Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung des § 37a Abs. 2 Nr. 8 AGJusG, wonach bei Klagen, denen nach anderen gesetzlichen Vorschriften ein Vorverfahren vorauszugehen hat, kein Schlichtungsverfahren durchzuführen ist, kann nicht analog angewandt werden.
2. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn vor Klageerhebung ein einstweiliges Verfügungsverfahren durchgeführt wurde.
Normenkette
ZPOEG § 15a; JusGAG SL § 37a Abs. 2 Nr. 8
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 01.09.2014; Aktenzeichen 3 O 161/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1.9.2014 verkündete Urteil des LG Saarbrücken, 3 O 161/13, abgeändert:
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Unterlassung der Benutzung des unter ihrem Anwesen verlaufenden Abwasserkanals durch die Beklagten.
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Ihre in S. gelegenen Grundstücke grenzen im rückwärtigen Bereich aneinander. Die genaue Lage der Grundstücke zueinander ergibt sich aus dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster, Bl ... d.A. Das Grundstück ... pp. Straße ..., das im jeweils hälftigen Miteigentum der Beklagten steht, verfügt über keine direkte Verbindung zum öffentlichen Wege- und Abwassernetz. Auf dem Grundstück der Beklagten befindet sich eine Klärgrube, deren Abwasser über einen Kanal, der sich auf dem Klägergrundstück befindet, zur Oststraße hin entwässert wird. Der Abwasserkanal dient auch zur Entwässerung des Nachbargrundstücks der Beklagten. Das Beklagtengrundstück liegt höher als das klägerische Grundstück.
Mit Urteil des AG Saarbrücken vom 29.4.2013 wurde der hiesigen Klägerin im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Antrag des hiesigen Beklagten zu 1. aufgegeben, die Nutzung des Kanals bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptverfahrens zu dulden, nachdem die Klägerin zuvor die Schließung des Rohres zum 31.3.2013 angekündigt hatte.
Die Klägerin hat behauptet, der Kanal verlaufe auch unter ihrem Hausanwesen. Es handele sich um marode Tonrohre. Im Jahr 2012 sei anlässlich des Bruchs eines unter dem Wiesengelände der Klägerin verlegten Kanalteilstücks ihr Grundstück durch von den Beklagten stammende Abwässer verschmutzt worden.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu 1. und 2. die Nutzung des unter dem Grundbesitz der Klägerin, Grundbuch von S., Blatt ..., Kataster Gemarkung S., Flur ..., Flurstück .../..., postalische Anschrift ... pp., verlegten Abwasserrohrs zu untersagen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben behauptet, der Abwasserkanal sei nicht überbaut; er verlaufe unmittelbar entlang der Grundstücksgrenze auf dem klägerischen Grundstück. Es gebe eine privatschriftliche Vereinbarung zwischen einem Rechtsvorgänger der Klägerin und den Eigentümern der Grundstücke ... und ..., wonach der Abwasserkanal genutzt werden dürfe. Die Entwässerung des Grundstücks der Beklagten über die - insoweit unstreitig - höher gelegene ... pp. Straße sei wirtschaftlich unzumutbar, da ein neuer Kanal mit einer Abwasser-Hebeanlage verlegt werden müsse; zudem müsse - insoweit auch unstreitig - der Kanal zur ... pp. Straße über Grundstücke bzw. ein Grundstück verlaufen, das nicht im Eigentum der Beklagten steht. Sie sind der Ansicht, es bestehe eine Notwegesituation. Sie sind weiter der Ansicht, es liege ein Fall des Landesschlichtungsgesetzes vor (Bl. 61 d.A.).
Das LG Saarbrücken hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 7.1.2014. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. J. vom 9.5.2014 (Bl. 112 d.A.) Bezug genommen.
Mit am 1.9.2014 verkündetem Urteil (Bl. 342 d.A.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG Saarbrücken der Klage stattgegeben.
Gegen dieses ihnen am 2.9.2014 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit am 2.10.2014 bei Gericht eingereichtem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 3.12.2014 mit am Vortag eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und sind weiter der Ansicht, die Klage sei mangels Durchführung eines Schlichtungsverfahrens unzulässig. Das LG habe zu Unrecht eine Ausnahme nach § 37a Abs. 2 Ziffer 8 AGJusG angenommen.
Entgegen der Ansicht des LG Saarbrücken müsse die Klägerin die Nutzung des Notwege-Leitungsrechts nach § 27 Abs. 1 Saarländisches Nachbarrechtsgesetz (NachbG-SL) weiter dulden. Eine spätere Beeinträchtigung der Klägerin könne allenfalls insoweit Bedeutung erlangen, als die Beklagten die Leitung auf ihre Kosten zu unterhalten haben. Überdies fehle es an einer wesentlichen Beeinträchtigung des Grundstücks der Klägerin.
Aus einem zwischenzeitlich vorliegenden Gutachten des Sachverständigen B. W. in einem seitens der Klägerin eingeleiteten selbständigen Bewei...