Leitsatz (amtlich)
1. Ein im Berufungsrechtszug im Wege der Klageerweiterung geltend gemachter Wertersatzanspruch gem. § 346 Abs. 2 BGB wird nicht auf Noven gestützt, die nach § 529, §§ 31 ZPO unzulässig sind, wenn die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach außer Streit stehen und sich die streitige Anspruchshöhe aus dem Gesetz hier: § 346 Abs. 2 S. 2 BGB, ergibt.
2. Ist die Innenverkleidung der vorderen Fahrzeugtüren konstruktiv bedingten formunbeständig und platzt diese in Höhe der Außenspiegel schlitzartig auf, liegt bei einem Gebrauchtfahrzeug ein erheblicher Mangel vor, der den Erwerber nachfehlgeschlagenen Reparaturversuchen zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 30.09.2004; Aktenzeichen 16 O 42/03) |
Tenor
I. Auf die Erstberufung der Beklagten und die Zweitberufung des Klägers wird das am 30.9.2004 verkündete Urteil des LG in Saarbrücken - Az. 16 O 42/03 - wie folgt abgeändert und insgesamt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.633,88 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basissatz seit 24.1.2003 sowie 1.190,93 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basissatz seit 20.6.2003 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Marke VW Sharan, Typ 2,0i, FG. Nr. ...
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Erstberufung des Beklagten und die weiter gehende Zweitberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen zu 69 % der Beklagten und zu 31 % dem Kläger zur Last. Die Kosten des ersten Rechtszuges hat zu 92 % die Beklagte und zu 8 % der Kläger zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Wert der durch diese Entscheidung für den Kläger begründeten Beschwer wird auf 866,12 EUR (9.500 - 8.633,88) festgesetzt. Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt 9.931. 72 EUR (8.633,88 + 1.190,93 + 106,91).
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger macht mit vorliegender Klage gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit dem Rücktritt von einem Pkw-Kaufvertrag geltend.
Am 9.7.2002 bestellt der Kläger bei der Beklagten einen gebrauchten VW Sharan. Das im März 1996 erstmals zugelassene Fahrzeug hatte eine Laufleistung von 98.000 km. Der Kaufpreis betrug 12.000 EUR. Der Kläger zahlte einen Betrag 9.500 EUR in bar. Die restlichen 2.500 EUR wurden durch die Inzahlungnahme des Opel Vectra des Klägers entrichtet (Bl. 24 d.A.). Der Kläger konnte den Kaufgegenstand erst bei der Übergabe, die am 17.7.2002 erfolgte (Bl. 5 d.A.), besichtigen.
Schon kurz nach Übernahme rügte der Kläger mit Schreiben vom 27.8.2002 (Bl. 25 bis 27 d.A.) Mängel an dem Pkw. Die Beanstandungen betrafen u.a. eine Roststelle sowie Schäden an der Innenverkleidung der Türen. Der Kläger forderte die Beklagte unter Fristsetzung zum 15.9.2002 auf, die Mängel zu beseitigen. Wegen dieser und weiterer Beanstandungen des Klägers wurde das Fahrzeug insgesamt drei Mal zwecks Mangelbehebung in eine Werkstatt gebracht.
Da die Nachbesserungsversuche aus Sicht des Klägers zu keinem befriedigenden Ergebnis führten, erklärte dieser mit Schreiben vom 30.12.2002 (Bl. 6 d.A.) den Rücktritt vom Kaufvertrag. Zur Begründung machte der Kläger geltend, die in dem Kündigungsschreiben im Einzelnen erwähnten Mängel seien - soweit sie der Beklagten bekannt waren - teilweise nur laienhaft, zum Teil überhaupt nicht behoben worden und seit der letzten Reparatur seien neue Mängel am Anlasser, der ABS- Kontrollleuchte, dem Bremslicht sowie auffällige Fahrgeräusche hinzugekommen.
Die Beklagte wies die Rücktrittserklärung mit Anwaltsschreiben vom 22.1.2003 (Bl. 10 d.A.) zurück.
Zur Rechtfertigung seiner sodann erhobenen Klage, mit welcher der Kläger die Rückgewähr des bar gezahlten Kaufpreisanteils von 9.500 EUR und Ersatz von Reparaturaufwendungen i.H.v. 1.190,92 EUR jeweils nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe des VW Sharan, sowie Feststellung begehrte, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug befinde, hat der Kläger im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Das Fahrzeug weise auch nach drei Reparaturversuchen der Beklagten weiter zahlreiche Mängel auf. Die ABS- Kontrollleuchte sei defekt, zeitweilig trete ein untypisches Anlassergeräusch auf, die Innenverkleidung sei schadhaft, das Bremslicht und die Deckenleuchte seien defekt, der Lackzustand sei schlecht und es fänden sich zahlreiche Brandflecke im Innenraum. Da wiederholte Nachbesserungsversuche fehlgeschlagen und weitere Mängel hinzugekommen seien, sei ihm ein Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zumutbar und er zum Rücktritt berechtigt. Die Beklagte müsse ihm die 9.500 EUR zurückerstatten. Außerdem schulde sie Ersatz der Kosten einer Reparatur von 1.190,93 EUR, die der Kläger - insoweit unstreitig - im Autohaus S. GmbH hat durchführen lassen (vgl. Bl. 34a d.A.).
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die vom Kläger gerügten Mängel bestritten und geltend gemacht, das Fahrzeug habe sich in einem für ein sechs...