Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Auslegung einer an eine Altfassung der VOB/B angelehnten Klausel eines Bauvertrags

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vertragsklausel, wonach der Auftragnehmer "alle innerhalb der Gewährleistungsfrist hervortretenden und schriftlich angezeigten Mängel beseitigt, vermittelt der Mängelanzeige außerhalb des Geltungsbereichs der VOB/B (§ 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1) keine verjährungsunterbrechende Wirkung.

2. Beim BGB-Werkvertrag darf der Besteller unter den Voraussetzungen der §§ 639, 478 BGB a.F. auch nach Eintritt der Verjährung seiner Gewährleistungsansprüche die gestellte Sicherheit verwerten.

3. Der Ankündigung des Bestellers, auf der Grundlage künftiger Erkenntnisse erneut in die Prüfung über Gewährleistungsansprüche eintreten zu wollen, liegt im Regelfall nicht der Erklärungsinhalt zugrunde, i.S.d. § 203 BGB in Verhandlungen über die Berechtigung der Gewährleistungsansprüche eintreten zu wollen.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 03.11.2005; Aktenzeichen 14 O 212/03)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 3.11.2005 - 14 O 212/03 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leisten.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 65.069 EUR festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagten aus einem Bauvertrag auf Gewährleistung in Anspruch.

Die Klägerin beauftragte mit Vertrag vom 29.5.1995 (GA I Bl. 6 ff.) die beklagte Arbeitsgemeinschaft mit der Errichtung einer Produktionshalle im Industriegebiet in [Ortsbezeichnung]. Die vorläufige Auftragssumme betrug 4,2 Mio. DM. Dem Vertrag liegen "Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführungen von Bauleistungen" zugrunde (GA I Bl. 13 ff.), die von einem Architekten der Klägerin ausgearbeitet wurden.

Dort heißt es unter Nr. 1.08:

Gewährleistung

1. Die Gewährleistungsfrist beträgt für alle Leistungen fünf Jahre gemäß BGB vom Tage der gebrauchsfähigen Abnahme an.

2. Der Auftragnehmer beseitigt kostenlos alle innerhalb der Gewährleistungsfrist hervortretenden und schriftlich angemeldeten Mängel, die auf vertragswidrige Leistung und versteckte Mängel zurückzuführen sind, einschließlich der Übernahme der hierdurch entstehenden Folgekosten.

Unter Nr. 1.14 haben die Parteien einen Sicherheitseinbehalt von 5 % der Schlussabrechnungssumme vereinbart, der vertragsgemäß durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft abgelöst wurde. Der Sicherungseinbehalt sollte nur dann ausgezahlt werden, wenn sich während der Gewährleistungszeit keine Mängel gezeigt haben.

Die Abnahme erfolgte am 9.7.1996. Mit Schreiben vom 19.1.2001 (GA I Bl. 30) rügte der Architekt der Klägerin eine Rissbildung im Sichtmauerwerk und Brüstungsmauerwerk und forderte die Beklagten mit Fristsetzung zum 2.2.2001 zur Mängelbeseitigung auf. Mit Schreiben vom 31.1.2001 (GA I Bl. 31) lehnten die Beklagten eine Beseitigung der Mängel mit der Begründung ab, dass ein Mangel in der Bauausführung nicht vorliege. Mit Schriftsatz vom 18.2.2002 beantragte die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. In diesem Verfahren erstattete der Sachverständige S. am 11.11.2002 ein Gutachten und stellte Mängel fest, deren Mängelbeseitigungskosten er auf insgesamt 65.069 EUR schätzte. Diese Summe bildet den Gegenstand der Leistungsklage.

Mit Schreiben vom 13.2.2002 verlangten die Beklagten durch ihren Prozessbevollmächtigten die Rückgabe des Bürgenscheins.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien gem. § 633 Abs. 3 BGB zur Zahlung der Mängelbeseitigungskosten verpflichtet, die auch als Vorschuss geltend gemacht werden könnten. Die vereinbarte Verjährungsfrist habe durch die schriftliche Rüge innerhalb der fünfjährigen Gewährleistungsfrist erneut zu laufen begonnen. Zumindest habe die schriftliche Rüge die zweijährige Verjährungsfrist der VOB/B in Lauf gesetzt. Dies folge daraus, dass Nr. 1.08 der Vertragsbedingungen an die in § 13 Nr. 5 S. 1 VOB/B enthaltene Regel angelehnt sei. Die Parteien seien sich einig gewesen, dass das Ende der Gewährleistungsfrist durch bloße schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung hinausgeschoben würde. Allerdings könne die Klägerin den Nachweis dafür, dass die Klausel mit dem von ihr behaupteten Inhalt verhandelt worden sei, nicht mehr führen. Jedenfalls seien die Beklagten nach Treu und Glauben daran gehindert, sich auf Verjährung zu berufen.

Weiterhin hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Allgemeinen Vertragsbedingungen nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. AGBG handele, da die einzelnen Klauseln der Leistungsbeschreibung mit sämtl...

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