Leitsatz (amtlich)
Ist über das Vermögen des Hauptschuldners das Insolvenzvermögen eröffnet, kann der Gläubiger den Ausfallbürgen, der nur unter der aufschiebenden Bedingung des Ausfalls der Forderung eintritt, grundsätzlich erst nach Beendigung des Insolvenzverfahrens in Anspruch nehmen.
Etwas anderes kann im Einzelfall dann gelten, wenn der Gläubiger ausnahmsweise schon vor Beendigung des Insolvenzverfahrens die Mindesthöhe seines endgültigen Forderungsausfalls nachweist (Anschluss an: RGZ 75, 186, 188; RG, Urteil vom 7. März 1929 - IV 488/28, JW 1929, 1386).
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 23.03.2016; Aktenzeichen 1 O 160/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. März 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 1 O 160/15 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. April 2016 teilweise abgeändert und der Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 41.866,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 17 % und der Beklagte zu 83 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird auf 50.000 Euro, für das Berufungsverfahren auf 83.732,20 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer Höchstbetragsbürgschaft über 50.000,- Euro in Anspruch.
Der Beklagte übernahm mit schriftlichem Vertragsformular vom 8. Januar 2007 (Nr. XXXXXXXXXX, BI. 18 GA) gegenüber der Beklagten eine "Bürgschaft für Einzelforderungen". Unter Ziffer 1 - "Vereinbarungen des Sicherungsumfangs" ist ein Darlehen Nummer XXXXXXXX vom 7. Dezember 2006 in Höhe von 500.000 Euro aufgeführt. Unter Ziffer 2.1 ist geregelt, dass der Bürge eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Betrag von 50.000,- Euro übernimmt. Unter 3.3 heißt es: "Die Bank ist befugt, den Erlös von Sicherheiten, Zahlungen des Hauptschuldners oder anderer Verpflichteter sowie sonstige Zahlungseingänge zunächst auf den Betrag ihrer Ansprüche zu verrechnen, der die Bürgschaftssumme bzw. im Fall der Kündigung gemäß Nummer 3.1 den dann noch verbürgten Betrag übersteigt." Unter 3.6 heißt es: "Der Bürge verzichtet auf die Einrede der Anfechtbarkeit (§ 770 BGB) und der Vorausklage (§ 771 BGB) sowie der Aufrechenbarkeit wegen bestrittener oder nicht rechtskräftig festgestellter Forderungen (§ 770 BGB). Die Bank ist berechtigt, das ihr nach Nr. 14 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustehende Pfandrecht freizugeben. Insoweit verzichtet der Bürge auf seine Rechte aus § 776 BGB (Freigabe von Sicherheiten). Der Bürge ist damit einverstanden, dass die Bank folgende zur Besicherung der Verbindlichkeiten des Hauptschuldners hereingenommenen Sicherheiten freigibt, ohne dass der Bürge gemäß § 776 BGB von seinen Verpflichtungen aus der Bürgschaft frei wird:". In der darauf folgenden Leerzeile ist keine Eintragung vorgenommen.
Das Darlehen Nr. XXXXXXXX in Höhe von 500.000 Euro wurde von der Klägerin mit schriftlichem Vertrag vom 7. Dezember 2006 / 8. Januar 2007 (Bl. 12ff. GA) zugunsten der ... pp. GmbH gewährt, deren Gesellschafter der Beklagte seit September 2006 aufgrund Erbfalls geworden war. In Ziffer 6 - "Sicherheiten" heißt es:
"Alle der Bank zustehenden Sicherheiten sichern alle bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Bank aus der Geschäftsverbindung mit dem Darlehensnehmer, soweit nicht im Einzelfall außerhalb dieses Vertrags etwas anderes vereinbart ist; dies gilt auch für hier nicht aufgeführte und aufgrund der allgemeinen Geschäftsbedingungen haftende Sicherheiten. Zusätzlich stellt der Darlehensnehmer der Bank mit gesonderten Vereinbarungen noch folgende Sicherheiten:
- Grundschulden in Höhe von insgesamt EUR 664.679,45, eingetragen im Grundbuch von St. Ingbert, Blatt XXXXX in Abteilung XXX, lfd. Nrn. X-X, XX, XXX und XX
- Grundschuld in Höhe von EUR 600.000,-, einzutragen im Grundbuch von Rohrbach, Blatt XXXX in Abteilung XX ohne Vorlasten und in Abteilung III an erster Rangstelle
- Bürgschaft in Höhe von EUR 50.000,- des Herrn O. B.,
- Bürgschaft in Höhe von EUR 50.000,- des Herrn P. R. F.,
- Globalabtretung ihrer Forderungen gegenüber Drittschuldnern mit den Anfangsbuchstaben A bis einschließlich Z."
Mit weiterem schriftlichem Vertrag vom 7. Dezember 2006 / 8. Januar 2007 (Bl. 17ff. GA) gewährte die Klägerin der ... pp. GmbH außerdem einen Betriebsmittelkredit Nr. XXXXXXXX zum Zwecke der Erhöhung der Kreditlinie von 50.000,- Euro auf 100.000,- EUR. Der Vertrag enthielt unter Ziff. 3 eine Vereinb...