Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Rechtsscheinhaftung bei mündlicher Firmenbezeichnung
Leitsatz (amtlich)
Der für eine GmbH im Geschäftsverkehr Auftretende haftet aus dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinshaftung, wenn er durch sein Handeln im Namen der Firma ohne Formzusatz, das berechtigte Vertrauen des Geschäftspartners auf die Haftung mindestens einer natürlichen Person hervorruft. Hierbei ist ein schriftliches Auftreten im Rechtsverkehr keine zwingende Voraussetzung für das Entstehen des Rechtsscheins. Eine mündliche Benennung der Firmenbezeichnung kann jedenfalls dann zur Begründung eines Rechtsscheins ausreichen, wenn der Geschäftspartner ein erkennbares Interesse an der Benennung der vollständigen Firmierung besitzt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 07.02.2007; Aktenzeichen 11 O 8/07) |
Tenor
I. Das Versäumnisurteil des Saarländischen OLG vom 1.7.2008 wird mit folgender Maßgabe abgeändert: Das Versäumnisurteil des LG Saarbrücken vom 7.2.2007 - 11 O 8/07 - wird auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung des Urteils des LG Saarbrücken vom 28.6.2007 aufrechterhalten, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, 2.257,15 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2005 sowie weitere 242,79 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.6.2006 an die Klägerin zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten der Säumnis. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 65 %, der Beklagte 45 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.021,13 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die klagende Bauunternehmung den Beklagten auf Zahlung von Kaufpreis für die Lieferung von Schotter sowie auf Zahlung von Werklohn für die Abfuhr von Bauschutt in Anspruch. Diese Leistungen wurden für ein Bauvorhaben in E., ...straße, erbracht und mit den Rechnungen Nr. ... (Bl. 33 d.A.) vom 2.8.2005 über 11.407,53 EUR, Nr. YYY (Bl. 6 d.A.) vom 16.8.2005 über 2.257,15 EUR und Nr. ZZZ (Bl. 4 f. d.A.) vom 10.9.2005 über 2.763,98 EUR fakturiert.
Rechnungsadressat lautet bei allen drei Rechnungen "S. (R.) Immobilien, [Straße, Nr.], [Land, Ort]". Auf die Rechnung Nr. ... wurde zunächst ein Abschlag i.H.v. 7.000 EUR bezahlt. Der Restbetrag wurde durch einen auf ein Konto der "S.. SARL" bei der Banque du L. bezogenen, am 10.8.2005 ausgestellten Scheck beglichen (Bl. 30 d.A.).
Die offen stehenden Rechnungen Nr. YYY und Nr. ZZZ bilden nebst einem Kostenerstattungsanspruch auf Ausgleich vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 278,05 EUR den Gegenstand des Rechtsstreits.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte sei persönlich Auftraggeber der Leistungen gewesen. Er habe lediglich aus buchungstechnischen Gründen gebeten, die Rechnungen auf die Rechnungsanschrift auszustellen. Das Anwesen, für welches die Leistungen bestimmt gewesen seien, werde von der Tochter des Beklagten bewohnt.
Am 7.2.2007 hat das LG auf Antrag der Klägerin ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten erlassen, mit dem dieser zur Zahlung von 5.021,13 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2005 sowie 278,05 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.6.2007 verurteilt worden ist. Hiergegen hat der Beklagte Einspruch eingelegt.
Die Klägerin hat (zuletzt) beantragt, das Versäumnisurteil vom 7.2.2007 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, der Beklagte habe die Waren als Geschäftsführer der luxemburgischen Gesellschaft bestellt. Diese Gesellschaft sei mit Urkunde des Notars B. in E. 2 vom 22.2.2005 gegründet worden und unter der Handelsregisternummer B. in das Handelsregister eingetragen worden.
Das LG hat das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. Die Berufung vertritt die Auffassung, das LG habe die Rechtsgrundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts nicht beachtet. Der Beklagte habe im Sinne dieser Rechtsgrundsätze nicht zum Ausdruck gebracht, dass nicht er, sondern ein Dritter Vertragspartner sein solle. Durch die Angabe einer vom Leistungsort abweichenden Rechnungsadresse werde gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass es sich um ein unternehmensbezogenes Geschäft handeln solle. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, dass der Beklagte nach dem von ihm vorgelegten Gesellschaftsgründungsvertrag nicht befugt gewesen wäre, die streitgegenständlichen Aufträge im Namen der von ihm vertretenen Firma zu erteilen. Nach Art. 4 dieses Gesellschaftsvertrages sei lediglich die Verwaltung, Verwertung und Vermietung von eigenen Immobi...