Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 16 O 407/95)

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten, einen niedergelassenen Arzt für Allgemeinmedizin, wegen fehlerhafter Behandlung auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden in Anspruch.

Der Kläger wurde am 18.4.1995 erstmals in der Praxis des Beklagten mit seit 4 Tagen andauerndem hohen Fieber (schwankend zwischen 38,5 und max. 40° C) verbunden mit Erbrechen vorstellig. Eine vom Kläger durchgeführte körperliche Untersuchung und das Elektrokardiogramm erbrachten keine pathologischen Befunde. Auch die Laborwerte waren von einer leicht erhöhten Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (30/40) abgesehen unauffällig.

Der Beklagte, der eine Mononukleose (akute Epstein-Barr-Virus Infektion) vermutete, jedoch eine sich hieran anschließende bakterielle Superinfektion nicht ausschloß, verordnete das Breitbandantibiotikum Orelox (Packung mit 20 Tabletten), von dem der Kläger dreimal täglich eine Tablette einnehmen sollte, das Antiphlogistikum Paracetamol und das Schlafmittel Bikalm.

Obwohl die dem Beklagten am 19.4.1995 vorliegende Epstein-Barr-Virus Serologie wegen des negativen maßgeblichen IgM - Parameters eine aktuelle Mononukleose ausschloß, sah sich der Beklagte durch den Laborbefund in seiner Diagnose bestätigt, vermerkte dies am 20.4.1995 im Verlaufsbogen und teilte dem Kläger nach einer Ultraschalluntersuchung von Milz und Leber mit, der Laborbefund habe den Mononukleoseverdacht objektiviert.

Da sich das Beschwerdebild trotz Einnahme des vom Beklagten verordneten Anitbiotikums nicht besserte, begab sich der Kläger am Abend des 22.4.1995 gegen 23.30 Uhr (Samstag) auf Anraten seiner Ehefrau, einer Augenärztin, in die Ambulanz der Medizinischen Klinik Homburg, Station " Innere Medizin". Dort schilderte er dem behandelnden Arzt Dr. F die seit mehr als einer Woche andauernde, mit permanent hohem Fieber verbundene Symptomatik und teilte auch die (angeblich) durch Laborwerte gesicherte, Mononukleosediagnose des Beklagten mit.

Im Rahmen der ca. 2stündigen Untersuchung wurden eine Ultraschalluntersuchung im Bauchbereich und ein EKG durchgeführt, die keine pathologischen Befunde ergaben. Die Laboranalyse zeigte eine mit 16.500 stark erhöhte Zahl von Leukozyten. Eine echokardiographische Untersuchung wurde laut Behandlungsabrechung nicht durchgeführt (Bl. 109 d.A.).

Mit der Empfehlung, sich bei Zunahme der Beschwerden noch an diesem Wochenende erneut in Homburg vorzustellen und dem Rat, sich ansonsten am folgenden Montag in die hausärztliche Behandlung zu begeben, wurde der Kläger entlassen.

Nachdem sich das Beschwerdebild in der Folge nicht besserte, bat der Kläger, der den Beklagten bei dieser Gelegenheit telefonisch über die in Homburg durchgeführten Untersuchungen in Kenntnis gesetzt hatte (was im einzelnen mitgeteilt worden ist, ist streitig), am 26.4.1995 um einen Hausbesuch. Der Beklagte, der zu diesem Zeitpunkt weiterhin von einer Virusinfektion ausging, verabreichte dem Kläger eine Injektion mit Vitamin B und Globulin.

Wegen anhaltenden Fiebers und sich verschlechternden Allgemeinbefindens wurde der Kläger auf Veranlassung seiner Ehefrau am 27.4.1995 gegen 20.00 Uhr erneut in der Ambulanz der Medizinischen Klinik Homburg vorstellig.

Nachdem das EKG und ein Echokardiographie-Befund Anomalien zeigten, wurde der Kläger mit dem - sich im Rahmen von Folgeuntersuchungen bestätigenden - Verdacht auf eine bakterielle, durch koagulase negative Staphylokokken hervorgerufene Aortenklappenendokarditits mit hochgradiger Aortenklappeninsuffizienz und septischen Embolisationen in Milz, Niere und Hirn stationär aufgenommen.

Am 11.5.1995 mußte sich der Kläger wegen irreparabeler Schädigung einer Aortenklappe einer Herzklappenoperation unterziehen, bei der ein technischer Klappenersatz eingebracht wurde. Am 12.5.1995 erlitt der Kläger einen epileptischen Krampfanfall. Am 8.6.1995 konnte er die Universitätskliniken Homburg verlassen. Der Kläger muß sich auf Dauer einer medikamentösen Therapie mit Antikoagulantien und einer antiepileptischen Therapie unterziehen. Freizzeitsportarten, die der damals 35jährige Kläger betrieben hat, kann er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen. Die ständige Einnahme blutgerinnungshemmender Medikamente macht häufige. Arztbesuche erforderlich, die den Kläger - einen Professor für Informatik - in seiner beruflichen Mobilität stark einschränken und außerdem zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Wetterfühligkeit führen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dem Beklagten falle ein schwerwiegender Diagnosefehler zur Last, der - gerade weil der Beklagte vorgegeben habe, die Mononukleosediagnose sei labormedizinisch gesichert - zu einer Fehleinschätzung der ihn in Homburg behandelnden Ärzte geführt habe. Ohne den Diagnosefehler wäre die bakterielle Infektion früher erkannt, beherrschbar und nicht mit den nun eingetretenen und in Zukunft noch zu besorgenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen verbunden gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklag...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge