Leitsatz (amtlich)

1. Der Geschädigte hat nach einer verkehrunfallbedingten Beschädigung seines Fahrzeugs grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der Kosten eines zur Schadensfeststellung, insb. zur Schadenshöhe, eingeholten Sachverständigengutachtens.

2. In der Regel besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Geltendmachung derartiger Gutachterkosten. Insbesondere kann der Geschädigte nicht auf das (kostengünstigere) Kostenfestsetzungsverfahren verwiesen werden

3. Die Kosten für ein derartiges Gutachten sind grundsätzlich auch dann zu ersetzen, wenn sich das Gutachten später als unrichtig erweist.

 

Normenkette

BGB § 249

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 19.04.2002; Aktenzeichen 1 O 142/01)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das am 19.4.2002 verkündete Urteil des LG Saarbrücken – 1 O 142/01 – wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte 10 % und der Kläger 90 %.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadenersatz wegen der Beschädigung eines Lkw.

Das LG hat festgestellt:

Der im Eigentum des Klägers stehende Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen SLS-V 7098 wurde auf dem Firmengelände der Saarstahl AG auf einem Warteplatz beschädigt, als der Fahrer eines Lkw mit dem französischen Kennzeichen 7693-XN 51 beim Zurückfahren trotz der Hilfe eines Einweisers gegen den Lkw des Klägers gestoßen ist. Der Kläger hat die Reparaturkosten entsprechend dem Ergebnis des von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens des Sachverständigenbüros B. & G. vom 12.10.2000 (Bl. 7 d.A.) auf 16.975,89 DM netto beziffert. Mit der vorliegenden Klage hat er diese Reparaturkosten sowie die Kosten des Gutachtens i.H.v. 1.219,80 DM netto (Bl. 48 d.A.) abzgl. einer Zahlung der von dem Beklagten mit der Regulierung beauftragten Gothaer Versicherungsbank VVaG i.H.v. 5.062,08 DM mit der Behauptung geltend gemacht, dass der Lkw keine Vorschäden gehabt habe, sondern vor dem Unfall lediglich neu lackiert worden sei. Der Beklagte hat eingewandt, dass es nur zu einem geringfügigen Anstoß gekommen sei, dass sich der Kläger ein eigenes Mitverschulden von 50 % anrechnen lassen müsse (Bl. 57, 176 d.A.), dass sich der Schaden entsprechend dem von der Gothaer Versicherungsbank eingeholten Gutachten des Sachverständigen M. vom 8.3.2002 (Bl. 58 ff. d.A.) nur auf 5.062,08 DM netto belaufe und dass die Klage hinsichtlich der Kosten des Gutachtens des Sachverständigenbüros B. & G. abzuweisen sei, weil dieses Gutachten völlig unbrauchbar sei.

Das LG hat das Gutachten des Sachverständigen E. vom 2.1.2002 zur Schadenshöhe eingeholt (Bl. 108 ff. d.A.). Es hat sodann durch das am 19.4.2002 verkündete Urteil – 1 O 142/01 – der Klage unter Klageabweisung i.Ü. i.H.v. 1.186,25 Euro (= 2.320,11 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basissatz seit dem 3.4.2001 stattgegeben. Es ist dem Gutachten des Sachverständigen E. gefolgt und hat die erforderlichen Reparaturkosten mit 6.162,39 DM netto angenommen (Bl. 170 d.A.). Die Kosten des Gutachtens des Sachverständigenbüros B. & G. hat es als erstattungsfähig angesehen, allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung möglicher Ansprüche gegen das Sachverständigenbüro B. & G.

Gegen dieses Urteil wenden sich der Beklagte mit seiner Erstberufung und der Kläger mit seiner Zweitberufung. Der Beklagte akzeptiert das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Höhe der Reparaturkosten, möchte jedoch die Abweisung der Klage hinsichtlich der vom LG zuerkannten Sachverständigenkosten erreichen. Er ist der Ansicht, dass das LG die Klage insoweit hätte abweisen müssen, weil dieses Gutachten völlig unbrauchbar sei und deshalb – auch deliktsrechtlich – keinen Schadensersatzanspruch auslöse (Bl. 220 ff. d.A.).

Der Kläger, der mit seiner Zweitberufung den Klageanspruch, soweit abgewiesen, weiterverfolgt und u.a. beanstandet hat, dass das LG den Sachverständigen E. trotz seines diesbezüglichen Antrages nicht angehört hat (Bl. 229 ff. d.A.), hat nach der vom Senat im Termin vom 17.12.2002 nachgeholten mündlichen Erläuterung des Gutachtens auf den Hinweis des Senats seine Berufung zurückgenommen (Bl. 253 d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II. Nachdem der Kläger die von ihm eingelegte (Zweit-)Berufung in zulässiger Weise (§ 516 ZPO [n.F.]) zurückgenommen hat, war nur noch über die (Erst-)Berufung des Beklagten zu entscheiden. Dessen Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der Beklagte passivlegitimiert (vgl. hierzu OLG Saarbrücken v. 24.4.2001 – 4 U 419/00 - 106; Geigel/Haag, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Kap. 43, Rz. 56 f.; Voigt, NJW 1976, 451) und dem Kläger dem Grunde nach zum vollen Schadenersatz verpflichtet ist, § 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB. Dies wird von dem Beklagten mit seiner Berufung nicht in Frage gestellt.

2. Umstritten in der Berufungsinsta...

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