Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Umfang der Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 1 BGB
Leitsatz (amtlich)
Auch der Pfandgläubiger kann sich auf die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB berufen, wenn der Schuldner, der die gepfändete Sache zu Eigenbesitz erwarb, einwendet, er habe die Sache zwischenzeitlich an einen Dritten weiterveräußert, weshalb sich sein Besitz in Fremdbesitz umgewandelt habe.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 22.02.2006; Aktenzeichen 3 O 437/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.2.2006 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 3 O 437/04 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Zwangsvollstreckung der Klägerin in die Möbelstücke
- den Dielenschrank Louis XVI
- die Standuhr William Bessa, schwarz
- das Gemälde Hermann Kern 1855 (Größe 60 × 70 cm)
- das Gemälde F. A. Land (160 × 130 cm)
- und eine Eichentruhe, circa 1,20m lang
gemäß der Pfändung des Obergerichtsvollziehers R. vom 22.6.2004 - DR II 1197/04 - für unzulässig erklärt.
VII. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
IX. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin betreibt aus der Grundschuldbestellungsurkunde mit Übernahme der persönlichen Haftung mit sofortiger Vollstreckungsunterwerfung vom 14.5.1999 über 240.000 EUR gegen den Zeugen B. die Zwangsvollstreckung. Im Zwangsversteigerungstermin über dessen Grundstück, [Straße] in [Ort] erhielt die Beklagte am 8.6.2004 den Zuschlag i.H.v. 206.000 EUR. Wegen einer weiteren Forderung über 15.000 EUR pfändete der Obergerichtsvollzieher R. im Auftrag der Klägerin am 22.6.2004 folgende Gegenstände in dem noch vom Zeugen B. bewohnten Haus:
- einen Dielenschrank Louis XVI
- eine Standuhr William Bessa, schwarz
- das Gemälde Hermann Kern 1855
- das Gemälde F. A. Land
- und eine Eichentruhe, circa 1,20m lang
Die Parteien streiten nunmehr über das Eigentum an den Möbelstücken und Kunstgegenständen sowie über das Bestehen eines Pfändungspfandrechtes der Klägerin. Insoweit beruft sich die Beklagte darauf, sie habe die gepfändeten Gegenstände bis auf die Eichentruhe bereits am 10.8.2002 von dem Zeugen B. käuflich erworben, diese aber im Hausanwesen des Zeugen stehen lassen. Die Eichentruhe habe sie am 14.6.2004 erworben. Demgegenüber vertritt die Klägerin die Auffassung, sie habe an diesen Gegenständen ein Pfändungspfandrecht erworben, da der Zeuge B. am 22.6.2004 noch Eigentümer der Gegenstände gewesen sei. Hierfür spreche die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB, die die Beklagte nicht widerlegt habe.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Herausgabe der gepfändeten Gegenstände, nachdem die Beklagte das in der Zwangsversteigerung erworbene Hausanwesen zwischenzeitlich in Besitz genommen hat. Die Beklagte ihrerseits begehrt im Wege der Drittwiderspruchsklage die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in diese Gegenstände.
Durch das angefochtene Urteil (Bl. 147 ff.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag sowie ihren Widerklageantrag weiter. Sie vertritt die Auffassung, das LG sei zu Unrecht von der Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, die sie nicht widerlegt habe, ausgegangen. Diese Vermutung komme dann nicht zum Tragen, wenn der Besitzer selbst, wie vorliegend der Zeuge B., seinen Eigenbesitzwillen bestreite. Vielmehr hätte die Klägerin den Eigenbesitz des Zeugen B. beweisen müssen, was ihr aber nicht möglich sei. Letztlich komme es hierauf aber nicht entscheidungserheblich an, denn der Fremdbesitz des Zeugen B. sei durch Urkunden bewiesen. Die Erstrichterin habe § 440 Abs. 2 ZPO übersehen, wonach die über der Unterschrift stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich habe. Deshalb hätte die Klägerin die Unrichtigkeit des Inhalts der Lieferscheine beweisen müssen. Dies sei ihr nicht gelungen. Soweit der Sachverständige "Besonderheiten", die Manipulationszweifel erweckten, festgestellt habe, gehe dies zu Lasten der Klägerin, da eine Manipulation eben nicht nachgewiesen sei.
Schließlich überzeuge auch die Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht. Es habe übersehen, dass für die Version der Klägerin nichts spreche. So sei schon zweifelhaft, aus welchem Grund die Beklagte sich mit dem Zeugen B. zusammenschließen solle, um die Pfändung zu verhindern. Unklar bleibe auch die Interessenlage des Zeugen B., dem es doch im Wesentlichen darauf ankommen müsse, die Restschuld bei der Klägerin zu verringern. Demgegenüber sei die Version der Beklagten nicht ungewöhnlicher. Sie habe, da sie aus dem Raum Z. stamme, die Gelegenheit ergriffen, die vo...