillig auf den Täter übertragen, so ist der Verlust des Fahrzeugs in der Kaskoversicherung auch dann nicht versichert, wenn sich der Eigentümer den Besitz des Kfz-Briefes vorbehalten hat.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 26.10.2005; Aktenzeichen 14 O 273/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 26.10.2005 - 14 O 273/05 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Fahrzeugversicherung (Versicherungsschein-Nr. 00000) wegen des Verlustes des versicherten Fahrzeugs, eines VW Touareg, mit dem amtlichen Kennzeichen 11111, in Anspruch. Die Parteien hatten dem Vertrag die ab Oktober 2002 gültigen Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB, Bl. 42 ff.) zugrunde gelegt. Das Fahrzeug besaß eines Verkaufswert von 36.900 EUR (Bl. 29 ff. d.A.). Sein Halter war der Ehemann der Klägerin.
Die Klägerin hat behauptet, ihr Ehemann habe das versicherte Fahrzeug im Sommer 2004 im Internet zum Verkauf angeboten. Daraufhin habe sich ein Interessent gemeldet, der sich als "Mr. Ant.R." ausgegeben habe. Mit ihm habe ihr Ehemann sich auf einen Preis von 38.000 EUR geeinigt. Die Übergabe des Fahrzeugs habe nach Übersendung eines auf den Kaufpreis lautenden Schecks am Flughafen Köln/Bonn erfolgen sollen.
Der Scheck sei dann auch eingegangen. Im Anschluss daran habe der Ehemann der Klägerin das Fahrzeug vereinbarungsgemäß am Flughafen Köln/Bonn abgestellt und eine Kopie des Kaufvertrages sowie sämtliche Fahrzeugschlüssel, nicht hingegen den im Besitz der finanzierenden Bank befindlichen Fahrzeugbrief, an dem hierfür zuständigen Serviceschalter im Flughafengebäude zur Abholung durch einen "Mr. Aug." hinterlegt. Eine sich so bezeichnende Person habe die Schlüssel auch tatsächlich gegen Vorlage eines Reisepasses dort abgeholt und sei mit dem Fahrzeug davongefahren.
Nachträglich habe sich herausgestellt, dass der zur Einlösung bei der Bank eingereichte Scheck dem wahren Berechtigten gestohlen worden sei, so dass es zu einer Rückbelastung gekommen sei.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dieser Geschehensablauf sei als ein von der Kaskoversicherung gedeckter Trickdiebstahl zu werten. Denn der angebliche Käufer habe sich durch seine Täuschung nur die Voraussetzungen für eine spätere Wegnahme des Fahrzeugs verschafft. Durch die Einbehaltung des Fahrzeugsbriefs habe die Klägerin im Übrigen weiterhin Mitgewahrsam an dem Fahrzeug gehabt; er sei später gebrochen worden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 36.900 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.5.2005 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 703,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.5.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, das Abhandenkommen des Fahrzeugs sei nach den von der Klägerin geschilderten Umständen nicht versichert. Die Klägerin sei schlicht betrogen worden.
Das LG Saarbrücken hat die Klage durch Urt. v. 26.10.2005 - 14 O 273/05 - mit der Begründung abgewiesen, eine versicherte Entwendung liege nicht vor. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie rügt, die angefochtene Entscheidung habe die Hingabe eines ungedeckten Schecks nicht zutreffend gewürdigt; gerade darin habe der Trick bestanden, sich die Gelegenheit zur Wegnahme zu verschaffen. Der Ehemann der Klägerin habe aufgrund der Zurückbehaltung des Fahrzeugbriefs Mitgewahrsam behalten, so dass bei der Übernahme des Fahrzeugs am Flughafen Köln/Bonn lediglich eine Lockerung des Gewahrsams bestanden habe.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 36.900 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.5.2005 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 703,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.5.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
II. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das LG Saarbrücken hat der Klägerin zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender und umfassender Begründung einen Anspruch auf Entschädigung aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag nach § 12 (1) I. b), § 13 AKB versagt. Schon wenn man den von der Klägerin geschilderten Geschehensablauf zugrunde legt, ist kein Versicherungsfall eingetreten.
Die Fahrzeugversicherung umfasst nach § 12 (1) I. b...