Leitsatz (amtlich)
Beim Aufstellen absenkbarer Poller muss der Verkehrssicherungspflichtige die Verkehrsteilnehmer nachhaltig davor warnen, dass die Polleranlage nur einzeln passiert werden darf. Genügt der Verkehrssicherungspflichtige dieser Warnpflicht, ist es zur Verkehrssicherung nicht erforderlich, die Polleranalge so zu konstruieren, dass sich der Poller auch dann wieder absenkt, wenn sich ein Fahrzeug dem ausfahrenden Poller nähert.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 14.01.2011; Aktenzeichen 4 O 389/10) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Saarbrücken vom 14.1.2011 - 4 O 389/10 - abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.747,54 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin den beklagten Landkreis unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht auf Schadensersatz für die Folgen eines Verkehrsunfalls in Anspruch, der sich am 24.6.2007 gegen 8:20 Uhr im Bereich der zentralen Ein- und Ausfahrt des Seegeländes Bostalsee ereignete.
Eine Mitarbeiterin der Klägerin, die Zeugin, fuhr mit einem im Eigentum der Klägerin stehenden Transporter vom Seegelände kommend auf die zentrale Zu- und Ausfahrt. Diese Ein- und Ausfahrt zum Seegelände wird durch eine Polleranlage geregelt:
Die Fahrbahn wird im Bereich der Polleranlage durch eine Verkehrsinsel geteilt, auf der das Verkehrszeichen Nr. 325 angebracht ist. Darunter befindet sich ein weißes Schild mit der schwarzen Aufschrift "Polleranlage einzeln einfahren". Im Ein- und Ausfahrtbereich der Polleranlage befindet sich eine Lichtzeichenanlage, die entweder grünes oder rotes Licht zeigt. Beim Ausfahren des Poller ertönt ein akustisches Warnsignal.
Vor der Zeugin fuhr zum Unfallzeitpunkt ein weiteres Transportfahrzeug, das vor der Polleranlage anhielt. Als sich die Zeugin diesem Fahrzeug näherte, setzte dieses seine Fahrt fort. Die Zeugin folgte unter Missachtung der rotes Licht zeigenden Ampel ohne anzuhalten. Beim Überfahren des Pollers fuhr der Poller aus und beschädigte das Fahrzeug der Klägerin im Unterbodenbereich.
Die Klägerin hat behauptet, die Zeugin habe beim Durchfahren der Polleranlage den relativ leisen Warnton nicht gehört, da dieser von den beiden Dieselmotoren übertönt worden sei. Der Poller sei erst hochgefahren, als sich das Fahrzeug der Klägerin bereits über ihm befunden habe. Dies ergebe sich daraus, dass der Schaden nicht im Frontbereich, sondern im Bereich des Unterbodens entstanden sei. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe durch die konkrete Gestaltung der Polleranlage seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Das Schild "Polleranlage - einzeln einfahren" sei klein; seine Aufschrift sei nichts sagend. Die Rundleuchten der Lichtzeichenanlage seien mit einem Durchmesser von lediglich 8 cm nicht groß genug und befänden sich nicht in einer Höhe, in der mit anderen Anlagen zu rechnen sei. Die Polleranlage habe den maßgeblichen Sicherheitsanforderungen nicht entsprochen, indem sie auf das herannahende Fahrzeug nicht reagiert und den Ausfahrvorgang auch dann noch fortgesetzt habe, als sich das klägerische Fahrzeug bereits über dem Poller befunden habe.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin
1. 6.006,85 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.7.2010 zu zahlen;
2. vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 507,50 EUR nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Dem ist der Beklagte entgegengetreten.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Unfall sei auf die Unaufmerksamkeit der Zeugin ... zurückzuführen. Diese habe sämtliche Warnhinweise missachtet, so dass ein etwaiges geringfügiges Verschulden des Beklagten gem. § 254 BGB wegen des überwiegenden Eigenverschuldens der Zeugin zurückzutreten habe.
Das LG hat der Klage in Höhe eines Betrages von 2.747,54 EUR stattgegeben. Es hat hierbei ausgeführt: Der Beklagte sei der Klägerin gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG und § 9 SaarlStrG dem Grunde nach zum Ersatz des entstandenen Sachschadens verpflichtet, da der Beklagte den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht nicht gerecht geworden sei. Die Klägerin könne gleichwohl nicht Ersatz des vollen unfallbedingten Schadens beanspruchen, da der Zeugin ... ein schadensursächliches Mitverschulden zur Last falle, welches mit 50 % zu bewerten sei. Hinsichtlich der Mietwagenkosten sei nach dem Schadensgutachten des Sachverständigen Völker nur von einer Reparaturdauer von insgesamt vier Tagen auszugehen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.
Der Beklagte vertritt zunächst die Auffassung, dass ihm hinsichtlich der Gestaltung der Polleranlage keine Verletzung der gebotenen Verkehrssicherungspfli...