Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 16.05.1983; Aktenzeichen 16 O 261/82)

 

Gründe

Hinsichtlich des Tatbestandes wird auf das angefochtene Urteil, die zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze der Parteien, die zur Information beigezogenen Akten 13 Js 12032/79 der Staatsanwaltschaft S. sowie die Sitzungsniederschrift vom 1. März 1985 Bezug genommen.

Die Berufung ist zulässig und in geringem Umfang begründet.

Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagten gegenüber dem Kläger aus dem Verkehrsunfall vom 13. 12. 1979 wegen schuldhafter Verletzung des § 5 Abs. 2 StVO zum Schadensersatz verpflichtet sind. Hierzu wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Berufung gibt insoweit zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlaß. Daß der Beklagte zu 1) unter Gefährdung des entgegenkommenden Klägers überholt hat, ergibt sich schon aus den Bekundungen der Zeugen ... und ..., wonach der Beklagte zu 1) beim Auftauchen des Klägers zwar im Wiedereinscheren begriffen, die Entfernung zum entgegenkommenden Pkw des Klägers aber sehr knapp gewesen sei und dieser angesichts des überholenden Fahrzeugs eine Fahrbewegung nach rechts auf den Seitenstreifen gemacht habe. Diese Darstellung können die Beklagten nicht mit der Begründung als unzuverlässig werten, daß die Zeugen falsche Entfernungsangaben gemacht hätten. Denn bei diesen handelt es sich naturgemäß nur um Schätzungen, die erfahrungsgemäß großen Fehlern unterliegen können, insbesondere wenn es um in Bewegung befindliche Fahrzeuge geht, bei denen sich Entfernungen und Abstände in Sekundenschnelle verändern. Dessen ungeachtet waren die Zeugen aber durchaus in der Lage, die Gefährlichkeit des Überholmanövers und die dadurch ausgelöste Reaktion des Klägers zu beobachten. Die Angaben dieser Zeugen stehen allerdings im Gegensatz zu der Aussage des Zeugen ..., wonach der Beklagte zu 1) sich im Augenblick des Auftauchens des Klägers wieder auf seiner rechten Fahrspur befunden habe und der Kläger sich bereits auf der Kuppe mit seinem Pkw, wohl wegen überhöhter Geschwindigkeit, im Schleudern befunden habe. Auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen ... vom 8. 2. 1983 in Verbindung mit dessen Anhörung im Termin vom 25. 4. 1983 ist aber den Aussagen ... und ... der Vorzug zu geben. Denn der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, daß im Falle einer maximalen Beschleunigung von 1,5 m/sec2 der Beklagte zu 1) bei einer Ausgangsgeschwindigkeit (zu Beginn des Überholens) von 90 bis 100 km/h noch voll auf der Überholspur war, als er in den Sichtbereich des Klägers einfuhr, und bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 80 km/h zwar wieder auf seine rechte Fahrspur gelangt war, aber nur 25 m vor der Begegnung mit dem Fahrzeug des Klägers. Wenn auch etwa 1,5 Sekunden vorher - das Wiedereinscheren nahm ausweislich der Gutachten ... und ... mindestens 1,7 Sekunden in Anspruch -, ein Zeitraum, der bei einem beiderseitigen Tempo von rund 100 km/h einem Abstand von ca. 83 m entspricht, erkennbar wurde, daß der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug nach rechts zu steuern und somit die linke Fahrspur wieder freizumachen beginnt, so ändert dies angesichts der mit hoher Geschwindigkeit aufeinander zukommenden Pkw nichts daran, daß bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von rund 80 km/h für den Kläger zwar keine zwingende Veranlassung mehr zu einer Notmaßnahme bestand, die möglicherweise objektiv falsche Ausweichbewegung aber auf das Überholmanöver und die dadurch heraufbeschworene Gefährdung zurückzuführen ist.

Entscheidend geht es danach um die Frage, ob der Sachverständige ... bei der Unfallrekonstruktion von einer Ausgangsgeschwindigkeit des Beklagten zu 1), d.h. einer Kolonnengeschwindigkeit unmittelbar vor dem Überholbeginn, von mindestens 80 km/h ausgehen durfte. Dies hat das Landgericht entgegen der Meinung der Beklagten zu Recht bejaht. Die Aussagen gehen insoweit allerdings auseinander. Der Zeuge ... hat die Geschwindigkeit mit etwa 90 bis 100 km/h, der Zeuge ... mit 50 bis 70 km/h und der Zeuge ... mit nur 50 km/h angegeben. Was den Zeugen ... betrifft, ist aber zu berücksichtigen, daß er seine Fahrgeschwindigkeit bei der polizeilichen Vernehmung vom 27. 12. 1979, also zwei Wochen nach dem Unfall, auf 80 km/h geschätzt hat. Hinsichtlich des Zeugen ... können sich die Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen, daß dieser die vorausfahrenden Pkw des Zeugen ... und des Beklagten zu 1) erst kurz zuvor aufgeholt und in der Zeit des Aufschließens möglicherweise schneller gefahren sei. Denn der Zeuge hat seine Aussage ausdrücklich auf die Geschwindigkeit der Kolonne bezogen, an deren Ende er gefahren ist.

Vor allem aber gehen die Beklagten bei ihren Einwänden über die Erwägungen des Sachverständigen im Termin vom 25. 4. 1983 hinweg, in dem dieser überzeugend dargelegt hat, daß eine Geschwindigkeit von 50 km/h und allgemein ein Tempo von wesentlich weniger als 80 km/h auszuschließen ist. Der Sachverständige hat hierbei in...

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