Leitsatz (amtlich)
Ist ein selbstständiger Immobilienmakler, dessen prägende berufliche Tätigkeit der Außendienst ist, nach Anlage eines künstlichen Darmausganges in der Folge einer Krebsoperation außerstande, seine Darmtätigkeit zu kontrollieren, so ist er berufsunfähig.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 12 O 284/09) |
Tenor
1. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 06.05.2013, Az: 12 0 284/09 wird die Beklagte verurteilt,
a) an den Kläger aus der abgeschlossenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Versicherungsschein vom 24.06.1986, Nummer AA AAA) 27.169,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2007 zu zahlen,
b) an den Kläger weitere 27.169,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von
6.792,35 EUR seit dem 01.01.2007,
6.792,34 EUR seit dem 01.04.2007,
6.792,34 EUR seit dem 01.07.2007,
6.792,34 EUR seit dem 01.10.2007 zu zahlen,
c) an den Kläger weitere 27.169,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von
6.792,35 EUR seit dem 01.01.2008,
6.792,34 EUR seit dem 01.04.2008,
6.792,34 EUR seit dem 01.07.2008,
6.792,34 EUR seit dem 01.10.2008 zu zahlen,
d) an den Kläger weitere 27.169,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von
6.792,35 EUR seit dem 01.01.2009,
6.792,34 EUR seit dem 01.04.2009,
6.792,34 EUR seit dem 01.07.2009,
6.792,34 EUR seit dem 01.10.2009 zu zahlen,
e) an den Kläger weitere 2.061,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu zahlen,
f) an den Kläger weitere 2.098,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2007 zu zahlen,
g) an den Kläger weitere 2.134,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen,
h) an den Kläger weitere1.265,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2009 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab August 2009 hinsichtlich seiner Lebensversicherung einschließlich Zusatzversicherungen (Versicherungsschein vom 24.06.1986, Nummer AA AAA) beitragsfrei zu stellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des gesamten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
7. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 126.440,48 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsfreistellung.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer AA AAA eine Lebensversicherung mit Unfallzusatz- und Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit einer Laufzeit bis zum 01.06.2018 (Bl. 11 d.A.). Der Kläger ist Immobilienmakler. Er hat 1986 den väterlichen Betrieb übernommen und ist seitdem selbständig.
Die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung sieht eine jährliche Rentenzahlung von 27.169,37 EUR (Stand 01.01.2005 - Bl. 114 d.A.) und eine Beitragsbefreiung bei einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50% vor. Einbezogen waren die Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Bl. 24 d.A.), die in § 2 Abs. 1 B-BUZ vorsehen, dass vollständige Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Nach § 1 Abs. 1a B-BUZ besteht volle Beitragsbefreiung für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen im Falle der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit. Nach § 1 Abs. 1b B-BUZ wird die Rente vierteljährlich im Voraus ausgezahlt. Nach § 3 Abs. 4 der Sonderbedingungen für Versicherungen mit automatischer Anpassung unterbleibt die Anpassung während der Dauer der Beitragsbefreiung (Bl. 29 d.A.).
Nach einer Darmkrebs-Operation im Juli 1997 wurde beim Kläger ein künstlicher Darmausgang gelegt.
Im Januar 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen wegen Berufsunfähigkeit. Die Parteien einigten sich darauf, mögliche Ansprüche bis zum 31.12.2005 durch eine Zahlung der Beklagten in Höhe von 35.000,00 EUR abzugelten (Bl. 33 d.A.). Der Kläger hat keinen konkreten Zeitpunkt des Eintritts seiner Berufsunfähigkeit vor Januar 2006 behauptet und war bei Abschluss des außergerichtlichen Vergleichs durch einen Rechtsanwalt vertreten.
Die Beklagte holte ein Sachverständigengutachten vom 13.03.2008 bei Prof. Dr. L. ein, welches...