Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 436/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 7. Dezember 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 4 O 436/15 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.292,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Oktober 2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die unter Ziff. 1 genannte Forderung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten zu Lasten des Justizbeamten E. B. beruht.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 83 Prozent und der Beklagte 17 Prozent. Von den Kosten des Berufungsrechtszuges tragen der Kläger 12 Prozent und der Beklagte 88 Prozent.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 22.000,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht des Zeugen E. B. Anlass ist ein Vorfall, der sich am 12. April 2012 unter Beteiligung des Zeugen sowie des Beklagten in der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken ereignet hat. Der Beklagte befand sich zu diesem Zeitpunkt dort in Haft. Der Zeuge E. B. ist Beamter des klagenden Landes und war damals als Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst tätig.

Am 12. April 2012 wurde der Beklagte gegen 12.00 Uhr im Büro des Zeugen E. B. in der Justizvollzugsanstalt vernommen. Anlass der Vernehmung war eine Meldung betreffend einen von dem Beklagten verfassten Brief ("Kassiber") an einen anderen Gefangenen. Im Verlauf der Vernehmung kam es unter Umständen, die in den Einzelheiten streitig sind, zu Meinungsverschiedenheiten über Inhalt und Umfang der schriftlichen Niederlegung der Vernehmung. Hierbei griff der Beklagte über den Schreibtisch nach dem Kassiber und steckte diesen in seinen Mund, um ihn herunterzuschlucken, was der Zeuge zu verhindern suchte; dabei kam es zu einer Rangelei. Der Zeuge E. B. wurde am selben Tag im Klinikum Saarbrücken ärztlich behandelt. In der Folge war er während eines mehrmonatigen Zeitraumes dienstunfähig erkrankt. Gegen den Beklagten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet, das nach § 154 StPO eingestellt wurde (Staatsanwaltschaft Saarbrücken, Az.: 4 Js 602/12). Ein gegen den Zeugen E. B. eingeleitetes Ermittlungsverfahren (Az.: 4 Js 577/12) wurde mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Beklagte wurde mit Schreiben des Landesamtes für Zentrale Dienste vom 13. August 2014 (BI. 17 GA) unter Fristsetzung auf den 27. Oktober 2014 vergeblich zur Regulierung des durch den Vorfall entstandenen Schadens in Höhe von zunächst 59.741,69 Euro aufgefordert.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe den Kassiber an einem Ende gegriffen, während der Zeuge E. B. diesen am anderen Ende festgehalten habe. Der Beklagte habe plötzlich auf den Arm des Zeugen E. B. geschlagen und sei zur Tür gelaufen.

Der Zeuge E. B. habe versucht, dies zu verhindern und den Kassiber wieder ergreifen wollen. Als er versucht habe, den Beklagten daran zu hindern, den Kassiber in den Mund zu stecken, habe der Beklagte dem Zeugen einen seitlichen Stoß gegeben, wodurch dieser an die Wand geschlagen worden sei. Nachdem der Zeuge E. B. erneut versucht habe, den Beklagten zu fixieren und Alarm ausgelöst worden sei, habe der Beklagte von dem Zeugen abgelassen. Durch den Vorfall habe der Zeuge körperliche Verletzungen in Gestalt einer Schädelprellung, einer HWS-Distorsion, einer Schulterprellung, einer BWS-Prellung sowie einer Thorax- und Ellbogenprellung links erlitten. Ferner habe er auf den Vorfall mit einer abnormen Erlebnisreaktion reagiert, die ein reaktives depressives Syndrom bei sozialer Konfliktsituation, ein chronisches Schmerzsyndrom und ein posttraumatisches Stresssyndrom zur Folge gehabt habe und stationär behandelt worden sei. Der Zeuge sei vom 13. April 2012 bis einschließlich 12. September 2012 sowie erneut vom 1. Oktober 2012 bis einschließlich 27. Oktober 2013 unfallbedingt dienstunfähig erkrankt gewesen; seitdem befinde er sich in einer Wiedereingliederungsmaßnahme. Im Zeitraum vom 12. September 2012 bis zum 1. Oktober 2012 habe er sich im Urlaub befunden. An den Zeugen seien schadensbedingte Unfallfürsorgeleistungen (Behandlungskosten) bis einschließlich 18. September 2015 in Höhe von 38.564,02 Euro ausgekehrt worden, auch seien schadensbedingt Entgelte und Urlaubsentgelte für die Zeit vom 30. April 2012 bis zum 27. Oktober 2013 in einer Gesamthöhe von 65.440,06 Euro gezahlt worden.

Der Beklagte hat die Ursächlichkeit des streitgegenständlichen Vorfalles für die behaupteten Verletzungen und eine daraus folgende Dienstunfähigkeit des Zeugen E. B. ebenso wie die Berechtigung der geltend gemachten Behandlungskosten sowie der Entgelte und Urlaubsentgelte i...

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