Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 26.06.1999; Aktenzeichen 16 O 418/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts in Saarbrücken vom 26.6.1999 – 16 O 418/97 – teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 25.000,– DM nebst 8 % Zinsen ab dem 3. Dezember 1997 zu bezahlen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 84,4 % und die Beklagte 15,6 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,– DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

5. Der Wert der durch diese Entscheidung begründen Beschwer wird für den Kläger auf 134.457,30 DM und für die Beklagte auf 25.000,– DM, der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 159.457,30 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der mit der Beklagten näher bekannte klagende Rechtsanwalt verbrachte die Nacht vom 5. auf den 6. Januar 1996 in der in … gelegenen Eigentumswohnung der Beklagten. Am 6. Januar 1996 setzte in Saarbrücken gegen 8.44 Uhr gefrierender Regen bzw. Sprühregen von leichter bis mittlerer Intensität ein, der am 7. Januar 1996 gegen 4.40 Uhr endete. Die Temperaturen lagen während dieses Zeitraums mit zwei bis drei Grad minus ständig unter dem Gefrierpunkt. Nach dem Haus-Streu-Plan der Wohnungseigentümergemeinschaft oblag an diesem Tag der Beklagten das Streuen der Wege.

Am 6. Januar 1996 brach der Kläger gegen 13.30 Uhr von der Wohnung der Beklagten auf, um einen Termin wahrzunehmen. Dabei verließ er die Wohnung der Beklagten über einen von der Terrasse aus mit Waschbeton ausgelegten, nicht gestreuten Zuweg zur Straße. Dort kam der Kläger infolge Glatteisbildung zu Fall, wodurch er am linken Bein einen Oberschenkel-Trümmerbruch erlitt. Danach wurde der Kläger bis zum 19. Januar 1996 in der Orthopädie-Abteilung des … behandelt. Wegen einer Beinvenenthrombose wurde der Kläger am 21. Januar 1996 erneut in das aufgenommen und über drei Wochen lang bewegungslos gestellt. Ihm wurde das blutgerinnende Medikament Marcumar verabreicht; nach Verlassen der Klinik musste er Kompressionsstrümpfe tragen. Von der Versicherung der Beklagten erhielt der Kläger, der in Höhe der Klageforderung einen Bankzins von 8 % in Anspruch nimmt, vorgerichtlich eine Zahlung über 10.000,– DM.

Der Kläger, der eine ordnungsgemäße Vollmacht der Prozeßvertreter der Beklagten rügt, hat vorgetragen,

infolge einer Verletzung der Streupflicht durch die Beklagte sei er auf einer durch ein offenes Dachabfallrohr verursachten Eispfütze gestürzt. Aufgrund der Komplikation der Heilung stehe ihm ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 70.000,– DM zu. Daneben sei ihm ein materieller Schaden in Höhe von 99.457,30 DM erwachsen, der sich aus 85.000,– DM infolge völliger bzw. teilweiser Erwerbsunmöglichkeit für eine Dauer von fünf Monaten, 7.000,– DM wegen der Anschaffung eines mit einem Airbag ausgestatteten Fahrzeugs, 1.200,– DM Selbstbehalt gegenüber seiner Versicherung, 560,– DM wegen der Einschaltung eines Anwalts, 800,– DM für Fahrten zu Ärzten, 3.000,– DM für Pflege durch die Beklagte, 541,– DM für von der Krankenkasse nicht erstattete Hilfsmittel sowie 1.356,30 DM für Trinkgelder an das Klinikpersonal, Fachbücher, Telefonkosten und Zeitungsanzeigen zusammensetze. Abzüglich des gezahlten Betrages von 10.000,– DM verbleibe eine Restforderung über 159.457,30 DM.

Der Kläger hat beantragt (Bl. 1 d.A.),

die Beklagte zu verurteilen, an ihn insgesamt 159.457,30 DM nebst 8 % Zinsen ab dem 6. Januar 1996 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt (Bl. 14 d.A.),

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

wegen der am Unfalltag herrschenden Witterungsverhältnisse, ständiger Regen mit sich erneuerndem Glatteis, sei jedes Streuen zwecklos gewesen. Jedenfalls treffe den Kläger an dem Unfall ein erhebliches Mitverschulden. Die von ihm geltend gemachten Schadenspositionen würden bestritten.

Durch das angefochtene Urteil (Bl. 107–112 d.A.), auf das wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts kann der Beklagten eine Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht angelastet werden, weil die Streupflicht infolge sich ständig neu bildenden Glatteises entfallen sei. Gegen das am 8. Juli 1998 zugestellte (Bl. 119 d.A.) Urteil richtet sich die am 5. August 1998 eingelegte (Bl. 121 d.A.) und am 2. September 1998 begründete (Bl. 125 d.A.) Berufung.

Der Kläger, der sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft, macht zur Rechtfertigung seines Rechtsmittels geltend, die Witterungsverhältnisse am Unfalltag hätten ein wirksames Streuen zugelassen. Ein Mitverschuldensvorw...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge