Leitsatz (amtlich)
Es kann im Einzelfall eine grobfahrlässige Verletzung der Amtspflichten eines Einsatzleiters der Freiwilligen Feuerwehr darstellen, wenn er das Aufstellen einer Brandwache unterlässt, deren Notwendigkeit sich ihm aufdrängen musste, und er es zugleich versäumt, mit den vor Ort anwesenden Brandermittlern der Polizei, die die Brandwache de facto übernommen haben, klare Absprachen zu treffen, um zu gewährleisten, dass diese bis zu einer geplanten Nachschau vor Ort bleiben.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr um ehrenamtlich tätige Personen handelt, an deren Amtsausübung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 - III ZR 54/17, NJW 2018, 2723).
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 496/13) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.09.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (4 O 496/13) wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht wegen behaupteter fahrlässiger Verursachung eines (zweiten) Brandes durch die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten im Anwesen ... pp. geltend.
I. Die Klägerin ist Versicherer des Gebäudes ... pp., das im Eigentum der Frau M. B. steht.
Am 30.09.2010 kam es in diesem Gebäude zu einem Zimmerbrand im Dachgeschoss, der durch den technischen Defekt eines elektrischen Gerätes (TV-Gerät) ausgelöst worden sein soll. Die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten wurde um 16.17 Uhr hinzugerufen und löschte diesen (ersten) Brand. Die Meldung "Feuer aus" erfolgte um 16.39 Uhr. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr verließen nach dem Löschen gegen 17.30 Uhr den Brandort. Zu diesem Zeitpunkt befand sich noch ein Brandermittlungsteam der Polizei vor Ort, das noch einige Zeit nach dem Abrücken der Feuerwehr vor Ort verblieb.
Um 18.15 Uhr sollte eine Nachschau am Brandort erfolgen. Etwa gegen 18.16 Uhr am selben Tag - ca. 45 Minuten nach dem Verlassen des Brandorts durch die Feuerwehr - kam es im selben Haus zu einem erneuten Brand, wobei die Meldung des (zweiten) Brandes um 18.16 Uhr bei der Freiwilligen Feuerwehr einging. Zu diesem Zeitpunkt war die Freiwillige Feuerwehr nicht mehr vor Ort.
Der zweite Brand wurde ebenfalls von der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten gelöscht, die um 18.25 Uhr am Brandort eintraf. Bei diesem Brand wurde der gesamte Dachstuhl des Hauses zerstört.
Die Klägerin erbrachte im Rahmen ihrer versicherungsvertraglichen Verpflichtung gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin Leistungen und macht diese nunmehr im Regressweg gegen die Beklagte geltend.
Mit Schreiben vom 29.06.2011 (Anlage K 7 - Bl. 19 d. A.) meldete die Klägerin bei der Beklagten ihre Ansprüche dem Grund nach zum Regress an. Der Versicherer der Beklagten, die GVV Kommunalversicherung VVaG, lehnte mit Schreiben vom 06.10.2011 (Anlage K 8 - Bl. 20 d. A.) die Forderung ab. Auch auf ein erneutes Schreiben der Klägerin vom 19.10.2011 (Anlage K 9 - Bl. 22 d. A.) erfolgte eine endgültige Ablehnung des Versicherers der Beklagten mit Schreiben vom 02.02.2012 (Anlage K 10 - Bl. 23 d. A.).
II. Die Klägerin hat behauptet, die Polizei habe den Brandort bereits gegen 17.37 Uhr verlassen gehabt.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Brandstelle nach dem Löschen des ersten Brandes auf Glutnester untersucht worden war. Eine Brandwache wurde unstreitig nicht aufgestellt.
Die Klägerin hat behauptet, das zweite Feuer sei zwingend im Zusammenhang mit dem ersten Feuer zu sehen. Die ermittelnde Polizei sowie ein von ihr, der Klägerin, beauftragter Sachverständiger seien zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem Folgebrand nicht um ein eigenständiges bzw. separates Brandgeschehen gehandelt habe. Es sei davon auszugehen, dass hier ein nochmaliges Auflodern des Ursprungsfeuers die Brandursache gewesen sei. Zu dem Zimmer habe niemand mehr Zutritt gehabt, es sei verschlossen gewesen und der Schlüssel der Polizei übergeben worden. Die Elektroinstallation sei durch die Feuerwehr ausgeschaltet worden, so dass ein weiterer elektrotechnischer Defekt ausgeschlossen werden könne. Die Wohnung sei auch nicht mehr von den Bewohnern betreten worden.
Die Feuerwehr der Beklagten habe bei der Löschung des ersten Brandes (grob) fahrlässig gehandelt. Es habe insbesondere keine ordnungsgemäße Brandnachsorge gegeben.
Zum einen sei der Brandort nach dem Löschen des ersten Brandes nicht untersucht worden. Insbesondere habe es keine Untersuchung auf Brandnester gegeben. Beim Löschen d...