Leitsatz (amtlich)
1. Auch ohne aggressives Verhalten stellt ein Hunderudel regelmäßig eine Tiergefahr dar.
2. Die besondere Schreckhaftigkeit eines Pferdes kann im Einzelfall zur Folge haben, dass der gestürzte Pferdehalter seinen Schaden alleine zu tragen hat, weil die Tierhalterhaftung für ein anderes beteiligtes Tier gänzlich zurücktritt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 29.04.2004; Aktenzeichen 16 O 142/03) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 29.4.2004 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 16 O 142/03 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten (hinsichtlich der Kosten) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Beklagten leisten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt 20.000 EUR.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagten aus Tierhalterhaftung - die Beklagte zu 3) darüber hinaus auch aus unerlaubter Handlung - wegen der Folgen und des Schadens in Anspruch, die ihm am 18.5.2000 anlässlich eines Sturzes von seinem Pferd auf dem Hof der Pferdepension der Familie der Beklagten entstanden sind; außerdem verlangt er Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes - von mindestens 12.500 EUR.
Zum Schadenshergang hat der Kläger vorgetragen, er habe - auf seinem Pferd sitzend - im Innenhof auf die Zeugin W. gewartet, als die Beklagte zu 3) drei Hunde der Beklagten aus dem Zwinger gelassen habe, um diese bei einem Ausritt mitzunehmen; in der Folge habe sein Pferd "gebockt", wobei er gestürzt sei. Hinsichtlich der Einzelheiten des klägerischen Sturzes ist zwischen den Parteien im Wesentlichen streitig, ob die Hunde nach Verlassen des Hofes zusammen nochmals in den Hof "hineingeprescht" sind und hierdurch das Pferd des Klägers so erschreckt haben, dass es eine unkontrollierte Bewegung vornahm, wodurch der Kläger dann zu Fall kam.
Zur Begründung einer deliktischen Haftung der Beklagten zu 3) hat der Kläger vorgetragen, diese habe fahrlässig gehandelt, da sie bei Freilassen der Hunde die naheliegende Gefahr für seine Person, die sich dann auch verwirklicht habe, habe voraussehen können.
Zur Anspruchshöhe hat der Kläger behauptet, bei dem in Rede stehenden Sturz die in dem orthopädischen Gutachten vom 8.8.2002 (Bl. 14 ff.) festgehaltenen schwerwiegenden Verletzungen - die das geltend gemachte Schmerzensgeld ohne weiteres rechtfertigten - erlitten zu haben, wodurch ihm zugleich ein finanzieller Schaden (Verdienstausfall pp.) i.H.v. 65.392,35 EUR (vgl. wegen der Berechnung Bl. 8 ff.) entstanden sei. Die Beklagten hätten ihm auch für alle Folgeschäden einzustehen, was entsprechend seinem weiteren Antrag festzustellen sei.
Durch das angefochtene Urteil (Bl. 149-159), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Klage nach Beweiserhebung zum Schadenshergang insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, letztlich könne offen bleiben, ob der Schilderung der Zeugin W. sowie des Klägers einerseits oder der abweichenden Darstellung der Beklagten zu 3) und 1. anlässlich deren Anhörung andererseits Glauben zu schenken sei, da trotz der Bekundungen der Zeugin W. zur Rückkehr der Hunde in den Hof nicht ausräumbare Zweifel hinsichtlich des Vorliegens einer Tiergefahr und deren Ursächlichkeit für den Sturz verblieben. Der einzige "ungewöhnliche" Umstand, den die Zeugin bestätigt habe, sei das recht schnelle "Um-die-Ecke-Laufen" der Hunde gewesen; dass die Hunde irgendein körperliches Verhalten in Bezug auf das Pferd des Klägers gezeigt hätten, habe die Zeugin gerade nicht bekundet. Auch eine kausale Verknüpfung zwischen der Rückkehr der Hunde in den Hof und dem Sturz des Klägers sei letztlich nicht erwiesen. Ein Anscheinsbeweis komme insoweit schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger unstreitig am Vortag - aus anderen Gründen - schon einmal von seinem Pferd gestürzt sei. Gegen eine Ursächlichkeit spreche auch, dass das Pferd des Klägers mit Hunden - auch den in Rede stehenden - vertraut sei und beim Hinauslaufen der Hunde - an dem Kläger und seinem Pferd vorbei - unstreitig nichts passiert sei. Letztlich könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Pferd wiederum das gleiche gefährliche Verhalten wie am Vortag gezeigt habe.
Ein fahrlässiges Verhalten der Beklagten zu 3) sei nicht erkennbar und jedenfalls auch nicht nachweislich schadensursächlich.
Die Voraussetzungen des § 834 BGB lägen ersichtlich nicht vor.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, der das Klagebegehren insgesamt weiterverfolgt. Er rügt in erster Linie die Beweiswürdigung des LG, das nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass die Zeugin W. glaubhaft und eindeutig bestätigt habe, dass die drei Hunde - sich balgend und herumspringend - auf den Hof zurückgelaufen seien...