Leitsatz (amtlich)

1. Ein rein tatsächliches Anerkenntnis des Schuldners ist zwar ausreichend, um die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gem. § 212 BGB neu beginnen zu lassen. Dies ist aber nur möglich, wenn zum Zeitpunkt der Abgabe des Anerkenntnisses die Verjährungsfrist noch nicht verstrichen war. Ein nach Ablauf der Verjährungsfrist abgegebenes Anerkenntnis kann die eingetretene Verjährung nicht mehr beseitigen; der Anspruch bleibt verjährt.

2. Ein nach Ablauf der Verjährungsfrist abgegebenes rein tatsächliches Anerkenntnis kann zwar unter Umständen als Verzicht auf die Einrede der Verjährung aufgefasst werden. Insoweit gilt, dass es bei einer ausdrücklichen Verzichtserklärung nicht darauf ankommt, ob der Schuldner Kenntnis von dem Ablauf der Verjährungsfrist hatte. Dagegen lassen sich schlüssige Handlungen nur als Verzicht deuten, wenn der Schuldner vom Eintritt der Verjährung weiß oder mit ihr rechnet.

 

Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 20.01.2010; Aktenzeichen 2 O 279/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Stade vom 20.1.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelfer trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten und der Streithelfer wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten und die Streithelfer vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschwer für die Klägerin: über 20.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht ggü. den Beklagten aus abgetretenem Recht Gewährleistungsansprüche aus einem Generalunternehmervertrag aus dem Jahre 1999 geltend.

Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG (Bl. 453 ff. GA) Bezug genommen.

Durch Urteil des LG vom 20.1.2010 ist die Klage abgewiesen worden. Nach Ansicht des Gerichts sei der von der Klägerin geltend gemachte Gewährleistungsanspruch verjährt. Die vereinbarte zweijährige Gewährleistungsfrist sei am 13.6.2002 abgelaufen gewesen und damit weit vor dem im Juni 2005 beantragten selbständigen Beweisverfahren.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie macht geltend, die Auslegung von § 13 Abs. 1 des Generalunternehmervertrages ergebe, dass für das hier streitgegenständliche Parkdeck eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren entsprechend der Regelungen des BGB gewollt und vereinbart sei. Lediglich für das Dach habe gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Vertrages eine Frist von 10 Jahren gelten sollen, sofern ein Wartungsvertrag abgeschlossen werde. Nur diese Auslegung der Vertragsklausel führe zu einer vernünftigen Regelung. Dagegen mache es keinen Sinn, wenn die Fünfjahresfrist nur dann habe gelten sollen, wenn für das gesamte Bauwerk Wartungsverträge abgeschlossen würden. Dies gilt um so mehr, als dass insbesondere auch das hier streitgegenständlichen Parkdeck mit seiner Gussasphaltdecke keine besondere Wartung erfordere. Im Übrigen habe die Beklagte zu 1 keine Angebote für Wartungsverträge abgegeben, so dass ihre Berufung auf den Nichtabschluss von Wartungsverträgen treuwidrig sei.

Die Klägerin macht weiter geltend, die Beklagte zu 1 habe mit ihren Schreiben vom 3.6.2005 und 8.6.2005 ein Mangelanerkenntnis abgegeben, das einen Neubeginn der Verjährung gem. § 212 BGB zur Folge habe. Beiden Schreiben sei zu entnehmen, dass sich die Beklagte zu 1 als gewährleistungspflichtig betrachte; sie habe damit die fünfjährige Gewährleistungsfrist als unstreitig gestellt. Jedenfalls sei den Schreiben der Beklagten zu 1 ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu entnehmen.

Die Klägerin führt ferner aus, aus den Gutachten des Sachverständigen W. ergebe sich eindeutig, dass die von der Beklagen zu 1 zu erbringenden Werkleistungen in Bezug auf das Parkdeck mit Mängeln behaftet seien, so dass sie zur Mängelbeseitigung verpflichtet sei. Da ihr, der Klägerin, die Gewährleistungsansprüche aus dem Generalunternehmervertrag abgetreten worden seien, könne sie die Beklagten auf Zahlung eines Vorschusses für eine Mängelbeseitigung in Anspruch nehmen. Sie habe die Beklagte zu 1 mehrfach ergebnislos unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Die Höhe der voraussichtlichen Kosten würden 342.857,14 EUR netto betragen, wobei die Beklagten zu 2 und 3 als Gewährleistungsbürgen jeweils bis zur Höhe ihrer Bürgschaftssumme von 47.294,50 EUR und 208.351,44 EUR haften würden.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagten zu 1 bis 3 zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin 47.294,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagten zu 1 und 3 zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin weitere 161.056,...

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