Leitsatz (amtlich)
Zur Haftung des Anwalts wegen unzureichender Aufklärung über die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche.
Ein Rechtsanwalt verletzt seine Pflicht zur möglichst umfassenden Beratung, wenn er es unterlässt, seinen Mandanten unmissverständlich über die Risiken einer ohne Ablehnungsandrohung ausgesprochenen Fristsetzung zur Erbringung einer Werkleistung zu belehren. Der Rechtsanwalt darf sich hierbei jedenfalls dann nicht auf eine allgemeine Darstellung des werkvertraglichen Gewährleistungssytems beschränken, wenn der Mandat den Rechtsanwalt bereits bei der Mandatierung auf die Möglichkeiten einer Auflösung des Werkvertrags angesprochen hat.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 05.03.2004; Aktenzeichen 9 O 137/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Grundurteil des LG Saarbrücken vom 5.3.2004 - 9 O 137/03 - aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger den beklagten Rechtsanwalt unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger beauftragte die Firma G. und T.T.I. (im Folgenden: Unternehmer) mit der Anlegung eines Schwimmteiches im Garten seines Hausanwesens. Während der Arbeitsdurchführung kam es zu Kontroversen, da der Kläger mit der Qualität und dem zeitlichen Voranschreiten der Arbeiten unzufrieden war.
Im April 2001 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Der Beklagten bestellte sich mit Schreiben vom 9.4.2001 (Bl. 11 d.A.). Das an den Unternehmer gerichtete Schreiben trägt auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Vereinbart war, ... dass Ihr Gewerk zum 1.4.2001 fertig gestellt sein sollte. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Sie nicht in der Lage waren, Ihren vertraglichen Verpflichtungen, nämlich das Gewerk bis zum 1.4.2001 fertigzustellen, nachzukommen. Mein Mandant hat Ihnen ggü. auch sehr viel Nachsicht walten lassen und Sie ständig aufgefordert, die Arbeiten zügig fortzuführen, damit der Teich zum 1.4.2001 fertiggestellt werden kann. Wie gesagt, diese Leistungsverpflichtung haben Sie nicht erfüllt. Da mein Mandant andererseits Ihnen ggü. bereits erhebliche Vorleistungen erbracht hat, möchte er, zumindest derzeit, nicht ein anderes Unternehmen einschalten. Ich gebe Ihnen hiermit Gelegenheit, Ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Herstellung des Schwimmteichs bis zum 10.5.2001 zu erfüllen. Sollten Sie bis dorthin die vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt haben, werden Sie mit Schadensersatzansprüchen zu rechnen haben. Insbesondere werden Sie die an Sie bereits geleisteten Zahlungen zurückzuerstatten haben."
In einem weiteren Schreiben vom 19.4.2001 (Bl. 16 d.A.) wandte sich der Beklagte an die Rechtsvertreter des Unternehmers. Auszugsweise lautet das Schreiben wie folgt:
"Obwohl Ihr Mandant ... nicht unerheblich in Verzug ist, ist mein Mandant nach wie vor bereit, die Leistung Ihres Mandanten dann zu akzeptieren, wenn Sie bis spätestens 10.5.2001 vertragsgemäß erstellt ist ... Sollte bis zu diesem Zeitpunkt allerdings Ihr Mandant seine Leistung nicht erbracht haben, müsste zu meinem Bedauern die Angelegenheit gerichtlich ausgefochten werden."
Am 10.5.2001 waren die Arbeiten nicht zur Zufriedenheit des Klägers fertiggestellt. Dennoch kam der Kläger mit dem Unternehmer überein, dass weitere Arbeiten nicht mehr vorgenommenen werden sollten. Mit Schreiben vom 14.5.2001 forderte der Beklagte den Unternehmer zur Zahlung der bereits erhaltenen Gelder (24.508,40 DM) auf und wies darauf hin, dass der Kläger gezwungen sei, ein Drittunternehmen mit der Herstellung des Werks zu beauftragen.
Im beigezogenen Verfahren 14 O 200/01 des LG Saarbrücken hat der Beklagte für den Kläger Klage auf Rückzahlung des Werklohns sowie auf Feststellung erhoben, dass der Unternehmer verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die durch die Beseitigung des vom Beklagten mangelhaft angelegten Teiches entstünden. Die Klage blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg, da die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch wegen der fehlenden Ablehnungsandrohung nicht gegeben waren (Urt. v. 17.9.2002; BA Bl. 137 ff.). Im dortigen Berufungsrechtszug hat der Kläger dem Beklagten den Streit verkündet.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Anwaltsvertrag dadurch verletzt, dass er es versäumt habe, in seinem Schreiben vom 9.4.2001 eine Ablehnungsandrohung auszusprechen. Er hat behauptet, der Beklagte habe erklärt, dass der Kläger nach Ablauf der gesetzten Frist zum 10.5.2001 den Unternehmer von der Baustelle verweisen, die bereits gezahlten Beträge zurückverlangen und eine Drittfirma auf Kosten des Unternehmens beauftragen könne. Am 10.5.2001 habe der Kläger ggü. dem Unternehmer die Unterschrift unter eine Abnahme verweigert, was dieser ...