Leitsatz (amtlich)
Führt die Leistungsprüfung des Krankentagegeldversicherers trotz verspäteter Anzeige des Versicherungsfalles im Ergebnis zur uneingeschränkten Eintrittspflicht im gesamten maßgeblichen Zeitraum, so hat sich die Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers unbeschadet etwaiger Erschwernisse im Feststellungsverfahren nicht ursächlich ausgewirkt und ist der Kausalitätsgegenbeweis des § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG insoweit als geführt anzusehen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 262/17) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 31. Januar 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 262/17 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.312,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28. Dezember 2017 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.312,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Mit seiner am 27. Dezember 2017 zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung weiteren Krankentagegeldes für die Zeit vom 12. November 2016 bis zum 13. August 2017 in Anspruch genommen.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten einen privaten Versicherungsvertrag über eine Krankentagegeldversicherung als Zusatzversicherung zur gesetzlichen Krankenversicherung (Versicherungsschein Nr. XXXXXXX-XXX, Bl. 21 GA); als Versicherungsleistung ist die Zahlung eines Krankentagegeldes in Höhe von 75,- Euro je Kalendertag ab der siebenten Woche der Arbeitsunfähigkeit vereinbart. Bestandteil des Vertrages sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beklagten für die Krankentagegeldversicherung (BI. 23 ff. GA). Der Kläger, der als Verkaufsleiter im Außendienst beruflich tätig ist, war seit 30. September 2016 wegen eines operativ behandelten Bandscheibenvorfalls ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt; infolgedessen konnte er seine überwiegend im Sitzen wahrzunehmende berufliche Tätigkeit nicht ausüben. Der Beklagten zeigte er seine Arbeitsunfähigkeit - erstmals - am 14. August 2017 an. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 17. August 2017 den Eingang der Anzeige; zugleich wies sie den Kläger darauf hin, dass sie infolge der verspäteten Anzeige berechtigt sei, den Anspruch auf Krankentagegeld herabzusetzen und bat ihn um ergänzende Angaben und weitere Unterlagen (Bl. 53 GA). Nach Durchführung der Leistungsprüfung erkannte die Beklagte den Versicherungsfall dem Grunde nach an. Mit Schreiben vom 5. September 2017 teilte sie dem Kläger mit, dass sie wegen "Arbeitsunfähigkeit vom 30. September 2016" in der "erstattungsfähigen Zeit" vom 12. November 2016 bis zum 23. August 2017 Krankentagegeld in Höhe von 11.062,50 Euro überwiesen habe, und zwar für 275 Tage jeweils 37,50 Euro und für weitere 10 Tage jeweils 75,- Euro. Wegen der verspäteten Anzeige des Versicherungsfalles und weil sie "nach den gesetzlichen Bestimmungen berechtigt" sei, den Anspruch auf Krankentagegeld herabzusetzen (§ 28 Abs. 2 VVG), werde für die Zeit vom 12. November 2016 bis zum 13. August 2017 ein "reduzierter Tagessatz" in Höhe von 37,50 Euro gezahlt (Bl. 6 f. GA).
Zur Begründung seiner auf Auszahlung der Differenz zur ungekürzten Versicherungsleistung in Höhe weiterer 10.312 Euro gerichteten Klage hat der Kläger behauptet, er habe die Beklagte erst am 14. August 2017 über seine Arbeitsunfähigkeit informiert, weil er aufgrund seiner Erkrankung und der langen und intensiven Behandlungsdauer, die auch psychische Beeinträchtigungen nach sich gezogen habe, die Existenz seiner Krankentagegeldversicherung schlicht vergessen habe; dies sei weder vorsätzlich noch grobfahrlässig geschehen. Auch habe seine Obliegenheitsverletzung weder Auswirkungen auf den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls, noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht gehabt, denn aufgrund der ärztlichen Dokumentation aller Behandlungen des Klägers habe die verspätete Anzeige weder zu einem Verlust von Beweismitteln, noch zu einer nicht mehr möglichen Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht geführt. Die Beklagte, die auch im Anschluss an den klagegegenständlichen Zeitraum und bis zum Jahre 2018 an den Kläger weiter Krankentagegeld wegen Arbeitsunfähigkeit gezahlt hat, hat sich wegen einer grobfahrlässigen Verletzung der Anzeigeobliegenheit zur anteiligen Kürzung der Versicherungsleistung für berechtigt gehalten, weil ihr infolgedessen die Prüfung des Eintritts des Versicherungsfalles mit einer Verzögerung von nahezu einem Jahr nicht mehr möglich gewesen sei; Gegenteiliges habe der Kläger substantiiert darzulegen und zu beweisen. Auf einen vom Landgericht in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis hat sie im Rahmen eines ihr nachgelassenen S...